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Donnerstag, November 14, 2024
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    Ampel erzielt Kompromiss – Mietpreisbremse wird verlängert und bleibt doch zahnlos

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    SPD und FDP haben sich auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 geeinigt. Eine langfristige Entspannung auf dem Wohnungsmarkt ist aber nicht zu erwarten. Schon in den letzten Jahren blieb der Regulierungsversuch gegenüber der anhaltenden Preisexplosion wirkungslos.

    Nach fast 2-jährigem Ringen innerhalb der Ampelkoalition haben die beiden Hauptkontrahenten SPD und FDP vergangene Woche zwei zentrale Streitpunkte beigelegt. Das SPD-geführte Innenministerium verzichtet auf die anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Im Gegenzug kommt die Verlängerung der Mietpreisbremse bis zum Jahr 2029. Doch was genau ist diese „Mietpreisbremse” – und welche Entlastung ist zu erwarten?

    Steigerungen verlangsamen

    Die „Mietpreisbremse” wurde 2015 eingeführt. Sie gilt in Gebieten mit “angespanntem Wohnungsmarkt” und legt eine Obergrenze bei Neuvermietungen fest. Hier darf die Miete maximal 10 Prozent über der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegen. Ob die Preisbremse in einem Gebiet eingeführt wird, entscheiden die Länder eigenständig. Sie müssen hierfür zunächst mit einem wissenschaftlichen Gutachten begründen, dass eine Gegend einen angespannten Wohnungsmarkt aufweist.

    Da ein solches Verfahren bis zu eineinhalb Jahre in Anspruch nimmt, war eine Verlängerung der Preisbremse akut notwendig. Denn die Mietpreisbremse läuft in Berlin bereits Ende Mai 2025, in Baden-Württemberg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen nur kurz darauf aus. Eine Einigung innerhalb der Bundesregierung wurde also zunehmend wahrscheinlicher.

    Bemerkenswert ist allerdings, dass es trotz der Preisexplosion der letzten Jahre nur bei einer Verlängerung bleibt. Andere angestrebte Gesetzesentwürfe zum Mieter:innenschutz oder das Vorkaufsrecht für Kommunen sind im aktuellen Kompromiss nicht mit enthalten. Letzteres sollte den Kommunen ermöglichen, als Erste Grundstücke im Stadtgebiet kaufen und somit aktiver in Bauplanung etwa von günstigem Wohnraum eingreifen zu können. Das kommt vorerst nicht.

    Auch die nun beschlossene Mietpreisbremse selbst hat dank zahlreicher Schlupflöcher nur eine unzureichende Wirkung.

    Notwendige Änderungen fehlen – die Mietpreisbremse bleibt weitgehend wirkungslos

    Zwar wurde 2019 durch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine messbare Wirkung der Mietpreisbremse bescheinigt. Diese fällt allerdings nur gering aus: Wo die Mietpreisbremse zur Anwendung kommt, “sparen” Mieter:innen zwei bis vier Prozent ihrer Miete – zu wenig angesichts der rasanten Steigerungen von Baukosten und Immobilienpreisen. Denn diese treiben letztlich auch die Mieten in die Höhe. So stiegen nach einer Analyse des Immobilienberatungsunternehmens JLL im ersten Halbjahr 2023 die Angebotsmieten in Berlin, Hamburg, München und Köln im Schnitt um 6,7 Prozent.

    Dass die Mietpreisbremse nicht in der Lage ist, diese zusätzliche finanzielle Belastung abzufedern, liegt nicht zuletzt an zahlreichen Ausnahmeregelungen: Neubauten wie auch möblierte oder frisch modernisierte Wohnungen sind von der Mietpreisbremse ausgenommen.

    Hinzu kommt, dass der Mietspiegel nicht aus allen Bestandsmieten eines Viertels berechnet wird. Wohnungen, in denen etwa seit 10 Jahren die Miete nicht erhöht wurde, werden nicht mit einberechnet. Stattdessen zählen einzig diejenigen Mietpreise, deren Höhe in den letzten 6 Jahren geändert oder neu verhandelt wurde. Die Konsequenz ist, dass die Mieten der immer teureren Neubauten, die von der Preisbremse ausgenommen sind, den gesamten Mietspiegel in die Höhe treiben.

    Gerade wenn Vermieter:innen in einem Viertel große Teile des Wohnraums kontrollieren, ist es dadurch weiterhin möglich, die Preise stark in die Höhe zu treiben. Ohne diese Schlupflöcher zu stopfen, bleibt die Mietpreisbremse weitestgehend zahnlos.

    Politischer Kuhhandel: Mietpreisbremse gegen Vorratsdatenspeicherung

    SPD bekommt Mietpreisbremse, FDP schwächt Vorratsdatenspeicherung ab

    Die nun erfolgte Einigung war in der Ampel-Koalition lange verschleppt worden. Sie war insbesondere am Widerstand der FDP und des Justizministeriums unter Marco Buschmann (FDP) gescheitert. Dieses hätte nämlich den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Ressortabstimmung weiterleiten müssen, bevor die Bundesregierung ihn beschließen kann. Erst mit einer Verständigung in einem anderen Thema, nämlich zur Vorratsdatenspeicherung, ist diese Blockade jetzt vom Tisch.

    Im Verhandlungsergebnis soll es nun nicht möglich sein, wie von SPD-Innenministerin Nancy Faeser gefordert, IP-Adressen von Internetnutzer:innen anlasslos zu speichern. Stattdessen wird das sogenannte „Quick-Freeze Verfahren“ eingeführt. Besteht Verdacht auf eine Straftat von „erheblicher Bedeutung“, können Ermittler:innen veranlassen, dass Verkehrsdaten von Providern eingefroren werden. Erweisen sich die Daten als für das Verfahren relevant, kann zu einem späteren Zeitpunkt auf sie zugegriffen werden. Für beides ist ein richterlicher Beschluss nötig.

    Die Einigung auf das Quick-Freeze Verfahren und damit die Verlängerung der Mietpreisbremse kommen gerade noch rechtzeitig vor dem Auslaufen der bestehenden Regelungen in vielen Bundesländern.

    Zugleich ist damit ein Kompromiss ausgehandelt, den sowohl SPD als auch FDP für sich als Erfolg verbuchen werden: Die SPD wird die Mietpreisbremse als soziale Errungenschaft darstellen, die FDP schärft etwas ihr Profil als die Partei, die sich gegen anlasslose Überwachung einsetzen würde. Faktisch bleibt die Lage jedoch im wesentlichen unverändert.

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