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Freitag, April 26, 2024
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    Rüstungsindustrie lahmlegen statt Warmwasser rationieren!

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    Im sächsischen Dippoldiswalde reagiert eine Wohnungsgenossenschaft auf die steigenden Gaspreise, indem das Warmwasser für die Mieter:innen rationiert wird. Betroffen sind etwa 300 Haushalte. Durch die Maßnahme sollen die Bewohner:innen auf die sich verschärfende Krise vorbereitet werden. Die Entscheidung ist ein besorgniserregendes Signal an die Arbeiter:innenklasse. – Ein Kommentar von Elena Behnke

    Seit dem ersten Juli diesen Jahres haben Mieter:innen von circa 300 Haushalten in Dippoldiswalde (Sächsische Schweiz / Osterzgebirge) nur noch zu bestimmten Zeiten Zugriff auf warmes Wasser. Der Beschluss sei laut Genossenschaftsvorsitzendem Falk Kühn-Meisegeier eine Reaktion auf die drastisch gestiegenen Energiepreise.

    Er begründet den Beschluss damit, im Sinne der Mieter:innen zu handeln, da diese vor einem Schreck bei der nächsten Nebenkostenabrechnung bewahrt werden sollen. “Es geht nicht darum, die Mieter:innen zu gängeln, sondern sich auf das einzustellen, was wir im nächsten Jahr sonst vielleicht nicht mehr bezahlen können.”, so Kühn-Meisegeier. Außerdem müsse man “jetzt für den Winter sparen.”

    Damit spielt er insbesondere darauf an, dass es sich bei den Mieter:innen der Genossenschaft größtenteils um Arbeiter:innen handelt, deren existenzielle Grundlage durch noch weiter steigende Preise bedroht sein wird oder bereits ist.

    Noch zeigen die Bewohner:innen Verständnis für diesen Eingriff. Doch auf Social-Media sowie vom Mieterschutzbund hagelt es Kritik. Denn “nach geltendem Mietrecht wird eine 24-Stunden Versorgung mit Warmwasser für eine mangelfreie Wohnung vorausgesetzt.”, so Florian Bau, Sprecher des Mieterschutz Landesverband. Danach hätten die Mieter:innen also das Recht auf Mietminderung.

    Es wird nicht bei Dippoldiswalde bleiben!

    Die Entscheidung ist zwar durch die Mitgliederversammlung der Genossenschaft legitimiert, jedoch ist sie ein Signal nach außen, das zu denken gibt. Denn Dippoldiswalde dürfte – ganz “demokratisch” legitimiert – anderen Vermieter:innen den Weg ebnen, nachzuziehen und solche Eingriffe durchzusetzen. Es ist ein Signal an uns alle, dass wir es sind, die durch Sparsamkeit und Einbußen die Krise abfedern müssen, am besten freiwillig.

    Jens Kerstan (Grüne) beispielsweise hatte schon vor einigen Tagen öffentlich darüber nachgedacht, ob nicht nötigenfalls das Warmwasser in ganz Hamburg rationiert werden könnte, statt einer Genossenschaftsversammlung würde dann eben die Stadt entscheiden, wer wann ein Recht auf warmes Wasser hat.

    Auch die flächendeckende Absenkung der Raumtemperatur im Fernwärmenetz brachte er erneut ins Spiel. Diese war zuvor schon von anderen prominenten Politiker:innen und Unternehmensvertretern wie dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen ins Spiel gebracht worden.

    Bereits Anfang Juni startete Robert Habeck (Die Grüne) eine Kampagne, in der Konsument:innen zum Energiesparen aufgefordert werden. “Wenn das viele machen, bringt das in der Summe wirklich was”, meint Habeck. Weiter behauptet er, dass Deutschland dadurch “unabhängiger von russischen Importen wird.”

    “Wärmedeckel”: Frierende Mieter:innen im Winter? – Habeck, Lobbyisten und Städtebund offen dafür

    Kalt duschen für den Frieden?!

    Schaut man sich nun die Entscheidung in Dippoldiswalde an, scheint die Propaganda der individuellen Verantwortung jedes:jeder Einzelnen zumindest teilweise Wirkung zu zeigen. Jedoch ist laut einer repräsentativen Umfrage das Motiv fürs Energiesparen beim Großteil nicht Putin und sein Krieg, sondern schlichtweg der Fakt, dass der Geldbeutel eine:n dazu zwingt.

    Dennoch gibt es einen beachtlichen Teil auch innerhalb der Arbeiter:innenklasse, der derzeit in den Aberglauben verfällt, jede:r Einzelne hätte es in der Hand, durch Sparsamkeit den Krieg, die Umweltzerstörung und die Krise zu stoppen.

    Ihnen muss gesagt sein: Würden wir stattdessen die Produktion von Kriegsgerät lahmlegen, mit dem Deutschland wieder fähig werden will, große Kriege zu führen, würde mit Sicherheit effektiver Energie gespart als durch den Verzicht auf eine warme Dusche. Deshalb müssen wir uns als Klasse wehren, auch bei den kleinsten Angriffen auf die von uns erkämpften Lebensstandards.

    • Seit 2022 Perspektive-Autorin, Kinderkrankenschwester aus Sachsen, schreibt Artikel und Kommentare über Soziale Kämpfe und Militarisierung. Liest am liebsten politische Romane.

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