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Montag, September 9, 2024
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    Eskalation in Westasien? – Israel erwägt Offensive, CDU fordert Bundeswehreinsatz

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    In Westasien wird eine militärische Eskalation zwischen Israel und Iran erwartet. In Deutschland kommen von der CDU Forderungen nach einem Einsatz der Bundeswehr. Israelische Militäroffiziere erwägen, einem Angriff Irans zuvorzukommen und selbst in die Offensive zu gehen.

    Am 31. Juli wurde der Hamas-Chef Ismail Hanija im iranischen Teheran mit einer gezielten Aktion ermordet. Laut einer Recherche der New York Times wurde der Führer der politischen Leitung der Hamas durch einen Sprengsatz getötet, der zwei Monate zuvor in einen schwer bewachten Komplex, in dem sich Ismail Hanija bekanntermaßen aufhielt, geschmuggelt wurde. Israel hat sich nicht öffentlich zu der Tötung bekannt. Doch unmittelbar nach der Operation informierten israelische Geheimdienstmitarbeiter:innen die USA und andere westliche Regierungen über die Einzelheiten.

    Nun erwarten Israel und seine westlichen Unterstützer:innen einen Vergeltungsschlag des Iran. US-Außenminister Antony Blinken warnte am Montag Morgen davor, dass der Iran und die Hisbollah Israel innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden angreifen könnten. Im April hatte Israel bereits die iranische Botschaft in Syrien angegriffen, woraufhin der Iran mit einem Drohnenangriff auf israelisches Gebiet reagiert hatte. Nach diesem kurzen Schlagabtausch hatte sich die Lage vorerst wieder entspannt.

    Iran vs. Israel: Keine gerechte Seite

    Wie ernst die Lage aktuell ist, zeigen auch die Warnungen europäischer Regierungen an Tourist:innen. Auch die deutsche Regierung sprach eine Warnung für den Libanon aus und forderte deutsche Staatsbürger:innen auf das Land zu verlassen. Die Luftwaffe der Bundeswehr hält seit einigen Tagen eine kleine Flotte von A400M-Transportflugzeugen samt Mannschaften einsatzbereit, um deutsche Staatsbürger:innen aus Beirut evakuieren zu können.

    Unterstützung für Israel aus Europa und USA

    Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Sonntag seinem israelischen Kollegen Joav Galant in einem Telefonat erneut „eiserne Unterstützung“ für die Verteidigung des zionistischen Staates zugesichert. In den vergangenen Tagen hatte die US-Marine zwölf Kriegsschiffe und einen Flugzeugträger ins Mittelmeer, das Rote Meer und den persischen Golf zusammengezogen. Am Montag teilten Verteidigungsbeamte mit, dass zwei amerikanische Zerstörer, die USS Laboon und die USS Cole, vom Golf von Oman in das Rote Meer in Richtung Israel verlegt wurden.

    In Deutschland forderte der CDU-Politiker und ehemalige Bundeswehroffizier Roderich Kiesewetter am Sonntag, dass sich die Bundesregierung militärisch an einer von den USA angeführten Schutzkoalition für Israel beteiligen sollte: „Denkbar ist die Betankung von Kampfjets befreundeter Nationen, aber auch der Einsatz von eigenen Eurofightern der Bundeswehr, zum Beispiel zur Abwehr von iranischen Drohnen“, sagte Kiesewetter gegenüber dem Spiegel. Ein derartiger Einsatz wäre rein militärisch durchaus umsetzbar. Die deutsche Luftwaffe hat eigene Flugzeuge im jordanischen al-Azraq stationiert. Von dort aus könnten Tanker und Kampfjets unproblematisch eingesetzt werden.

    Angriff über mehrere Fronten

    Laut israelischen Medien rechnet die Regierung von Premierminister Netanjahu mit einem Angriff über mehrere Fronten. Das US-Medium Axios berichtete, dass dieser bereits am 5. August stattfinden könnte. Der Iran und die „Achse des Widerstands“, zu der unter anderem auch die libanesische Miliz Hisbollah gehört, sollen einen gemeinsamen und koordinierten Gegenschlag als Reaktion auf die kürzlich von Israel durchgeführten Tötungen von Hamas-Anführern ausführen. Dabei könnten, neben dem Iran und der Hisbollah, auch die Huthi im Jemen sowie Iran-treue Milizen im Irak und in Syrien beteiligt sein. Daraus könnte für Israel also schnell ein Mehrfrontenkrieg entstehen.

    Wie der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtet, diskutiert die israelische Führung derzeit über Möglichkeiten, um auf einen kommenden Angriff zu reagieren. Diese beinhalten „die Bereitschaft, in diesem Zusammenhang in einen allumfassenden Krieg einzutreten“. Militärstrategen der israelischen Armee IDF rieten dem Verteidigungsminister und Premierminister Israels, nicht auf einen Angriff der Hisbollah zu warten und einen weiteren proaktiven israelischen Angriff zu starten. Hochrangige IDF-Offiziere erklärten: „Wir müssen dem Feind das Gefühl nehmen, dass wir darauf warten, dass er den Mund aufmacht.“ Und weiter: „Die Chancen für eine Eskalation an der Nordfront steigen ebenfalls – es wäre richtig, hier die Führung zu übernehmen.“

    Die Hisbollah: Welche Rolle spielt sie in Westasien?

    Tötungen zu „unpassendem Zeitpunkt“

    Unterdessen kritisierte US-Präsident Joe Biden die höchstwahrscheinlich von Israel durchgeführte Tötung des Hamas-Anführers Ismail Hanija. Laut Biden sei diese zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgt, da somit ein Abkommen über einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln wesentlich erschwert wurden. Die Tötung sei genau in dem Moment erfolgt, in dem die USA gehofft hätten, die Gespräche abschließen zu können.

    Anhand dieser Aussagen lässt sich zumindest vermuten, dass Israel die Tötung absichtlich zu diesem Zeitpunkt durchgeführt hat, um eine diplomatische Lösung zu verhindern. Da Israel die weiter beabsichtigte ethnische Säuberung des Gazastreifens noch nicht abgeschlossen hat und die Geiseln als Legitimation für diesen Krieg dienen, wären erfolgreiche Verhandlungen ein Hindernis für die israelische Geostrategie.

    Aufgrund der steigenden Spannungen traf sich Biden am Montag laut dem Weißen Haus mit dem jordanischen König Abdullah II., um durch diplomatischen Druck eine Deeskalation der regionalen Spannungen herbeizuführen. Dazu wurde unter anderem über einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung von Geiseln diskutiert.

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