Die Bundesregierung schließt Chatkontrollen nicht aus. Das geht aus dem neu veröffentlichten Positionspapier zu dem Vorhaben auf EU-Ebene hervor. Zivilgesellschaftliche Bündnisse wie “Chatkontrolle Stoppen“ reagieren enttäuscht und kritisieren dies als Bruch des Koalitionsvertrags.
Die Maßnahmen zum Scannen von privater Kommunikation durch Umgehung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen werden zwar abgelehnt, allerdings nicht diejenigen Verfahren gegen das massenhafte, verdachtsunabhängige Scannen von unverschlüsselter Kommunikation auf Servern. In dem Positionspapier heißt es, dass die „Zulässigkeit und etwaiger Umfang serverseitiger Aufdeckungsmaßnahmen in unverschlüsselten Telekommunikations- sowie (Cloud-) Speicherdiensten“ weiter geprüft wird. Dieser Punkt bleibt damit weiter offen. Kritikerinnen befürchten daher, dass Deutschland sich auf EU-Ebene damit nicht gegen „allgemeine Überwachungspflichten, Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht“ einsetzt – obwohl die Bundesregierung solche laut Koalitionsvertrag ablehnt.
Faesers Innenministerium setzt Positionen durch
Das von der SPD-Politikerin Nancy Faeser geleitete Innenministerium konnte sich außerdem in dem neuen Positionspapier trotz Gegenwinds innerhalb Regierung auch in vielen weiteren Punkten durchsetzen:
Statt eine Altersverifikation für Messenger- und Hosting-Dienste sowie App Stores per Vorlage des Personalausweises auszuschließen, wird in der neuen Positionierung lediglich für eine weitere Option einer anonymen oder pseudonymen Nutzung geworben. Die Altersverifizierung soll dabei verpflichtend bleiben.
Auch bei den von der EU-Kommission vorgesehen Web-Sperren, die als Zensur-Instrument gelten, ist die Bundesregierung der Ansicht, dass diese unter gewissen Umständen zulässig sein könnten.
EU-Kommission will Chatkontrolle einführen
Das Vorhaben der EU-Kommission ist deshalb umstritten, weil es unter anderem Anbieter von Messenger-Diensten darauf verpflichten soll, die Kommunikation ihrer Nutzer:innen anlasslos zu scannen und zu überwachen. Wenn es nach der Kommission geht, soll auch eine Umgehung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung möglich sein. Ausgangspunkt ist die Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Internet. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden im Moment in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten diskutiert, um allen die Möglichkeit zu geben, sich jeweils dazu zu positionieren.