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Samstag, April 27, 2024
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    „I Have a Dream“ – 60 Jahre nach der berühmten Rede von Martin Luther King Jr.

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    Aus der weltbekannten „I Have a Dream“-Rede von Martin Luther King Jr. vom 28. August 1963 wird bis heute zitiert. Auch in deutschen Schulen wird über den Pastor und die amerikanische Bürgerrechtsbewegung gelehrt. Doch diese Darstellung wird den tatsächlichen politischen Vorstellungen von Dr. King nicht gerecht.

    Am Montag vor 60 Jahren hielt der Pastor und Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. (MLK) seine berühmte “I Have a Dream”- Rede vor dem Lincoln Memorial in Washington D.C.. Mit dieser Rede im Jahr 1963 machte er auf die fortbestehende Diskriminierung und Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung in den USA aufmerksam und forderte Freiheit und Gerechtigkeit für alle Menschen.

    Im Laufe dieser Rede, der über 250.000 Menschen beiwohnten, skizzierte Dr. King seinen Traum von einer Zukunft Amerikas, in der Segregation und Rassismus der Vergangenheit angehörten. Söhne von ehemaligen Sklaven und Söhne von ehemaligen Sklavenhaltern würden sich die Hand reichen und gleichberechtigt leben. Der Gleichheitsgrundsatz aus der US-amerikanischen Verfassung (“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal”) würde endlich zur gesellschaftlichen Realität werden. Diese Zukunftsvision verlieh dieser Rede beim “Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit” am 28. August 1963 ihren legendären Status.

    Die Errungenschaften der Protestbewegung

    Diese Rede fand im Kontext der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (englisch “Civil Rights Movement”) statt, die sich während ihrer Hochphase in den 1950er bis Ende der 1960er Jahre gegen rassistisches Unrecht – wie v.a. die gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung in den Südstaaten der USA – zur Wehr setzte.

    Als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele setzte sie den, von Martin Luther King Jr. propagierten, zivilen Ungehorsam ein. Zu den Errungenschaften dieser Bewegung zählen unter anderem der “Civil Rights Act” aus dem Jahre 1964 – ein Gesetz, das die Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen für illegal erklärte. Durch das Wirken von MLK und seinen zahlreichen Mitstreiter:innen konnte das Leben von schwarzen Menschen in den USA verbessert werden, auch wenn der Rassismus noch längst nicht überwunden ist.

    MLK’s Vermächtnis

    Martin Luther Kings inspirierende Aussagen und sein unerschrockener Aktivismus haben weltweit für Aufsehen gesorgt und seine Person in den Geschichtsbüchern verewigt. Doch die heutige Darstellung von MLK wird seiner damaligen politischen Gesinnung nicht gerecht. Er wird uns als gemäßigter Antirassist präsentiert, der sich lediglich für einen Kapitalismus ohne Rassentrennung einsetzte. Dabei kämpfte er für weitaus mehr als nur die symbolische Gleichstellung von schwarzen und weißen Menschen.

    “We must recognize that we can’t solve our problem now until there is a radical redistribution of economic and political power… this means a revolution of values and other things. We must see now that the evils of racism, economic exploitation and militarism are all tied together… you can’t really get rid of one without getting rid of the others… the whole structure of American life must be changed. America is a hypocritical nation and [we] must put [our] own house in order” , so Martin Luther King Jr. im Mai 1967.

    An diesen Aussagen ist seine Ablehnung gegenüber dem Kapitalismus ablesbar. Nun war er bedauerlicherweise kein überzeugter Marxist, hat sich aber durchaus mit den Werken von Marx und Engels auseinandergesetzt. Seine politische Ausrichtung lässt sich wohl am ehesten als Mischung aus christlichen und sozialistischen Werten beschreiben.

    Das Wirtschaftssystem, den Kapitalismus, erkannte er als Wurzel der brutalen Unterdrückung, welche die schwarzen Menschen zu seinen Lebzeiten ertragen mussten und noch bis heute ertragen müssen.
    Auch wenn sich seine konkreten Forderungen meist auf Reformen beschränkten, so hat er auch den Kapitalismus grundsätzlich hinterfragt und nach Lösungen jenseits der bestehenden Ordnung gesucht.
    In einem seiner Briefe an seine Frau Cornetta schrieb er sogar von einer Verstaatlichung der Industrie.

    Natürlich wäre dabei von besonderer Bedeutung, welchen Klassencharakter ein solcher Staat haben würde. Obwohl er dies unbeantwortet ließ, lässt sich festhalten, dass Martin Luther King Jr. radikaler war als heutzutage angenommen. Die obigen Aussagen passen einfach nicht in die liberale Weltanschauung und werden deshalb nicht mit King in Verbindung gebracht.

    Diese Seite von ihm wird unter den Teppich gekehrt, um eine harmlose Version von ihm präsentieren zu können und so den Kampf der Bürgerrechtsbewegung für die bürgerliche Geschichtsschreibung zu vereinnahmen. So kommt es, dass sich sogar Politiker:innen der Republikanischen Partei in den USA positiv auf Martin Luther King beziehen, obwohl gerade sie für all das stehen, was er bekämpfen wollte.

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