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Samstag, April 27, 2024
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    Nein zum Krieg, nein zur NATO, nein zum Imperialismus!

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    Den Überfall Russlands auf die Ukraine beantworten die NATO- und EU-Staaten mit einem neuen Niveau an Aggressivität. Deutschlands Regierung hat ein historisches 100-Milliarden-Euro-Aufrüstungsprogramm auf den Tisch gelegt. Die Rüstungsindustrie will in den Dauerschichtbetrieb gehen. Aus Sicht der Arbeiter:innenklasse sind sowohl Putin als auch die NATO Feinde. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, bei dem es keine gerechte Seite gibt. Die Perspektive für die Arbeiter:innen kann nur im Sturz des imperialistischen Systems liegen. – Ein Kommentar von Thomas Stark.

    Am Morgen des 24. Februar haben russische Truppen die Ukraine überfallen. Seitdem tobt in dem Land ein blutiger Krieg. Das Ziel des russischen Staates ist es erklärtermaßen, das Nachbarland zu zerstückeln und Teile davon Russland anzugliedern. Zudem soll das Pro-NATO-Regime in Kiew gestürzt und durch eine pro-russische Regierung ersetzt werden. Für die Durchsetzung dieser Ziele sind der russische Präsident Putin und seine Gefolgsleute und Generäle bereit, Städte zu bombardieren, zu belagern und auszuhungern. Sie nehmen den Tod unzähliger Zivilist:innen in Kauf und gehen bewusst das Risiko einer direkten Konfrontation mit der NATO, und damit das eines Dritten Weltkriegs ein.

    Die westlichen imperialistischen Staaten haben auf den Angriff ihrerseits mit einem neuen Niveau an Aggressivität geantwortet. Die USA, Deutschland, Großbritannien und andere NATO- und EU-Staaten planen offenkundig, Russland in der Ukraine in einen langwierigen Guerrilla-Krieg zu verwickeln. Dabei ist ihnen das Leiden der ukrainischen Bevölkerung ziemlich egal. Sie setzen auf die von Oligarchen gestützte Regierung in Kiew sowie faschistische Milizen, die sie schon seit dem Maidan-Putsch 2014 offen unterstützen. Angesichts eines sich abzeichnenden Stockens der russischen Offensive nach wenigen Tagen hat Deutschland seine anfängliche Weigerung aufgegeben und liefert den bewaffneten Kräften in der Ukraine Panzerfäuste und Luftabwehrraketen. Bundeskanzler Scholz hat zudem am 27. Februar ein 100-Milliarden-Euro-Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr verkündet, das so schnell wie möglich starten soll. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat bereits angekündigt, in den 24-Stunden-Schichtbetrieb überzugehen. Die Aktien der deutschen Rüstungsindustrie sind nach Scholz‘ Ankündigung in die Höhe geschossen. Neben der Militarisierung haben die westlichen Staaten zudem einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen Russland entfacht. Dieser wird vor allem auf dem Rücken der arbeitenden und armen Bevölkerung dort ausgetragen, wird jedoch auch hierzulande zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Angriffen auf die Arbeiter:innenklasse führen.

    Die geopolitischen Hintergründe des Ukraine-Kriegs

    Dem Krieg ging ein monatelanger internationaler Machtpoker voraus, nachdem Russland über 100.000 Invasionstruppen an die Grenze zur Ukraine mobilisiert hatte. Das Land ist seit vielen Jahren zwischen den imperialistischen Mächten umkämpft. Russland will die Kontrolle über die Ukraine, um seinen Zugang zum Schwarzen Meer zu sichern und zur führenden Macht in Osteuropa zu werden. Der amerikanische Geostratege Zbigniew Brzezinski hatte schon in den 1990er Jahren festgestellt: „Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr.“

    Russlands wichtigster innereuropäischer Konkurrent bei diesem Vorhaben ist Deutschland, das schon seit dem Kaiserreich die Führungsmacht über Osteuropa anstrebt. Nicht umsonst ist der größte Teil des deutschen Kapitals im „Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft“ organisiert und arbeitet seit Jahrzehnten unermüdlich an der wirtschaftlichen und politischen Durchdringung der Staaten östlich der Oder. Deutschland spielte eine wichtige Rolle beim Putsch gegen die frühere ukrainische Regierung im Jahr 2014. Nicht umsonst hielt sich, kurz vor Ausbruch des Krieges, der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND in Kiew auf.

    Die USA wiederum wollen ihren Einfluss auf Staaten wie die Ukraine und Polen aufrechterhalten, damit weder Deutschland noch Russland in Europa zu stark werden. Damit sichern sie ihre Rolle als Welthegemonialmacht, die heute vor allem von China infrage gestellt wird. China versucht aktuell mit seinem Multimilliardenprojekt „Neue Seidenstraße“, die Staaten des eurasischen Kontinents wirtschaftlich und politisch zu durchdringen.

    Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg

    Schon vor dem Ukraine-Krieg befanden sich die Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Mächten in Osteuropa auf dem Niveau eines dauerhaften, niedrigschwellig ausgetragenen Konflikts. Russland hatte sich 2014 als Antwort auf den Maidan-Putsch die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer einverleibt und unterstützte bewaffnete Separatisten im ukrainischen Donbass-Gebiet. Zudem gehören gegenseitige Sanktionen und Cyberangriffe seit Jahren zum Alltag der zwischenimperialistischen Auseinandersetzungen. Mit dem Überfall auf die Ukraine haben diese Auseinandersetzungen ein neues Niveau erreicht, und die Wahrscheinlichkeit für häufigere und größere offene Kriege in Europa ist dadurch deutlich angestiegen.

    Der tieferliegende Grund hierfür ist der unerbittliche Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalgruppen der beteiligten Länder, also den Industriellen und Finanzoligarchen, die in Deutschland und den USA genauso herrschen wie in Russland und der Ukraine. Die territoriale Kontrolle über Osteuropa dient ihnen dazu, die Arbeiter:innenklasse und die natürlichen Ressourcen in den betroffenen Staaten maximal auszubeuten und die Region als Sprungbrett für die Eroberung weiterer Teile Eurasiens zu nutzen. Weil die kapitalistischen Länder sich unterschiedlich schnell entwickeln, muss dieser Konkurrenz- und Gebietskampf früher oder später gesetzmäßig in einen großen Krieg um die Neuverteilung der Welt münden. Es ist daher kein Zufall, dass die Führer aller imperialistischen Staaten jetzt wieder offen vom Dritten Weltkrieg und vom atomaren Schlagabtausch sprechen. Der Ukraine-Krieg muss als Vorspiel eines solchen 3. Weltkriegs betrachtet werden, bei dem alle beteiligten imperialistischen Länder versuchen, eine möglichst gute Ausgangsposition für den Weltkrieg zu erzielen.

    Es gibt keine gerechte Seite in diesem Krieg!

    Vor diesem Hintergrund ist es offensichtlich, dass es keine gerechte Seite im Ukraine-Krieg gibt. Alle beteiligten Seiten, ob Russland, die USA oder Deutschland, die russischen Oligarchen, die hinter Putin stehen, oder die ukrainischen Oligarchen hinter Selenskij: Ihnen allen geht es darum, die eigene Macht und die eigenen kapitalistischen Maximalprofite zu sichern und auszubauen. Dafür sind alle Seiten bereit, Arbeiter:innen als Soldat:innen auf dem Schlachtfeld zu opfern, sie in den Städten mit Panzern und Raketen zu beschießen und sie für den wirtschaftlichen und militärischen Krieg bezahlen zu lassen: Nämlich mit steigenden Preisen, knappen Versorgungsgütern und wachsenden Staatsschulden, um die Profite der Rüstungskonzerne zu finanzieren. Auch Deutschland bereitet seine Bevölkerung schon auf harte Einschnitte und Opfer vor.

    Es ist deshalb wichtig, weder auf die Propaganda Russlands noch die der deutschen Medien hereinzufallen. Weder verfolgt Russland in diesem Krieg „legitime“ Sicherheitsinteressen, noch dient das Aufrüstungsprogramm der Ampel-Regierung einem anderen Zweck als der Vorbereitung Deutschlands auf neue imperialistische Verteilungskriege. Außerdem dürfen wir nicht auf die Propaganda hereinfallen, welche die in der Ukraine herrschende Clique um Selenskij oder die bewaffneten Milizen als Verteidiger:innen des ukrainischen Volkes darstellen. Selenskij ist ein Interessenvertreter der ukrainischen Oligarchen. Seine enge Geschäftsverbindung zu dem Oligarchen Ihor Kolomoiskyj wurde 2021 im Zuge der Auswertung der sogenannten „Pandora Papers“ aufgedeckt. Und die ukrainischen Milizen, die in der Presse verschämt als „Landwehren“ bezeichnet werden, werden maßgeblich von faschistischen Gruppierungen wie dem „Rechten Sektor“ getragen. Keine dieser Kräfte steht auf Seiten der ukrainischen Arbeiter:innenklasse.

    Unsere Perspektive: Sturz des imperialistischen Systems und Aufbau des Sozialismus

    Der Ukraine-Krieg hat dem imperialistischen System die Maske vom Gesicht gerissen. Der Kapitalismus bringt den Arbeiter:innen in Europa und anderswo auf lange Sicht nicht Wohlstand, Frieden und Stabilität, sondern Krieg, Elend und Tod. Das Versprechen auf ein gutes Leben in diesem System hat sich vor der gesamten Weltbevölkerung angesichts der unverhohlenen Drohungen mit dem Atomkrieg als dreiste Lüge entlarvt.

    Schon in diesem Krieg werden tausende, vielleicht zehntausende Arbeiter:innen sterben oder verwundet werden. Millionen, vielleicht Milliarden werden mit schlechteren Lebensbedingungen für ihn bezahlen. Das Ausmaß von Tod und Zerstörung, welches ein dritter imperialistischer Weltkrieg bringen wird, lässt sich nur schwer erahnen.

    Für die Arbeiter:innenklasse kann die Perspektive deshalb nicht darin liegen, einer der heuchlerischen Kriegsparteien hinterherzulaufen und auf ihre Propaganda hereinzufallen. Sie kann nur darin liegen, dass die Arbeiter:innenklasse selbst zur politischen Macht wird, den Kampf gegen die Kriegsvorbereitungen, den Militarismus und die kapitalistischen Herrscher:innen im eigenen Land aufnimmt. Sie kann nur darin liegen, dass die Arbeiter:innenklasse den Kampf aufnimmt und dieses imperialistische System stürzt. Sie muss selbst die Macht übernehmen, den Kapitalist:innen die Produktionsmittel entreißen und eine sozialistische Gesellschaft aufbauen. Nur auf diesem Weg lässt sich der imperialistische Wahnsinn stoppen.

    • Perspektive-Autor seit 2017. Schreibt vorwiegend über ökonomische und geopolitische Fragen. Lebt und arbeitet in Köln.

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