`
Freitag, April 26, 2024
More

    Neue Eskalation im Kosovo

    Teilen

    Ausschreitungen im Nord-Kosovo nach den Kommunalwahlen spitzen den Konflikt zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo wieder zu. Serbien versetzt seine Streitkräfte in höchste Gefechtsbereitschaft, die NATO schickt 700 weitere Soldat:innen.

    Nach Protesten im Kosovo sind dutzende Nato-Soldat:innen am Dienstagmorgen in die Ortschaft Zvecan gerückt. Eine große Gruppe ethnischer Serb:innen versammelte sich vor dem Rathaus und stand den Soldat:innen aus den USA, Italien und Polen gegenüber.

    Am Sonntag war es in der Ortschaft in der Stadt Mitrovica im Norden des Kosovos zu schweren Ausschreitungen gekommen, bei denen 30 Nato-Soldat:innen und 52 Serb:innen verletzt wurden. Laut der serbischen Regierung habe ein Mitglied der ROSU (Regional Operations Support Unit der Kosovo-Polizei), die nicht zur Nato gehört, mehrere Kugeln in Richtung der sich zurückziehenden Serb:innen gefeuert und dabei einen Serben mit zwei Kugeln getroffen.

    Die Proteste von Serb:innen hatten sich nach den Kommunalwahlen entzündet. Die vor den Rathäusern positionierten Soldaten seien am Montag mit Brandsätzen angegriffen worden, teilte die sogenannte „Kosovo-Schutztruppe“ der Nato (KFOR) mit. Serbien versetzte unterdessen seine Arme in die höchste Bereitschaftsstufe und hat seine Einheiten angewiesen, näher an die Grenze zu rücken, wie Verteidigungsminister Milos Vucevic mitteilte.

    Präsident Aleksandar Vucic werde sich am Dienstag mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten, Italiens, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens treffen, teilte er in Belgrad mit. Danach werde er getrennte Treffen mit den Botschaftern Finnlands, Russlands und Chinas abhalten.

    Vorgeschichte des Protests

    Hintergrund des wieder aufgeflammten Konflikts zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo sind die Kommunalwahlen vom 23. April. Die Serb:innen, die im nördlichen Landesteil die Mehrheit der Bevölkerung stellen, hatten die Wahlen boykottiert. In der Folge gewannen selbst in mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden albanische Bürgermeisterkandidaten. Zu deren Amtsantritten am Montag versammelten sich wiederum Serb:innen zu Demonstrationen. Diese sind im Kosovo keine Neuheit.

    Der Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Diese wird jedoch weder von Serbien noch von der serbischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo anerkannt. Die von der Nato geführte KFOR soll seit 1999 auf Basis eines UN-Mandats für „Sicherheit“ in dem Land sorgen, mit ihr sind zu Zeit insgesamt 4.000 Nato Soldat:innen im Land. Am Dienstag wurde dann bekannt gegeben, dass die NATO 700 zusätzliche Soldaten in den Kosovo entsenden werde und ein weiteres Bataillon in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurde.

    Säbelrasseln zwischen Kosovo und Serbien setzt sich fort

    Internationale Reaktion

    Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten machen den Kosovo für die Eskalation der Spannungen verantwortlich und erklärten, die Anwendung von Gewalt zur Einsetzung von Bürgermeistern in serbischen Gebieten untergrabe die Bemühungen um eine Verbesserung der schwierigen Beziehungen zu Serbien.

    Washington, eigentlich der größte Unterstützer des Kosovos, beschloss, die Teilnahme des Kosovos an einer militärischen Übung abzusagen, nachdem Pristina – Hauptstadt und Regierungssitz im Kosovo – sich geweigert hatte, die Bürgermeister und seine Polizeikräfte aus dem Norden abzuziehen. Der US-Botschafter teilte mit, dass auch über andere Konsequenzen nachgedacht werde.

    Der Chef der EU-Außenpolitik, Josep Borrell, forderte die Führer des Kosovos und Serbiens auf, einen Weg zur Deeskalation der Spannungen zu finden: “Wir haben heute schon zu viel Gewalt in Europa, wir können uns keinen weiteren Konflikt leisten”, sagte Borrell in Brüssel. Offensichtlich spielte er damit auf den Ukraine-Krieg an. Russland, das seit langem enge Beziehungen zu Serbien unterhält, rief am Dienstag zu “entschiedenen Schritten” auf, um die Unruhen zu beenden. Das Außenministerium forderte “den Westen auf, seine falsche Propaganda endlich zum Schweigen zu bringen und damit aufzuhören, die Vorfälle im Kosovo den Serben anzulasten”.

    Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, erklärte am Dienstag, China unterstütze Serbiens Bestreben, seine Souveränität und territoriale Integrität zu wahren, und messe der Situation große Bedeutung bei. China lehne einseitige Maßnahmen der provisorischen Institutionen in Pristina ab und fordere sie auf, ihrer Pflicht nachzukommen und eine Autonomie der Gemeinden mit serbischer Mehrheit zu gründen, so Mao. “Wir fordern die NATO auf, die Souveränität und territoriale Integrität des betreffenden Landes wirklich zu respektieren und Dinge zu tun, die dem regionalen Frieden wirklich förderlich sind”, sagte Mao auf einer regelmäßigen Pressekonferenz in Peking.

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News