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Samstag, April 27, 2024
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    Wer Respektlosigkeit säht, wird Streik ernten! – Arbeiter:innen vom Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen im Streik

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    Entspannung im Botanischen Garten, in den städtischen Parks, Spaziergänge durch saubere Straßen oder die letzte Ruhe auf einem Friedhof: Der öffentliche Dienst leistet genau diesen Mehrwert für die Augsburger:innen und Bürger:innen aller Städte. Doch durch die aktuellen Preissteigerungen ist für die Beschäftigten eine gesicherte Existenz in weiter Ferne.

    Am Montag fand in Augsburg ein Streik der Gewerkschaft ver.di im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen statt. Die Stimmung war gut, man unterhielt sich nett und bediente sich am bereit gestellten Kaffee und den Krapfen.

    Doch so gut die Stimmung auch war, so ehrlich waren die Arbeiter:innen und sprachen ganz klar aus, dass ihr Gehalt nicht ausreiche, sie nur dem nächsten Dispo-Kredit hinterher arbeiteten und Angst vor der nächsten Stromrechnung oder kaputten Waschmaschine hätten. Sie sprechen unmissverständlich aus: sie werden von der Stadt Augsburg bis an den Rand der Armut getrieben!

    Daher fordern sie eine Gehaltserhöhung von 10,5%, aber mindestens 500€ mehr Gehalt, damit auch die niedrigeren Lohngruppen von der Tarifrunde wenigstens ansatzweise profitieren können. Die Streikenden sehen dies vor allem aufgrund der Preissteigerungen im Energiesektor als gerechtfertigt.

    Die Beschäftigten sind sich einig: „Wir werden durchhalten!“. Denn der öffentliche Dienst ist nicht nur der Daseinsversorger eines schönen Augsburgs, sondern jede:r von ihnen spürt die Inflation. Während sich bisher hauptsächlich städtische Betriebe an den Streiks beteiligten, erreichen die Gewerkschaft Nachrichten aus den Betrieben des Umlands von Augsburg, dass sich diese an den Streiks beteiligen und aktiv für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen wollen.

    Wie die Stadt Augsburg neu Eingestellte ausbeutet

    Seit einigen Jahren schreibt die Stadt Augsburg Stellen aus, die in die niedrigste Tarifgruppe eingruppiert werden. Rechtens ist das allerdings nicht ganz, da ihnen eine Höhergruppierung zustehen würde. Dafür müssten die Arbeiter:innen allerdings einen Rechtsstreit mit der Stadt eingehen, der nicht nur immense Kraft kostet, sondern auch Motivation und Durchhaltevermögen, da solche Verhandlungen lange dauern.

    Die Stadt Augsburg könnte die Betroffenen zwar ausbezahlen und ihre Höhergruppierung anerkennen, rechtfertigt allerdings die niedrige Gruppierung mit genau durchdachten Tätigkeitsbeschreibungen und versucht so, die neue Entgeltordnung zu umgehen. Viele Beschäftigte gehen den Kampf gegen die Stadt trotzdem an. Genauso viele sind nach jahrelangen Verhandlungen aber erschöpft und reichen am Ende die Kündigung ein.

    Dieses Risiko nimmt die Stadt Augsburg in Kauf – sie profitiert schließlich von der Ausbeutung der Arbeiter:innen und sogar von den Kündigungen der betroffenen Beschäftigten. Durch deren Ausscheiden hat die Stadt Augsburg nämlich ein weiteres Mal die Möglichkeit, niedrig gruppierte Stellen auszuschreiben, und so geht der Teufelskreis weiter.

    Wie der Augsburger Ordnungs- und Personalreferent Frank Pintsch die Arbeiter:innen verhöhnt

    Bereits vergangene Woche verlieh ver.di Augsburg den Forderungen nach mehr Lohn am Augsburger Rathausplatz Nachdruck: Mehr als 100 Beschäftigte versammelten sich hier und übergaben dem zuständigen Personalreferenten Frank Pintsch (CSU) eine entsprechende Petition mit knapp 4.500 Unterschriften. Daraufhin entgegnete er nur, die Erhöhung müsse im „Verhältnis dazu stehen, was die Kommunen leisten können.“

    Während die Bundesrepublik Deutschland 100 Milliarden an die Bundeswehr zahlt, ist diese Aussage eine bloße Verhöhnung für die Beschäftigten. Schließlich kommt ihre Forderung nicht von ungefähr, sondern resultiert aus der existentiellen Bedrohung der Arbeiter:innen. Hinzu kommt, dass die finanzielle Lage der Beschäftigten bereits vor Pandemie und Krieg prekär war. Jedes Mal werden die Arbeiter:innen mit denselben heuchlerischen Floskeln abgespeist, da sich auch schon vor der Inflation die Kommunen eine gesicherte Existenz der Beschäftigten angeblich nicht leisten konnten.

    Der Arbeitgeberverband – der Zusammenschluss der Kapitalist:innen gegen die Arbeiter:innen

    Auch der Arbeitgeberverband behauptet: „Besonders der hohe Mindestbetrag von 500 Euro sei das falsche Signal“. Dies thematisierte eine Streikende in ihrer Rede und führte aus: „Dass das Wohl der Beschäftigten, vor allem aus den unteren Gruppierungen, als nebensächlich gilt und ihre Lebenssituation mit Füßen getreten wird, kann man mit so einer Aussage wohl deutlicher nicht ausdrücken. Es ist schon erschreckend, wie unwichtig die Rolle der Arbeitnehmer:innen in den Augen der Arbeitgeber geworden ist. Und das obwohl wir der Grund sind, weshalb der öffentliche Betrieb aufrechterhalten werden kann.“.

    Gegenüber Perspektive Online äußerte sich jemand während des Streikes klipp und klar: „Der Arbeitgeberverband hat die letzten Jahre abseits der Realität gearbeitet. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Beschäftigten Existenzängste haben und nicht mehr wissen, wie sie sich ihre Lebensunterhaltskosten leisten können. Daher muss man die Arbeitgeber in die Verantwortung dafür nehmen, dass die Situation für uns so ist, wie sie ist. Wir müssen damit aufhören, dem Wolf in das offene Maul zu gucken. Wir Beschäftigten müssen erkennen, dass die Arbeitgeber nicht unsere Freunde sind, sondern spürbar gegen uns arbeiten und niemals Interesse daran haben werden, dass es uns gut geht und wir angemessen entlohnt werden!“

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