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Dienstag, März 19, 2024
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    80 Jahre Sieg der Roten Armee in Stalingrad

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    Am 02. Februar 1943 kapitulierte die faschistische Wehrmacht bedingungslos vor der sowjetischen Metropole Stalingrad. Hierbei handelte es sich um einen historischen Wendepunkt im Krieg gegen den Hitler-Faschismus, der den Weg für die Befreiung Deutschlands vor allem auch durch die Rote Armee ermöglichte. Zum 80. Jahrestag dieses Siegs lohnt es sich über die Lehren nachzudenken, die wir für heute daraus ziehen können. – Ein Kommentar von Phillipp Nazarenko

    Die kriegsentscheidende Niederlage des faschistischen Ostfeldzugs bei Stalingrad, ist zweifelsohne eine blutig erkaufte Sternstunde für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten weltweit. Eine Tatsache, die ihrer Zeit weit bis in die kapitalistischen Kernländer wie die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich vorgedrungen war und sogar von den verbissen antikommunistischen Regierungen dieser Länder akzeptiert wurde.

    So ehrte der US-amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt die Stadt und ihre Verteidiger:innen mit einer Ehrenurkunde. Doch auch schon damals freute der antifaschistische Sieg nicht jede/n. Lange Zeit, insbesondere unter dem erzkonservativen Bundeskanzler Konrad Adenauer, wurde nicht etwa von einer Befreiung vom Faschismus gesprochen. Nein, wenn die ansonsten so erfolgreich totgeschwiegenen Ereignisse von vor 1945 erwähnt wurden, dann doch meist als Niederlage.

    Offiziell hat seitdem ein Umdenken im deutschen Staat und seinen tragenden Parteien stattgefunden. Doch nur bedingt zum Besseren, will man meinen: Die staatstragende Erinnerungskultur an den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg in der BRD ist politisch zutiefst verzerrt und wird ganz im Sinne der Herrschenden im heutigen Deutschland ausgelegt. Kein Wunder, haben doch einige der reichsten Familien des heutigen Deutschlands ihr Vermögen während des Hitler-Faschismus gemacht.

    Schnell wird vergessen, dass Bundeswehr, Verfassungsschutz, aber auch CDU/CSU und FDP von führenden Vertreter:innen des Naziregimes aufgebaut wurden. Doch ist das heutzutage denn überhaupt noch relevant? Schließlich sind die Täter:innen von damals mehrheitlich tot und der Faschismus in Deutschland eine Randerscheinung, oder etwa nicht?

    Warum uns der Sieg bei Stalingrad noch heute Mut zum Kampf gibt

    Nein, Deutschland ist heutzutage kein faschistisches Land. Selbst wenn es personelles, politisches und ideologisches Erbe aus der Hitlerzeit gibt – der Faschismus hatte damals nochmal eine weitaus schlimmere Qualität für die Massen und die Arbeiter:innen in Deutschland. Doch auch heute lebt die faschistische Bewegung in Deutschland weiter. Und mit einer parlamentarischen Partei von der Größe einer AfD, aber auch unzähligen Banden, Kampfsportgruppen und faschistischen Kaderparteien (NPD, NSP, III. Weg, die Rechte, etc.) und Organisationen – inklusive solcher Terrororganisationen wie dem NSU (2.0) oder der historischen Wehrsportgruppe Hoffmann – ist man weit davon entfernt, vom Faschismus als gesellschaftlicher Randerscheinung sprechen zu können.

    Doch auch von „unerwarteter“ Stelle wird heutzutage für ein „alternatives“ Verständnis des Zweiten Weltkriegs plädiert. Selbst von vermeintlich demokratischer und progressiver Seite erklangen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Töne, die man sonst nur von Rechtsaußen gewohnt war. So wird der Hitler-Faschismus – samt Holocaust und Zweitem Weltkrieg –  eine bloße Reaktion auf den Bolschewismus, auf Lenin, Stalin und die Sowjetunion. – Eine Verdrehung der Geschichte von historischem Ausmaß.

    Die Opfer-Täter-Umkehr ist europaweit aber schon lange wieder im Trend. Ob Stepan Bandera, führender Nazi-Kollaborateur und verantwortlich für hunderttausende Ermordungen von Pol:innen, Jüd:innen und Kommunist:innen oder andere SS-Freiwillige in den baltischen Staaten. – Dort, wo der Kommunismus/Sozialismus, trotz aller Fehler und Probleme, nicht als das verstanden wird, was er historisch war – nämlich nicht als Ebenbild von, sondern als Antithese zum Faschismus, dort ist die teils schleichende, teils offene Rehabilitierung des Faschismus vorprogrammiert.

    • Sächsischer Perspektiveautor seit 2022 mit slawisch-jüdischem Migrationshintergrund. Geopolitik, deutsche Geschichte und der palästinensische Befreiungskampf Schwerpunkte, der Mops das Lieblingstier.

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