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Freitag, April 26, 2024
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    Dutzende Baumbesetzer:innen aus “Heibo”-Waldstück für Kies-Unternehmen geräumt

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    Das Waldstück namens “Heidebogen” in der Nähe von Dresden war jahrelang besetzt. Die Besetzung wurde am Mittwoch gewaltsam von der Polizei geräumt. Jetzt wird der Wald gerodet und die Pläne des Kieswerks “KBO” können weiter durchgeführt werden.

    Am Mittwoch vergangener Woche wurden rund 60 Personen aus dem Heidebogen geräumt. In dem Wald der Region bei Dresden hatten sich die Umweltaktivist:innen seit August 2021 verschanzt. Dort bauten sie Baumhäuser und andere Strukturen rund um die Bäume auf. Ihr Ziel war es, die Rodung des Waldes in der Laußnitzer Heide zu verhindern. Denn anstelle des Waldes soll dort ein Kies-Tagebau entstehen, wie er vom “Kieswerk Ottendorf-Okrilla” (KBO) in Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen geplant wurde.

    Nun wurde der „Heibo“, wie die Region und ihr Wald auch genannt wird, geräumt. Dabei waren über 1.000 Polizist:innen in und um den Wald im Einsatz. Ein Großteil der Aktivist:innen ließ sich friedlich aus den Baumwipfeln vertreiben, trotzdem wendete die Polizei Gewalt an und stellte 13 Anzeigen, um vermutlich irgendwie ihr massives Aufgebot rechtfertigen zu können.

    Vielfältige Proteste gegen Räumung

    Dass die Klimaaktivist:innen und ihr Protestlager von der Räumung bedroht waren, war schon einige Tage zuvor deutlich geworden. Im März beginnt nämlich die Schonzeit für Vögel, Insekten und bestimmte Gehölze, ab dann kann bis Ende September nicht mehr gerodet werden. Die Räumung musste also davor stattfinden. Auf eine vorangegangene Warnung durch das Kieswerk Ottendorf-Okrilla, das Waldstück doch freiwillig zu räumen, hatten die Besetzer:innen nicht reagiert. Die KBO wiederum hatte vorherige Einladungen zu Diskussionsrunden nicht wahrgenommen.

    Am 12.2. fand dann im nahegelegenen Ort Ottendorf-Okrilla eine Demonstration statt. Überregional reisten auch Protestierende aus Leipzig und Berlin an. Hinter diesem Protestzug von Klimaaktivist:innen lief provokativ eine zweite, spontan angemeldete Gegendemonstration von Faschist:innen, darunter NPD-Mitglied Michael Brück. Auch schon zuvor hatten sie das Protestlager mehrmals nachts angegriffen.

    Aber auch ein Grünen-Büro in Dresden wurde in Vorbereitung auf die Räumung besetzt. Die Besetzer:innen forderten, dass der „Heibo“ erhalten bleiben und ein Gespräch mit dem sächsischen Umweltminister stattfinden solle.

    Die Pläne von KBO

    Der Konzern hinter der beabsichtigten Rodung, auf dessen Interessen hin das Waldstück nun geräumt wurde, brüstet sich derweil auf seiner Website mit Klima-und Umweltfreundlichkeit. Zugleich wird herausgestellt, dass man Marktführer in Deutschland für den Abbau von Kies sei.

    Sein Kiessand-Tagebau “Laußnitz 1” wird nun um knapp 130 Hektar vergrößert. Neben dem schon bestehenden Kiessand-Tagebau wurde auch der Bau des Kiessand-Tagebaus „Würschnitz“ östlich von dem gleichnamigen Ortsteil genehmigt. Bei den anderen Teilen, “Laußnitz 2” und “Radeburg”, westlich von Würschnitz, steht eine Genehmigung noch aus. Alle drei zusammen ergeben ebenfalls noch einmal über 400 Hektar. Und das alles im moorigen Heidebogen, unverzichtbar für Klima- und Naturschutz.

    Gerade die feuchten und sumpfigen Flächen im Heidebogen werden auch durch mehrere Naturschutzgebiete geschützt. Sie bieten Platz für eine Vielzahl an Tier -und Pflanzenarten. Aber der Bau der Kiessandttagebaus hat auch auf die Menschen vor Ort direkte Folgen. Durch den Raubbau im Moor wird eben das Moor zerstört und Chemikalien dringen in das Grundwasser ein. Der Grundwasserspiegel ist in Würschnitz bereits drastisch gesunken.

    Das war auch einer der Beweggründe, weshalb sich die Bürgerinitiative „Würschnitz contra Kiesabbau“ vor über 20 Jahren gründete. Noch heute wird von ihrer Seite aus geklagt und Protest entfacht. Auch haben sie die Besetzung im „Heibo“ unterstützt. Zusammen mit der örtlichen NABU und FFF Dresden werden sie sich weiterhin gegen den Raubbau an Natur und Umwelt wehren.

    Für die Rettung des “Heibo” hat es nicht gereicht. Doch es zeigt wie weitverzweigt die Klimabewegung Widerstand leistet auch jenseits bewegungspolitischer und medialer Hotspots wie in Lützerath (NRW).

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