Prügel, brutale Angriffe und Mord durch Polizist:innen sind auch in Deutschland keine Seltenheit. Polizeigewalt lässt sich im Kapitalismus nicht überwinden. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees zum Internationalen Tag gegen Polizeigewalt.
Der 15. März ist der „Internationale Tag gegen Polizeigewalt”. Ursprünglich wurde der Tag in der Schweiz und Kanada aufgrund eines besonders brutalen Polizeieinsatzes ins Leben gerufen. Auf der ganzen Welt demonstrieren deswegen heute Menschen gegen Gewalttaten, die von Polizist:innen verübt wurden und werden.
Um Beispiele für solche Taten zu finden, müssen wir nicht lange suchen: Allein in Deutschland kennen wir unzählige Fälle, in denen die Polizei massive Gewalt angewendet hat: Oury Jalloh, Halim Dener, Mouhamed Lamine Dramé, Giorgós Zantiotis oder Achidi John – sie alle und viele weitere wurden von der deutschen Polizei sogar ermordet.
Allein im letzten Jahr hat die deutsche Polizei außerdem unter Beweis gestellt, wie bereitwillig sie Gewalt gegen Protestierende anwendet: Sei es das Verprügeln von Demonstrant:innen wie bei der diesjährigen „LLL-Demonstration” oder auf der Berliner Sonnenallee, die Gewalt gegen Aktivist:innen der Letzten Generation oder sexistische Übergriffe bei den Hausdurchsuchungen gegen junge Aktivist:innen der antikapitalistischen Frauenorganisation Zora. Dazu kommt die fast schon alltägliche Gewalt der Polizei, zum Beispiel bei unbegründeten Kontrollen durch das „Racial Profiling“.
Klassenjustiz und Schönrederei
Der deutsche Staat versucht danach systematisch, die Polizeigewalt herunterzuspielen, zu vertuschen oder zu legitimieren. Im „Rondenbarg-Prozess” erleben wir seit einigen Jahren, wie der Gewaltexzess einer Polizeitruppe gegen G20-Demonstrant:innen in Hamburg 2017 nicht nur gerechtfertigt wird, sondern sogar Demonstrierende, die schwerste Verletzungen durch die Polizeigewalt davongetragen haben, nun wegen Landfriedensbruchs vor Gericht stehen. Die Klassenjustiz schützt die Polizeibeamt:innen und verurteilt alle diejenigen, die sich gegen den Staat und das kapitalistische System richten.
Dazu kommen allerlei Tricksereien und Verdrehungen der Tatbestände durch Behörden und Verantwortliche, wenn doch einmal eine breitere Aufmerksamkeit für Polizeigewalt entsteht. Das alles seien „Einzelfälle”, heißt es dann oft, oder die Polizist:innen seien schlicht und einfach zu überlastet und reagierten deswegen in Stresssituationen gewalttätig.
Ständige Erweiterung der Befugnisse und des Arsenals
Die Realität ist aber eine ganz andere: Die Befugnisse und Ermächtigungen der Polizei werden seit Jahrzehnten immer mehr ausgeweitet: Heute verfügt die Polizei über eine Vielzahl an Abhör- und Überwachungsbefugnissen und kann verdächtige Personen ohne viel Aufhebens mehrere Tage lang einsperren.
Auch die Versammlungsgesetze in den einzelnen Bundesländern, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, werden immer weiter eingeschränkt, indem der Polizei weitreichende Möglichkeiten geschaffen werden, Versammlungen von vornherein zu untersagen oder aufzulösen. In NRW werden so zum Teil auch Hausdurchsuchungen und andere massive Repressionen ermöglicht. Andere Länder wie Sachsen ziehen derzeit nach und wollen ihren Polizist:innen ähnliche Möglichkeiten einräumen.
Auch die Durchsetzungsfähigkeit der Polizei wird immer weiter gesteigert. In Berlin wurde erst kürzlich die Einführung weiterer Taser beschossen, in Sachsen werden derzeit sogar vermehrt Maschinengewehre angeschafft. Seit 2023 lieferte „Rheinmetall” außerdem insgesamt 55 Panzerfahrzeuge des Typs „Sondermodell 5“ an die Bundespolizei und die Polizeien der Länder aus.
Die Polizei schützt nicht uns, sondern die bestehende Ordnung
Wozu braucht die Polizei diese zahlreichen Befugnisse und kriegstauglichen Waffen und Fahrzeuge? Die Antwort ist einfach: um ihrer Aufgabe als Verteidigerin der bestehenden kapitalistischen Ordnung im Interesse der Reichen und Mächtigen nachzukommen. Polizeigewalt und Brutalität gehören dabei als Mittel mittlerweile ganz selbstverständlich dazu.
Als diejenigen, die in unserer Gesellschaft zwar die absolute Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, aber ansonsten – außer der eigenen Arbeitskraft – nichts besitzen, haben wir in der Polizei niemals „Freunde und Helfer“. Die Polizei ist, genau wie der gesamte Staat mit seiner Justiz, den Arbeitsämtern, Schulen oder Behörden Teil des Apparats, der unsere Ausbeutung und die Gewinne der Kapitalisten fortsetzen und absichern soll.
Eine Ausweitung der Befugnisse für die Polizei und ihrer Bewaffnung bedeutet deswegen für uns eine Einschränkung unserer Freiheiten und eine größere Gefährdung. Derzeit will der deutsche Staat uns z.B. im Interesse der deutschen Großkonzerne mehr und mehr auf Kriegskurs bringen und muss deshalb für Ruhe sorgen, wenn wir für mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, ein Ende der deutschen Kriegstreiberei und für eine gerechte Gesellschaft demonstrieren.
Die Polizeigewalt gegen uns alle wird deswegen zukünftig nicht weniger, sondern mehr werden. Tage wie der „Internationale Tag gegen Polizeigewalt” sind wichtig, um dafür ein waches Bewusstsein zu schaffen: Kämpfen für eine Welt, in der es keine Ausbeutung unserer Klasse mehr gibt, und zwar jeden Tag!