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Freitag, April 26, 2024
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    Wie arbeiten wir in zehn Jahren?

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    Wir machen in Gedanken einen Ausflug ins Jahr 2029. Natürlich gibt es unzählige Möglichkeiten, wie die Welt sich bis dahin entwickeln könnte. Als Beschäftigte interessiert uns aber vor allem, wie unsere Arbeitswelt in der Zukunft aussieht. Wir haben die Stichworte von der Digitalisierung und der „Industrie 4.0“ im Kopf, die ständig durch die Medien gehen. Welche Auswirkungen werden diese Entwicklungen auf unsere Jobs und unseren Alltag haben? – Ein Kommentar von Thomas Stark 

    Digitalisierung der Arbeitswelt

    „Wenn ein Roboter Ihren Job schneller und besser erledigen könnte als Sie, und das kostenlos, hätten Sie immer noch Arbeit?“. Diese Frage aus dem US-Bestseller „Aufstieg der Roboter“ beantwortet sich fast von selbst: Nein, ich hätte wahrscheinlich keine Arbeit! Denn kapitalistische Unternehmen werden sich im Zweifel für höhere Gewinne entscheiden und Beschäftigte gegen Maschinen austauschen. Ganz offen sagt das heute die Unternehmensberatung McKinsey. Die Firma schätzt das „Automatisierungspotential“ in der deutschen Arbeitswelt auf 48 Prozent ein. Das heißt: 20,5 Millionen Jobs würden durch Maschinen ersetzt. Besonders hohe Einsparmöglichkeiten gebe es in der Gastronomie (66 Prozent), im produzierenden Gewerbe (64 Prozent) und in der Logistik (60 Prozent). Doch auch die „Weißkragen“-Jobs der Angestellten seien immer mehr bedroht, z.B. durch Künstliche Intelligenz.

    Wachsender Niedriglohnsektor?

    Diese Zahlen mögen übertrieben sein. Doch wir können ziemlich sicher damit rechnen, dass Industriewerke bis hin zu Großraumbüros in zehn Jahren mit weniger Arbeitskräften auskommen werden als heute. Das lässt vermuten, dass vor allem die Zahl der qualifizierten, gut bezahlten Stellen abnehmen wird.

    Fragt sich also, wie Millionen von ArbeiterInnen in dieser Zukunft ihren Lebensunterhalt verdienen werden? Vielleicht, indem sich noch mehr von ihnen von befristetem Job zu Job hangeln oder mehrere Teilzeitstellen nebeneinander haben? Morgens Kinder betreuen, abends Kellnern und dann mal sehen, was nächstes Jahr passiert? Ein Blick auf die bisherige Entwicklung deutet in diese Richtung: In den vergangenen 20 Jahren hat sich etwa die Zahl der Teilzeitjobs in Deutschland bereits fast verdoppelt. 4 von 10 Beschäftigten haben heute keinen Vollzeitjob mehr.

    Alexa überall

    Ob nun in Vollzeit oder im dritten befristeten Nebenjob: Wenn wir im Jahr 2029 schließlich an unserem Arbeitsplatz sind, spricht einiges dafür, dass wir dort permanent digital überwacht werden. Schon heute hat der Online-Versandhändler Amazon elektronische Armbänder entwickelt, mit denen die Handbewegungen von MitarbeiterInnen registriert werden können. Wird eine Ware ins falsche Regal einsortiert, können die Geräte dies per Ultraschall registrieren und fangen an zu vibrieren. Der Betrieb kann so jede Bewegung der ArbeiterInnen kontrollieren und im Interesse des Unternehmens optimieren. Langsames Arbeiten und unerlaubte Pausen dürften damit aufs Äußerste erschwert werden.
    Stellen wir uns also für einen Moment vor, die ArbeiterInnen würden den Kapitalisten die Maschinen wegnehmen und sie in Eigentum der Gesellschaft verwandeln.

    Es muss nicht so kommen!

    Dieser Blick in die Zukunft war zugegebenermaßen düster. Die dargestellten Entwicklungen müssen aber nicht unbedingt eintreten! Die Technik wird heute nämlich nur deshalb zum Problem für uns, weil die Maschinen nicht der Gesellschaft gehören, sondern wenigen Kapitalisten, die sie dafür benutzen, Profit zu erwirtschaften. Das Privateigentum an Robotern und Computern ist der Grund dafür, dass diese für Jobabbau und Überwachung am Arbeitsplatz eingesetzt werden.

    Stellen wir uns also für einen weiteren Moment vor, die ArbeiterInnen würden den Kapitalisten die Maschinen wegnehmen und sie in Eigentum der Gesellschaft verwandeln. Dann könnten sie diese benutzen, um die Arbeits- und Lebensqualität für alle zu verbessern, z.B. durch eine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit. Wenn ein Roboter meinen Job schneller und besser erledigen könnte als ich, welche gesellschaftliche Kraft könnte dadurch freigesetzt werden, mag man sich fragen.

    Damit aber die düsteren Entwicklungen im Kapitalismus verhindert werden und die sozialistische Alternative im Jahr 2029 Wirklichkeit sein wird, müssen wir als Beschäftigte uns aktiv und engagiert dafür einsetzen! Der Kampftag der ArbeiterInnen am 1. Mai ist ein guter Anlass, damit zu beginnen!

    • Perspektive-Autor seit 2017. Schreibt vorwiegend über ökonomische und geopolitische Fragen. Lebt und arbeitet in Köln.

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