Das russische Militär testete am Mittwoch Trägerraketen für nukleare Sprengköpfe von Land, Luft und See. Die USA und die EU hatten bereits jeweils „nukleare Triaden“ durchgeführt. Kurz zuvor hatte das russische Parlament seine Ratifizierung des Verbotsvertrags gegen das Testen nuklearer Bomben zurückgezogen. Auch die USA und China haben den Vertrag nicht ratifiziert.
Am Mittwoch probte das russische Militär die sogenannte „nukleare Triade“ – den Einsatz landbasierter Raketen, Bomberflugzeuge und mit ballistischen Raketen ausgestatteter Atom-U-Boote, die im Ernstfall Nuklearwaffen transportieren würden.
Einem Statement des Kreml zufolge wurde erstens eine „Jars“-Interkontinentalrakete vom Kosmodrom Plessezk (in Russlands Westen) abgefeuert, die in Kamtschatka (dem östlichsten Teil Russlands) eingeschlagen ist. Die RS-24 „Jars“ ist eine mobile ballistische Interkontinentalrakete aus russischer Produktion, die taktische Atombomben tragen kann. Zweitens schossen Flugzeuge (des Typs Tu-95MS) Marschflugkörper, das heißt sich selbst ans Ziel steuernde Raketen, ab. Vom Barentssee aus (im europäischen Teil Russlands, nördlich von Norwegen) testete ein Atom-U-Boot zum Dritten die ballistische „Sineva“-Rakete. Der von Präsident Putin geleitete Drill war den Angaben des Kremls nach in allen drei Kampfbereichen erfolgreich.
Vertrag gegen Test von Kernwaffen womöglich obsolet
Die Raketentests erfolgten wenige Stunden nachdem der Föderationsrat des russischen Parlaments abgestimmt hatte, Russlands Ratifizierung des Kernwaffenteststopp-Vertrags zurückzuziehen. Der Vertrag verbietet das Detonieren nuklearer Bomben zu Testzwecken. Was Russland am Mittwoch getestet hatte, waren die Trägerraketen für atomare Sprengsätze.
Die USA hatten den Vertrag 1996 zwar unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert, also völkerrechtlich nicht komplett vertragsbindend angenommen. Auch China, Indien, Pakistan, Nordkorea, Israel, Iran und Ägypten ratifizierten den Vertrag noch nicht. Trotz der mangelnden Verbindlichkeit ist Nordkorea bisher das einzige Land, das seit Vertragsunterzeichnung Tests mit Nuklearexplosionen durchgeführt hat.
Der russischen Regierung zufolge ist Russland nur deshalb vom Vertrag zurückgetreten, um die Position der USA zu spiegeln. Erst wenn die USA Nukleartests einsetze, würde Russland wieder damit beginnen. Kritische Stimmen warnen davor, dass ein solcher Test, gleichgültig ob zuerst von Russland oder den USA, ein neues Wettrüsten mehrerer Länder auslösen könnte – und dies inmitten mehrerer aktiver Kriege.
USA, EU und Russland testen nukleare Szenarien
Während Russlands jüngster Test als ein Abschreckungsmanöver gegen den imperialistischen Gegenspieler USA gesehen werden kann, stellen diese ebenfalls gerne ihre nuklearen Kapazitäten zur Schau. So testeten die USA 2020 zuletzt ihre nukleare Triade an unterschiedlichen Standorten.
Die NATO wiederum schloss gestern erst ihr am 16. Oktober gestartetes Manöver „Steadfast Noon“ ab. Während zwar keine Raketen abgeschossen wurden, übten bis zu 60 Flugzeuge aus 13 Teilnehmer-Staaten, darunter auch Langstreckenbomber (Typ B-52), den nuklearen Ernstfall. NATO-General Jens Stoltenberg betonte dabei, das Manöver sei keine Reaktion auf Russlands Krieg in der Ukraine, sondern eine routinemäßige Ausbildungsmaßnahme.
Gleichzeitig ist auffällig, dass das Manöver in diesem und letzten Jahr nicht wie sonst geheim gehalten wurde, sondern Details der Presse absichtlich bekannt gemacht wurden. Stoltenberg sagte bereits vor Beginn des Manövers, Russlands Krieg in der Ukraine sei eine Erinnerung an die wichtige Rolle der Atomwaffen für die Abschreckung.