Am Tag der Deutschen Einheit erschien die AfD-Chefin Alice Weidel nicht zu einem Wahlkampfauftritt. Sie und ihre Familie seien aufgrund eines geplanten Anschlags an „einen sicheren Ort“ verbracht worden. In Wahrheit war Weidel im Urlaub auf Mallorca.
Eigentlich wäre AfD-Chefin Alice Weidel am 3. Oktober Hauptrednerin auf einer Wahlkampfveranstaltung ihrer Partei in Mödlareuth gewesen. Mödlareuth liegt sowohl in Bayern als auch in Thüringen: die Grenze zwischen der BRD und DDR verlief damals genau durch den Ort. Aufgrund dieser Symbolkraft strömen viele bürgerliche Parteien am Tag der Deutschen Einheit zum sogenannten „Fest der Demokratie“ nach Mödlareuth. Weidel blieb jedoch fern.
Ein AfD-Vertreter betrat vor Weidels geplanter Rede die Bühne und sprach von einem „sicherheitsrelevanten Vorfall bei Frau Weidel“ am vorangangenen Wochenende: „Sie und ihre Familie wurden von der Polizei aus ihrer privaten Wohnung evakuiert und an einen sicheren Ort verbracht, da sich die Hinweise verdichteten, dass auf sie ein Anschlag inklusive Familie geplant wird“. Weidel halte sich in einem „Safehouse“ auf und müsse „untergetaucht bleiben bis auf Weiteres“. Dies ist einem YouTube Video des ebenfalls dort aufgetretenen AfD-Abgeordneten Norbert Kleinwächter zu entnehmen.
Weidels geplanter Vorredner Kleinwächter zeigte sich darin empört wegen der Gefahr, in der sich Weidel vorgeblich befand. Auch er behauptete, dass die Polizei Frau Weidel das Haus nicht verlassen ließe und verglich Weidel sogar mit politischen Gefangenen der DDR: „Sie wurde von zuhause evakuiert, in ein Safehouse gebracht und kann das Haus nicht verlassen. Hausarrest für einen politisch missliebigen Kandidaten – das gab es zuletzt vor der Teilung!“.
Weidel auf Malle
Statt sie also live zu sehen, musste sich das Publikum mit einer Videobotschaft Weidels begnügen, in der sie beteuerte: „Ich würde nichts lieber tun, als heute bei euch zu sein, aber ich kann es leider nicht“. Laut Informationen des Spiegel hielt Weidel sich am 3. Oktober jedoch nicht in einem Safehouse auf, sondern war im Urlaub auf Mallorca. Weidel und ihre Lebensgefährtin waren in einer Ortschaft der mallorquinischen Ostküste an einem Strandrestaurant gesehen worden.
Auf Anfrage des Spiegel bestätigte Weidels Büro ihren Aufenthalt auf der spanischen Ferieninsel. Allerdings habe es tatsächlich einen sicherheitsrelevanten Vorfall gegeben, nämlich am 23. September. Die Familie sei der Empfehlung gefolgt, sich nicht in ihrer häuslichen Umgebung aufzuhalten.
Anfragen, seit wann Weidel auf Mallorca sei, wann der Urlaub geplant wurde und inwiefern ein Urlaub mit dem Besuch öffentlicher Restaurants mit einer gefährlichen Sicherheitslage vereinbar sei, wurden nicht beantwortet. Wie aus dem Plenarprotokoll des Bundestags hervorging, nahm Weidel außerdem am 29. September an einer Bundestagssitzung teil – also bereits nach dem „sicherheitsrelevanten Vorfall“, jedoch vor dem abgesagten Auftritt in Mödlareuth.
Die Hintergründe über den vorgeblich geplanten Anschlag sind unbekannt. Dem Spiegel wurde lediglich von der Polizei des Schweizer Kantons Schwyz, wo Weidel und ihre Familie einen Wohnsitz haben, bestätigt, dass es am 23. September an dem Ort einen Polizeieinsatz gegeben habe, über den jedoch keine weiteren Angaben gemacht wurden.
Inzwischen widerspricht auch das Bundeskriminalamt (BKA) der Aussage der AfD, Weidel sei geraten worden, an einen sicheren Ort zu gehen: „Die Absage der Teilnahme an der gestrigen Veranstaltung durch Alice Weidel geschah nicht auf Veranlassung oder Empfehlung des BKA.“ Es habe keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung gegen Weidel gegeben.