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Samstag, April 27, 2024
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    LKW-Fahrer mussten bis zu 18 Monate in Fahrzeugen leben – für zwei Euro Stundenlohn.

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    Sie wurden auf den Philippinen angeworben, in Polen angestellt und arbeiteten in Deutschland, den Niederlanden und Dänemark unter erniedrigenden Arbeitsbedingungen. Nun ist die massive Ausbeutung von LKW-Fahrern bei “NTG Logistics” und “Kurt Beier” ans Licht gekommen. Doch die deutschen Behörden lassen weiterlaufen.

    Wie der WDR berichtete, sollen die philippinischen Arbeiter keinen festen Wohnort gehabt haben, sodass sie neben der Arbeit in und um ihren LKW herum leben mussten – Essen, Schlafen und Waschen inklusive. Einer der Fahrer “wohnte” bereits seit 18 Monaten in seinem LKW.

    Ein solches Fahrer-Camp entstand auch im sauerländischen Ense auf dem Betriebsgelände der Firma NTG Logistics, wo die LKW-Fahrer zusammengekommen waren und nun vor Erschöpfung streiken.

    Nichts gewusst

    Ihren Arbeitsvertrag hatten die Fahrer in Polen unterschrieben, bei einer Briefkastenfirma der dänischen Firma „Kurt Beier“, die für NTG Logistics arbeitete. Diese will von den schlimmen Arbeitsbedingungen nichts gewusst haben: “Wenn wir die Versicherung haben, dass Mindestlohn gezahlt wird, ist unsere Aufgabe erfüllt”, so Geschäftsführer Rüdiger Sänger.

    Die Realität sah anders aus: Die Ausnahmeregelungen im deutschen Mindeslohnrecht machen es möglich, dass diese Regelungen nicht für ausländische Fahrer gelten. Deren Arbeitsverträgen zufolge verdienen die Arbeiter gerade einmal 428 Euro.

    lkw photo

    Staatsanwaltschaft: Keine Ausbeutung

    Thomas Poggel von der Staatsanwaltschaft Arnsberg erklärt deshalb: “Der eher als sehr gering zu bezeichnende Lohn stand wohl nicht in deutlichem Missverhältnis zu den sonst in Osteuropa gezahlten Löhnen für Lkw-Fahrer, so dass keine Ausbeutung im Sinne von § 232 StGB vorliegt, wenn man zugrunde legt, dass sie für eine polnische Spedition fahren.” Den Fahrern wurde eine Weiterfahrt genehmigt.

    Michael Wahl von „Faire Mobilität“, der vor Ort ist, findet das skandalös, „denn die Fahrer befinden sich weiterhin in der extremen Zwangssituation, die sich durch die Ermittlungen weiter verschärft hat.“

    Er fordert ein konsequenteres Vorgehen der Behörden: “Sie haben unserer Einschätzung nach alle Möglichkeiten, für die Menschen zumindest für einen sicheren Aufenthalt zu sorgen und ihnen zu Sozialleistungen zu verhelfen. Im Moment sehen wir nicht, dass die Behörden diese Möglichkeiten nutzen – im Übrigen anders als im zweiten Fall in Dänemark und den Niederlanden, wo inzwischen neun Fahrer von den Philippinen nach Intervention der Gewerkschaften unter Schutz stehen, die von der gleichen Firma und nach dem gleichen Muster ausgebeutet wurden.“

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