Die Spannungen zwischen den Mitgliedsstaaten des westlichen Militärbündnisses NATO und Russland verschärfen sich. Gerade in deutschen Medien wird immer wieder von russischen Angriffsplänen berichtet. Bisher haben sich diese Berichte stets als haltlose Stimmungsmache herausgestellt.
„Es besteht ein echtes Risiko für einen neuen bewaffneten Konflikt in Europa.“ Das ist die Quintessenz, die NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem Treffen des NATO-Russland-Rats zieht. In der vergangenen Woche haben sich die Differenzen zwischen den NATO-Mitgliedsstaaten, allen voran die USA und die europäischen Mitgliedsstaaten, und Russland erneut massiv zugespitzt. Auf diplomatischer Ebene fanden daher eine ganze Reihe wichtiger Gipfel statt. So trafen sich die USA und Russland mit Vertreter:innen am Montag in Genf, am Mittwoch tagte der NATO-Russland-Rat und am Donnerstag folgte eine Sitzung der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa).
Die Medien auf beiden Seiten begleiteten die Treffen mit hunderten Artikeln, Hintergrundberichten und einer Sondermeldung nach der nächsten. So zitieren westliche Zeitungen anonyme „Nato-Insider“, die einen großflächigen Angriff Russlands auf Europa von mehreren Fronten aus herbei reden. Gegen einen solchenen Angriff seien die europäischen NATO-Staaten zumindest militärisch nicht in der Lage, sich zu wehren. Der Handlungsbedarf liege dadurch natürlich offen auf dem Tisch.
Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, sagte am Donnerstag: „Es ist sicherlich der Fall, dass die Gefahr einer militärischen Invasion hoch ist.“ Die US-amerikanischen Geheimdienste seien bislang allerdings nicht einmal zu der Einschätzung gekommen, „dass die Russen sich endgültig für ein militärisches Vorgehen in der Ukraine entschieden haben“. Sullivan drohte Russland im Falle des Falles außerdem erneut mit Wirtschafts- und Finanzsanktionen, mit Export-Kontrollmaßnahmen und mit einer weiteren Aufrüstung der Ukraine.
Für Russland ist eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nach wie vor ein Dorn im Auge. Russland forderte beim Treffen mit der NATO unter anderem, dass die NATO darauf verzichtet, Länder wie die Ukraine und Georgien aufzunehmen. Außerdem sollen sie Streitkräfte aus östlichen Bündnisstaaten zurückziehen. Die NATO lehnte das kategorisch ab. Laut dem russischen Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin seien die Beziehungen zum Westen auf „kritisch niedrigem Niveau“. Dass die russischen Initiativen zur Deeskalation missachtet wurden, werde zu Konflikten führen, so Fomin. Einer dieser Konflikte könnte die mögliche Stationierung von russischem Militär auf Kuba und in Venezuela sein. Die direkte Stationierung strategischer Truppen und Waffen direkt vor der US-amerikanischen Küste hat bereits einmal in der Geschichte zu einer gefährlichen Eskalation zwischen den USA und Russland geführt. Diese Überlegungen zeigen, wie massiv die Zuspitzung der Widersprüche zur Zeit verläuft.