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Sonntag, April 28, 2024
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    Ausschluss von trans Frauen aus dem Profisport

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    Mehrere Sportverbände haben den vollständigen Ausschluss von trans Frauen aus dem Profisport beschlossen – obwohl tatsächliche Vorteile nicht belegbar sind. Bei der Diskussion um gerechten Leistungssport sollten wir stattdessen bei sozialen Unterschieden ansetzen. – Ein Kommentar von Gillian Norman

    Am vergangenen Freitag teilte der Weltradsportverband UCI mit, dass trans Frauen, die erst nach der Pubertät eine Transition vollzogen haben, zukünftig von Sportwettbewerben ausgeschlossen sind. Auch der Leichtathletikverband hatte dies vor wenigen Monaten beschlossen. In vielen anderen Sportarten gelten erst einmal weiter die strengen Regeln bezüglich der Testosteron Grenzwerte, die im letzten Sommer nochmals weiter gesenkt wurden, und bereits einen faktischen Ausschluss von trans Frauen bedeuteten.

    Sportverbände beschließen weitgehenden Ausschluss für trans Frauen von Wettbewerben

    Auch intergeschlechtliche Frauen mit einer sogenannten DSD (Differences of Sexual Development), wie beispielsweise die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya, unterliegen diesen Regelungen. Hohe Testosteronwerte sollen ihnen einen Vorteil bringen – doch Studien unterHobby-Sportler:innen zeigen, dass nach einem Jahr Hormoneinnahme bis auf einzelne Ausnahmen die Unterschiede vollständig verschwinden. Großflächige Untersuchungen unter Leistungssportler:innen gibt es allerdings keine.

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte vergangene Woche, dass Sportgerichte gegen die Rechte von Semenya verstoßen haben. Es gäbe nur unzureichende Belege, dass sie einen tatsächlichen Vorteil hätte und gleichzeitig die Hormonbehandlungen erhebliche Nebenwirkungen haben. All das sei nicht ausreichend abgewogen worden.

    Geschlecht ist nicht binär

    Auch über die US-amerikanische Schwimmerin und mehrfache Olympiasiegerin Katie Ledecky geistern im Internet Spekulationen umher, ob sie eine trans Frau sei und deshalb einen Vorteil hätte. Die Grundlage dafür ist aber nicht mehr, als dass sie nicht „feminin“ genug aussieht. In Deutschland soll genau diese hypothetische Beurteilung aber auch für Schwimmbad- und Saunabetreiber:innen möglich sein.

    Im Herbst soll nach langer Verzögerung das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet werden, welches im Gegensatz zum sogenannten „Transsexuellengesetz“ die Möglichkeiten erleichtern soll, den Eintrag des eigenen Geschlechts zu ändern. Kleine Fortschritte wird dieses Gesetz zwar bringen, doch gleichzeitig soll die Diskriminierung weitergehen.

    So sagte der FDP-Minister Marco Buschmann: „Die Betreiberin einer Frauensauna soll auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines Menschen an“.

    Es wird also versucht, Menschen weiterhin in bestimmte Rollenbilder zu drängen, um das binäre Geschlechtersystem aufrechtzuerhalten und dafür wird allzu oft entweder die „Sicherheit“ von Frauen oder eben die „Fairness“ im Sport als Vorwand genommen. Doch sowohl unter trans Frauen, als auch unter cis Frauen gibt es große Unterschiede im Körperbau, Hormonhaushalt und damit auch ihrer Leistungsfähigkeit.

    Gibt es überhaupt gerechten Leistungssport?

    Für viele Länder stellt der Leistungssport ein wichtiges Aushängeschild dar. Bei Olympischen Spielen wird darum gekämpft, welches Land die meisten Medaillen gewinnt. Unfaire Methoden wie verschiedenste Arten des Dopings stehen dabei an der Tagesordnung, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken, sowie die finanziellen Risiken beim Auffliegen, werden getrost ignoriert, um sich zu bereichern.

    Aber nicht nur dort in diesem Aspekt gibt es unfaire Bedingungen. Die riesigen sozialen Unterschiede in unserer Gesellschaft führen dazu, dass Jugendliche sehr ungleiche Möglichkeiten haben, überhaupt eine Leistungssportkarriere zu starten. Eine alleinerziehende Mutter hat weder die Zeit eines ihrer Kinder täglich zum Training zu bringen, noch das Geld, um das oft teure Trainingsmaterial zu kaufen.

    Von Gerechtigkeit im Leistungssport kann also sowieso keine Rede sein. Dass sich aber die ganze Debatte darüber nur an der Existenz von trans Frauen aufhängt ist kein Zufall. Überall auf der Welt finden gerade Hetzkampagnen gegen trans Frauen statt, denn die Aufrechterhaltung des binären Geschlechtersystems inklusive der traditionellen Rollenbilder, die beispielsweise mit der unbezahlten Care-Arbeit verbunden sind, ist besonders in Krisenzeiten unerlässlich für dieses System.

    Kampf gegen Transfeindlichkeit muss Kampf dem Kapitalismus bedeuten

    • Schreibt seit 2022 für Perspektive und ist seit Ende 2023 Teil der Redaktion. Studiert Grundschullehramt in Baden-Württemberg und geht früh morgens gerne eine Runde laufen.

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