`
Montag, Juni 17, 2024
More

    Taiwan: Chinesisches Militärmanöver zeigt zugespitzten Konkurrenzkampf

    Teilen

    Wenige Tage nach dem Amtsantritt des neu gewählten taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te startete China ein großangelegtes Militärmanöver rund um Taiwan. Doch nicht nur auf militärischer Ebene spitzen sich die Spannungen zwischen China und den USA zu.

    Am 23.05. begann ein zweitägiges Manöver der chinesischen Volksbefreiungsarmee, das in der Taiwan-Straße sowie nördlich, südlich und östlich der taiwanischen Insel abgehalten wurde. Die chinesische Armee schickte dabei dutzende Flugzeuge und Kriegsschiffe, um eine Blockade der Insel zu simulieren. Auch die von Taiwan kontrollierten Inseln Matsu und Kinmen, die nur wenige Kilometer vom chinesischen Festland entfernt liegen, waren von dem Manöver betroffen.

    Neben den 27 gesichteten Marineschiffen, die Taiwan umkreisten, entsandten die chinesische Streitkräfte 49 Kampfflugzeuge, die in Taiwans Luftverteidigungszone eindrangen. Im Zuge der Eskalation der Spannungen schickten auch die USA mit dem Flugzeugträger USS Ronald Reagan der US-Marine ihr Militär in das Philippinische Meer. Auch Japan hatte Teile seiner Flugabwehrraketen, die mit dem Luftabwehrsystem Patriot PAC-3 ausgerüstet sind, auf den Inseln Yonaguni und Ishigaki auf die höchste Stufe der Gefechtsbereitschaft gestellt.

    Das chinesische Militär erklärte, diese Übung diene als Bestrafung für die „separatistischen Handlungen der taiwanischen Unabhängigkeitsbefürworter“. Bei dem zweitägigen Manöver wurde laut eines Sprechers der Armee, Li Xi, die „Fähigkeit zur gemeinsamen Machtergreifung, zu gemeinsamen Angriffen und zur Kontrolle von Schlüsselgebieten“ getestet. Am Freitag Abend sprachen chinesische Behörden von einem „erfolgreich Abschluss“ der Übung „Joint Sword 2024-A“.

    Konkurrenzkampf zwischen USA und China spitzt sich zu

    Ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums erklärte zu dem Kampf um die Kontrolle über Taiwan: „Taiwan ist China. Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Lage, in der Taiwan-Frage mit dem Finger auf China zu zeigen. Nichts wird uns davon abhalten, unsere Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen, und wir werden alles Notwendige tun, um jede Bewegung in Richtung Unabhängigkeit Taiwans zu vereiteln.“

    Der stellvertretende Leiter des US-Kommandos Indo-Pazifik Stephen Sklenka zeigte sich besorgt, doch er „glaube auch fest daran, dass ein Konflikt zwischen unseren beiden Ländern weder unvermeidlich noch eine ausgemachte Sache ist“. Das amerikanische Time-Magazine betitelt den aktuellen Konflikt derweil als „neuen Kalten Krieg“. Denn nicht nur militärisch kommt es immer wieder zu Spannungen.

    Vor wenigen Tagen hatte China ein weiteres Mal gegen 12 US-amerikanische Unternehmen, darunter Boeing, Sanktionen verhängt, weil sie Waffen an Taiwan verkauft haben. Die Sanktionen sind zudem eine Reaktion auf die Sanktionen für chinesische Unternehmen in den USA, u.a. wegen ihrer Zusammenarbeit mit Russland. Neben dem Streit um das angedrohte TikTok-Verbot in den USA sprach sich sogar Tesla-Chef Elon Musk gegen US-Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge aus, nachdem Präsident Joe Biden diese kurz zuvor vervierfacht hatte.

    It’s „wartime“: US-Kriegspolitik vor der Entscheidung

    Taiwans neuer Präsident

    Inmitten des imperialistischen Konkurrenzkampfs zwischen China und den USA steht also die taiwanesische Insel nahe des chinesischen Festlands. Mitte Januar hatte Taiwan einen neuen Präsidenten gewählt, vor wenigen Tagen wurde dieser dann in sein Amt eingeführt. Der 64-jährige Lai Ching-te von der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) gewann die Wahl und wurde damit zum Nachfolger der bisherigen Präsidentin Tsai Ing-wen, die derselben Partei angehört. Ähnlich wie seine Vorgängerin vertritt Lai einen chinakritischen Kurs, weshalb er und seine Partei von China als separatistisch eingestuft werden.

    Er steht also nicht für eine Annäherung an die Volksrepublik China, sondern strebt einen Ausbau der Unabhängigkeit Taiwans an. Diese Haltung äußert sich dadurch, dass Lai Ching-te einen Fokus auf Taiwans nationale Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit gegenüber China setzt. Doch obwohl er den chinakritischen Kurs seiner Vorgängerin fortsetzt, ist von ihm keine formelle Unabhängigkeitserklärung der Inselrepublik zu erwarten, da dies eine klare rote Linie für Chinas Regierung darstellt.

    Taiwan wählt, doch der Verlierer steht schon fest: Die taiwanische Bevölkerung

    Bei seiner Antrittsrede betonte Lai die Souveränität Taiwans. Er verwendete verstärkt den Begriff „Republik China“, mit dem sich Taiwan von der Volksrepublik abgrenzt. Wörtlich sagte er: „Ich hoffe, China kann sich der Realität der Existenz der Republik China stellen.“ Des weiteren appellierte er an seine Landsleute: „Selbst wenn wir unsere Souveränität aufgeben und die Ansprüche Chinas akzeptieren, werden Chinas Ambitionen, Taiwan zu annektieren, nicht verschwinden“. Derartige Aussagen haben wohl zur Schärfe der chinesischen Reaktion auf die Amtseinführung beigetragen.

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News