Die kanadische Regierung hatte erlassen, dass alle Trucker, die die US-amerikanische Grenze passieren, vollständig geimpft sein müssen. Dagegen setzte sich ein Konvoi tausender LKW in Bewegung – und legte Ottowa lahm. Die Demonstrierenden sprechen sich nicht gegen die Impfung aus, wohl aber gegen eine Impfflicht für ihre Berufsgruppe. Gegendemonstrant:innen kritisieren eine rechte Unterwanderung der Proteste, die lokale Polizei fordert Verstärkung an.
Die kanadische Regierung erließ kürzlich eine Impfpflicht für alle LKW-Fahrer:innen, die die US-amerikanische Grenze überqueren. 15.000 Demonstrant:innen reisten daraufhin am vergangenen Wochenende in die kanadische Stadt Ottawa und blockierten sämtliche Zufahrten, vor allem mittels hunderten LKW.
Unter der Woche hielten nur noch einige hundert Personen die Blockaden aufrecht, nun, am Wochenende, sind wieder Tausende in die Stadt gekommen.
Die Polizei sperrte zahlreiche Straßenabfahrten, die nach Ottawa führen. Zum aktuellen Zeitpunkt befänden sich nach Informationen der Polizei rund 500 schwere Fahrzeuge in der “roten Zone” – dort, wo sie sich nicht mehr aufhalten dürften.
Polizei überfordert – Polizeichef fordert Militär
Die örtlichen Polizeikräfte geben jedoch in jeder Pressemitteilung an, mit der Situation überfordert zu sein. Abgeordneter Keith Egli erklärte in einer Konferenz, “wirklich jede Hilfe” anzunehmen. “Und ich stehe auf jeden Fall hinter allem, was die anderen Regierungsebenen dazu bringen würde, ihre Werkzeugkästen zu öffnen und zu sehen, was sie da drin haben, um uns zu helfen.”
Der Polizeichef der Stadt forderte das Militär an. Momentan weist Premierminister Trudeau die Forderung nach einem Militäreinsatz noch zurück: “Das steht im Moment nicht zur Debatte”, sagte Trudeau am Donnerstag. Regierungen müssten “sehr, sehr vorsichtig sein, bevor sie das Militär in Situationen einsetzen, die gegen Kanadier gerichtet sind”. Unterstützung sei durch Bundespolizei und Geheimdienste möglich, erklärte der Premier, der sich gerade wegen einer Covid-Erkrankung in Isolation befindet.
Sammelklage gegen lautes Hupen
Laut Augenzeug:innen sind unter Demonstrierenden nicht vor allen Dingen Corona-Leugner:innen oder prinzipielle Impfgegner:innen. Dennoch ist der inzwischen tagelange Ausnahmezustand in der Stadt eine belastende Situation für Bewohner:innen. Vor allem die lauten Hupen der Fahrzeuge, mit denen die Fahrer:innen auf sich aufmerksam machten, sorgten für Ärger. Eine Sammelklage, in der 9,8 Millionen Dollar Schadensersatz von den Organisator:innen des Protests gefordert werden, soll am Montag verhandelt werden.
Gegenprotest gegen rechte Unterwanderung
In der Stadt formiert sich Gegenprotest: Er spricht sich für eine solidarische Impfbereitschaft und vor allem für ein Ende des andauernden Ausnahmezustands in Ottawa aus. Arbeiter:innen in den Gesundheitsbereichen berichten davon, aufgrund ihrer Arbeitskleidung bekannt und belästigt worden zu sein.
Viele kritisieren außerdem, dass sich unter die Demonstrant:innen immer mehr Menschen mischen, die die Impfpflicht zur als Deckmantel nutzen. Faschist:innen würden die Proteste als Plattform für rechte und rassistische Propaganda missbrauchen. Viele unter den Protestierenden würden sich auch positiv auf Trump beziehen, einige Schilder tragen die Aufschrift “Trump 2024”. In Anlehnung an den Ku-Klux-Klan haben einige Gegendemonstrant:innen den Freedom-Convoy “Flu-Trux-Clan” getauft.
Die Organisator:innen haben derweil weitere Proteste in Toronto und Quebec angekündigt.