Trotz mehrmaligen Zurückweisungen vor den höchsten Gerichten halten Union und SPD an der Vorratsdatenspeicherung fest. Der sogenannte „Quickfreeze“ soll als Vorratsdatenspeicherung-light Abhilfe verschaffen. Kritiker:innen fürchten eine weitere Einschränkung der Freiheitsrechte.
Im September 2022 urteilte das oberste europäische Gericht, der Europäische Gerichtshof (EuGH), bereits, dass die Regierungen der EU personenbezogene Daten nicht anlasslos speichern dürfen. Damit endete ein seit 2015 laufender Rechtsstreit über die deutsche Vorratsdatenspeicherung.
Der EuGH hatte aber kein prinzipielles Problem mit der anlasslosen Massenüberwachung, sondern stellte bestimmte Voraussetzungen auf. In seiner Pressemitteilung benannte er diese Kriterien, die für eine mögliche Neuregelung erfüllt werden müssten: Zu ihnen gehört etwa ein klar eingegrenzter Zeitraum, in dem die Vorratsdatenspeicherung gültig sein könnte. Die massenhafte Überwachung von allen Menschen in Deutschland bzw. der EU sei legal, wenn sich das betreffende Land einer „real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht“. Auch dieser Zeitraum müsse beschränkt sein.
Bereits vor Verkündung des Urteils hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigt, an der Vorratsdatenspeicherung festhalten zu wollen, auch wenn das Gericht gegen sie entscheiden würde. Nun eröffnet die Spitzenpolitikerin zusammen mit weiteren aus ihrer Partei wieder die Diskussion über die Einführung der anlasslosen Massenüberwachung.
Kürzlich äußerte sich etwa der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann im einen Interview mit der Rheinischen Post zur Vorratsdatenspeicherung. Dabei argumentiert er, dass die Einschränkung der Freiheitsrechte aller Menschen in Deutschland notwendig wäre, um den Terrorismus zu bekämpfen: „Der Fall Castrop-Rauxel zeigt, dass es dringend eine klare Regelung für die Speicherdauer von IP-Adressen braucht. […] Wir sollten mit Ampel-Mehrheit die Rechtsgrundlage schaffen, dass künftig die IP-Adressen immer für 14 Tage gespeichert werden“, betonte er gegenüber der Zeitung.
Quickfreeze als Alternative oder Augenwischerei?
Von vermeintlich liberaler Seite wird das „Quickfreeze“ als eine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vorgeschlagen. Dabei sollen Strafverfolgungsbehörden ermächtigt werden, die Internetdienstleister zwingen zu können, Daten eines bestimmten Anschlusses oder einer bestimmten Person zu speichern, also „einzufrieren“.
Grundlegend ist allerdings nicht klar, inwiefern sich dieses Verfahren von der Vorratsdatenspeicherung unterscheidet: wenn Daten, die in der Vergangenheit angefallen sind, abgerufen und eingefroren werden sollen, so müssen sie zunächst erhoben werden. Letztendlich müssten also alle Internet-Provider diese Erhebung von Daten garantieren, einschließlich der Daten, die bislang nicht erhoben werden, etwa weil sie nicht für Abrechnungszwecke gebraucht werden. Das wäre also prinzipiell eine Vorratsdatenspeicherung mit kürzeren Fristen.
Auch aus der Bundesanwaltskammer kam bereits Kritik zum Quickfreeze-Verfahren. Das Verfahren würde das Mandatsgeheimnis der Anwält:innen verletzen und sei somit abzulehnen.