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Wirtschaftsministerium: Habeck will Rüstungsexporte in Kriegsgebiete erleichtern

Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) plant ein neues Gesetz für die Regelung der deutschen Rüstungsexporte. Im Sinne der grünen Idee einer „feministischen Außenpolitik“ sollen „Menschenrechte und Demokratie“ in Zukunft eine größere Rolle bei Exportentscheidungen spielen. Der Grundsatz, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, soll gleichzeitig aber gestrichen werden.

Deutsche Waffen, deutsches Geld: Die Bundesrepublik gehört seit langem zu den größten Exporteuren von Rüstungsgütern. Im Jahr 2021 belegte sie weltweit Platz 4 hinter den USA, Russland und Frankreich. Nicht wenige sehen Deutschland und seine Konzerne daher als Kriegsprofiteure, die für ihre Gewinne über Leichen gehen. Dies umso mehr, weil zu den größten Abnehmern deutscher Kriegstechnik auch Regimes aus Ländern wie Saudi-Arabien, der Türkei und Ägypten gehören, welche die Waffen für ihre Gräueltaten im Jemen oder in Kurdistan zur Anwendung bringen.

Um an diesem Image zu feilen, hatten die Parteien der Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag eine Überarbeitung der Rüstungsexportregeln vereinbart. Diese geht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einem Bericht des Handelsblatts zufolge nun an. Das Ministerium habe demnach unter Federführung von Habecks Staatssekretär Sven Giegold Eckpunkte für ein neues „Rüstungsexportkontrollgesetz“ erarbeitet.

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Die Herausforderung dabei sei die „richtige Balance“. Einerseits wollen die Grünen sich nämlich als Partei profilieren, die für eine strengere Rüstungspolitik eintritt. Andererseits geht es bei Waffenverkäufen an andere Länder aber nicht nur um ein paar schnell verdiente Euro, sondern um Deutschlands Interessen als Großmacht. Und hierbei spielen strategische Partnerschaften mit Staaten wie der Türkei und Saudi-Arabien eine wichtige Rolle.

Die Pläne des Wirtschaftsministeriums sehen nun vor, Fragen wie Menschenrechtsverletzungen oder fehlenden demokratischen Rechten bei Entscheidungen über Rüstungsexporte in Zukunft „größeres Gewicht“ beizumessen. Wenn die Rüstungsgüter zur „internen Repression, zu fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen sowie zu gender- oder minderheitenspezifischer Gewalt oder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Kindersoldaten“ verwendet werden könnten, solle die Regierung in Zukunft keine Genehmigungen mehr erteilen.

Eine solche Richtlinie könnte wohl auch von Annalena Baerbocks Außenministerium mitgetragen werden, das seit einiger Zeit die Wortschöpfung „feministische Außenpolitik“ verwendet, um die eigene außenpolitische Agenda in ein vermeintlich fortschrittliches Gewand zu hüllen.

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Im Gegenzug will Habeck jedoch den Grundsatz kippen, dass Deutschland keine Waffen in Krisengebiete mehr liefert. Dieser war zwar schon in den vergangenen Jahren eher Makulatur – siehe die Kriegsmächte Türkei und Saudi-Arabien. Erst im September war ein zwischenzeitlicher Exportstopp an die saudische Monarchie nach einem Besuch von Kanzler Scholz in dem Land wieder aufgehoben worden.

Für die Ukraine wird der Grundsatz ohnehin außer Kraft gesetzt. Künftig soll jedoch gar nicht mehr der Anschein erweckt werden, Deutschland schrecke vor Waffenlieferungen in Kriegsgebiete zurück. Konkret soll in diesem Zusammenhang zunächst die Liste „unbedenklicher Partner“, die der NATO gleichgestellt sind, um Staaten wie Südkorea, Singapur, Chile oder Uruguay ergänzt werden.

Dass Habecks Entwurf unverändert Gesetz wird, ist jedoch fraglich. Aus den Reihen der Ampelkoalition gibt es bereits kritische Stimmen, denen die neuen Regeln weiterhin zu streng sind. Der Vize-Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses Hannes Walter (SPD) bemängelte etwa, dass die neuen Regeln mit der europäischen Verteidigungspolitik zusammenpassen müssten.

Schon jetzt gelte Deutschland bei gemeinsamen Rüstungsprojekten mit Frankreich oder Großbritannien als schwieriger Partner, weil es restriktivere Vorschriften bei Waffengeschäften habe. Dies bedeutet, dass Deutschland die Ausfuhr gemeinsam produzierter Militärtechnologie an bestimmte Länder per Veto blockieren kann. Konkret waren in diesem Jahr zum Beispiel Kampfjet-Lieferungen an Saudi-Arabien zeitweise blockiert worden, die zusammen mit Großbritannien, Italien und Spanien produziert worden waren.

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Auch die SPD-Verteidigungsministerin Lambrecht hatte kürzlich in einer Grundsatzrede zur Nationalen Sicherheitsstrategie geäußert, Deutschland dürfe sich in seiner Rüstungsexportpolitik nicht über die europäischen Partner stellen. Das deutsche Beharren auf Sonderregeln mache eine europäische Rüstungszusammenarbeit kompliziert. Auch aus dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) wurde Habecks Plan als „deutscher Alleingang“ kritisiert.

Aus Habecks Ministerium jedoch gibt es schon eine Idee, wie Deutschland diese Problematik umschiffen könnte. Wird das Veto-Recht einzelner Länder in gemeinsamen Rüstungsinitiativen zugunsten von Mehrheitsentscheidungen aufgehoben, könnte Deutschland seine Stimme gegen Waffenlieferungen an Diktaturen erheben, ohne dass diese hierdurch verhindert würden. In diesem Fall wäre die Diskussion über Exportstopps bei Menschenrechtsverletzungen jedoch wirklich nichts weiter als heiße Luft und das Regelwerk aus Habecks Ministerium Makulatur.

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