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Freitag, April 26, 2024
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    Immobilienfirma geht juristisch gegen kritische Berichterstattung vor

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    Die private Investmentgesellschaft „United Capital“ geht juristisch gegen Leipzigs unabhängige Hochschulzeitung luhze vor. Einzelne Passagen eines kritischen Artikels, der sich auf Erfahrungen von Mieter:innen der Harnackstraße 10 bezieht, würden nicht der Wahrheit entsprechen und sollen demnach nicht weiter veröffentlicht werden dürfen. Das private Unternehmen sieht sich in seinen Unternehmenspersönlichkeitsrechten verletzt.

    „United Capital“ macht sich in den letzten Monaten vermehrt einen Namen in der Stadt Leipzig. Hierbei fällt es jedoch keineswegs positiv auf. Das Vorgehen des Unternehmens ist schwer durchschaubar, aber was dabei rauskommt, sind stark überteuerte Studierendenwohnungen mit einem stolzen Preis von 18€ pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In Leipzig liegt die durchschnittliche Kaltmiete momentan bei 7,46€/qm.

    Luhze gegenüber begründet Sven Schwarzat, Geschäftsführer von United Capital, die Preise folgendermaßen: In der Miete sei alles inklusive, ausgenommen Internet und GEZ. Die Wohnungen seien teilmöbliert und frisch saniert. Außerdem würden die Preise vom Markt vorgegeben und nicht vom Unternehmen. Ihnen würde es also nicht um Profite gehen. Außerdem würde bei den Renovierungen mehr Wohnraum geschaffen, indem die Wohnung um einen Raum erweitert wird. Damit trage das Unternehmen – so Schwarzat gegenüber luhze – seinen Teil zur steigenden Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt bei.

    Doch die menschenfreundliche und selbstlose Selbstdarstellung von United Capital geht nicht auf. Denn die Tatsache, dass eine Wohnung um einen Raum ergänzt wird, verschafft der Wohnung nicht mehr Quadratmeter. Das heißt in der logischen Schlussfolgerung, dass weniger Wohnraum für mehr Menschen und die horrenden Mieten zur Verfügung gestellt werden. Und das wiederum führt zu höheren Profiten für die Eigentümer:innen.

    Außerdem stellt sich auch die Frage, was mit den Mieter:innen der Wohnungen passiert ist, als sie von United Capital aufgekauft wurden. Allein in der Harnackstraße 10 gehören bereits 7 der 12 Wohnungen dem Unternehmen und es ist recht sicher davon auszugehen, dass es dabei nicht bleiben wird. Zu dem Vorgehen der Chefs gibt es unterschiedliche Berichte, und es regt sich zunehmend Widerstand.

    Die Mieter:innen des Hauses in der Harnackstraße 10 haben sich z.B.  zu einer Initiative zusammengeschlossen, um sich gemeinsam zur Wehr zu setzen. Ein Bestandteil davon ist die Öffentlichkeitsarbeit, weswegen in der Hochschulzeitung ein Artikel über United Capital und die Erfahrungen der Bewohner:innen veröffentlicht wurde. Die Journalist:innen zitieren bestimmte Aussagen von Betroffenen und bedienen sich hierbei bestimmter rhetorischer Mittel, die für Berichterstattungen dieser Form üblich sind: die indirekte Rede, Zitate, den Konjunktiv. Dadurch soll deutlich gemacht werden, dass es sich bei den Aussagen nicht um die Position der schreibenden Person handelt, sondern um Aussagen Dritter. Dennoch geht United Capital nun juristisch gegen die Zeitung vor und fordert, dass bestimmte Passagen des Textes nicht mehr veröffentlicht werden dürfen.

    Der anstehende Prozess hat also das Potential, ein klares Signal an kritische Journalist:innen und organisierte Mieter:innen zu senden: Wenn ihr euch mit Kapitalist:innen anlegt, dann gibt es Ärger. Dieses Vorgehen kann kein anderes Ziel haben, als dass die Betroffenen eingeschüchtert und in ihrem Protest gestoppt werden sollen. United Capital sitzt dabei finanziell gesehen am längeren Hebel gegenüber der unabhängigen Hochschulzeitung, die sich unter anderem aus Spenden finanziert. Ein solcher Prozess kann für Non-Profit-Zeitungen also schnell das finanzielle Ende bedeuten.

    Deshalb soll am 21.01.22, 10 Uhr, eine Solidaritätskundgebung auf dem Simsonplatz stattfinden. Ziel der Kundgebung ist dem Aufruf des Solidaritätsnetzwerks Leipzig zufolge, sich mit der Studierendenzeitung zu solidarisieren, die Pressefreiheit zu verteidigen und den Chefs von „United Capital“ deutlich zu machen, dass ihre Aktionen nicht unkommentiert bleiben. Die öffentliche Verhandlung am Landgericht Leipzig findet am 21. Januar 2022 um 11 Uhr im Sitzungssaal 8 statt.

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