Nachdem das Urteil des Verfassungsgerichts, das zu einem Haushaltsloch von mehreren Milliarden Euro geführt hat, gibt es nun eine Einigung der Bundesregierung über die finanziellen Mittel für 2024. Dabei wird vor allem auf Preissteigerungen gesetzt.
Mit Sonderfonds Kredite aufnehmen, um die Schuldenbremse zu umgehen – diese gängige Methode der Bundesregierung wurde im vergangenen Monat vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin fehlten Milliarden im Finanzplan der Ampelkoalition, bestehend aus SPD, FDP und Grüne. Im Kernhaushalt für 2024 fehlten etwa 17 Milliarden Euro, sowie 13 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds (KFT).
Regierung will für 2023 “Notlage” ausrufen – während im Hintergrund Kürzungen vorbereitet werden
Wie mit diesem Loch umgegangen werden sollte, darüber wurde bis gestern viel gestritten. Nach mehreren Verhandlungsrunden kam nun die Meldung über eine Einigung. In einer Regierungserklärung stellte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Ergebnis vor.
„Wir müssen mit deutlich weniger Geld auskommen“
Die Ziele der Bundesregierung seien weiter zu erreichen, so Scholz. Darunter fielen der „klimaneutrale Umbau“ der Industrie, die „Stärkung des sozialen Zusammenhalts“ und die weitere Unterstützung der Ukraine. Aber zum Erreichen dieser Ziele müsse die Regierung nun „mit deutlich weniger Geld auskommen“.
Denn die Schuldenbremse soll im nächsten Jahr wieder eingehalten werden. Sie besagt, dass jährlich Schulden in Höhe von maximal 0,35% des Bruttoinlandsprodukts aufgenommen werden dürfen. Dies wurde 2009 ins Grundgesetz geschrieben. Die letzten vier Jahre wurde sie mit der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag ausgesetzt.
Aber auch 2024 soll es weiterhin Ausnahmen geben. So soll der Fluthilfefonds aus 2021 nach der Flutkatastrophe im Ahrtal fortgesetzt werden, ebenso die Unterstützung der Ukraine. Für eine mögliche Eskalation hält sich Scholz offen, 2024 erneut eine sogenannte „Notlage“ auszurufen, welche die Pflicht zur Einhaltung der Schuldenbremse aushebelt.
Neue Steuern sollen Staatsausgaben sichern
Hinzu kommen zahlreiche weitere Maßnahmen, die die Staatseinnahmen sichern sollen. Arbeiter:innen werden so z.B. erneut beim Heizen und Tanken tiefer in die Tasche greifen müssen: Der CO2-Preis soll von 30 Euro pro Tonne CO2 auf 45 Euro steigen. Diese Erhöhung schlägt sich zum Beispiel auf den Preis von Benzin und Diesel nieder, laut dem Spiegel werden sich die Treibstoffe um jeweils 3,6 und 4 Cent pro Liter verteuern.
Auch beim Heizen mit Öl wird sich der Preisanstieg bemerkbar machen. Aktuell muss ein durchschnittlicher Haushalt dem Staat jährlich 159 Euro davon als Steuer zahlen. In Zukunft werden es 81 Euro mehr, also 240 Euro werden. Wer mit Gas heizt, bleibt ebenfalls nicht verschont: Bei einem durchschnittlichen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden rechnet das Vergleichsportal Check24 mit einem Anstieg von 60 Euro pro Jahr – plus weiteren 90 Euro durch den Wegfall der Gaspreisbremse.
Eine weitere Steuer, die eingeführt werden soll, ist eine Kerosinsteuer für Inlandsflüge. Kerosin, das im gewerblichen Luftverkehr eingesetzt wird, war bislang von der Energiesteuer befreit.
Finanzminister Lindner (FDP) plant zudem, die „Plastikabgabe“, die bislang an die Europäische Union bezahlt werden musste, nicht länger aus Steuermitteln zu bezahlen. Stattdessen sollen Unternehmen, die Plastikverpackungen nutzen, die Abgabe bezahlen. Dabei ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mehrkosten einfach an die Konsument:innen weitergereicht werden, wodurch zum Beispiel die Preise von Lebensmitteln erneut steigen dürften.
Soziale Kürzungen angekündigt
Neben starken Preissteigerungen, die vor allem Arbeiter:innen spüren werden, kommen auf sie auch Kürzungen im sozialen Bereich zu. Zwar soll es laut Lindner „keine Reduzierung“ sozialer Leistungen geben. Trotzdem sollen durch „mehr Treffsicherheit“ bei Sozialleistungen insgesamt 1,5 Milliarden Euro im Arbeitsministerium eingespart werden.
In einem Interview mit dem ZDF spricht sich Lindner zudem für Sanktionen bei Bürgergeld-Empfänger:innen aus. Es sei im Interesse der Bevölkerung, dass „diejenigen, die Leistungen empfangen, das nur so lange und so weit tun, wie das erforderlich ist“. Hier könnte es also weiterhin zu stärkeren Einschnitten kommen.
Geschenke an Unternehmen bleiben
Woran nicht gespart werden soll, sind vor allem die Mittel für Großkonzerne. Das sogenannte Wachstumschancengesetz bleibt zum Beispiel weiter vollständig im Haushalt eingeplant. Dabei handelt es sich um Steuergeschenke an Unternehmen in Höhe von jährlich rund sechs Milliarden Euro.
Lindner plant milliardenschwere Steuergeschenke an Unternehmen
Auch die Zuschüsse an den Mikrochip-Hersteller Intel bleiben bestehen. Die neue Fabrik in Magdeburg soll weiter mit zehn Milliarden Euro gefördert werden.
Die Deutsche Bahn hatte ebenfalls um Mittel gebangt. Sie hätte 12,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds bekommen sollen. Das fehlende Geld soll jetzt nicht mehr aus dem Haushalt kommen. Stattdessen sollen Anteile an bundeseigenen Unternehmen wie der Telekom und der Deutschen Post verkauft werden. Zusätzlich soll das Logistik-Tochterunternehmen der Bahn DB Schenker verkauft werden.
Verteidigungsausgaben bleiben auf Höchststand
Deutschlands Verteidigungsausgaben sollen hingegen im kommenden Jahr laut Regierungsentwurf auf das Rekordhoch von 70,97 Milliarden Euro steigen. Dies sieht der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 (20/7800, Einzelplan 14) vor. Davon entfallen 51,8 Milliarden Euro auf den regulären Etat von Verteidigungsminister Pistorius und weitere 19,17 Milliarden Euro, die aus dem Sondervermögen Bundeswehr in militärische Beschaffungen fließen sollen.
Der reguläre Verteidigungshaushalt erhöht sich somit gegenüber dem laufenden Jahr um 1,68 Milliarden Euro und die aus dem Sondervermögen bereitgestellten Finanzmittel werden um 8,41 Milliarden Euro aufgestockt.
Der endgültige Beschluss des gesamten Haushalts steht noch aus: Der Bundestag wird ihn voraussichtlich im Januar bescheiden, woraufhin noch der Bundesrat zustimmen muss. Bis dahin werde eine vorläufige Haushaltsführung gelten, mit der nur Ausgaben möglich sind, welche die Verwaltung und die Erfüllung von rechtlichen Verpflichtungen gewährleisten.