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Sonntag, April 28, 2024
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    Frankreich: Polizei greift Jugendlichen rassistisch an – Polizisten streiken gegen Ermittlungen

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    Nach dem rassistischen Polizeimord am 17-jährigen Nahel kam es immer wieder zu Unruhen im Land. Bei diesen Unruhen ging die Polizei mit äußerster Brutalität vor. Nun wird gegen vier Beamte aus Marseille ermittelt. Die Polizeigewerkschaft verurteilt das und ruft zum partiellen Streik auf.

    Das Video der Ermordung des 17-jährigen Nahel ging um die Welt. Zwei Polizisten hielten ihn an und bedrohten ihn mit einer Maschinenpistole. „Du bekommst eine Kugel in den Kopf“ soll der eine Beamte zu dem Jugendlichen gesagt haben. Kurze Zeit darauf feuert einer von ihnen mehrere Kugeln ab und tötet den jungen Migranten.

    Auf diesen rassistischen Polizeimord folgten Tage der Aufstände und Unruhen im ganzen Land, worauf der französische Staat mit exzessiver Gewalt antwortete. In Marseille wird nun gegen vier Beamte ermittelt, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag, dem 1./ 2. Juli konkret einen 21-jährigen Mann schwer misshandelt haben sollen.

    Das Opfer namens Hedi war abends mit einem Kollegen unterwegs, um etwas trinken zu gehen. Sie wurden wie aus dem Nichts von einer Polizeitruppe der BAC („Brigades Anti-Criminalité“) attackiert. Diese Such- und Eingreifbrigaden werden in Frankreich auch als „Anti-Gang-Brigaden“ bezeichnet, da sie gegen organisierte Kriminalität ermitteln, aber auch oft zur Aufstandsbekämpfung hinzugezogen werden. Über seinen Anwalt ließ Hedi seine Erfahrungen dieser Nacht veröffentlichen.

    Szenen hemmungsloser Gewalt

    Der junge Mann „bekam Schläge, Tritte, einen gebrochenen Kiefer und ein linkes Auge, das nicht mehr sehen kann“, so der Anwalt. „Sie ließen ihn bewusstlos am Boden liegen [nachdem er] einen Blendgranatenschuss in den Kopf“ erhalten hatte. Er erlitt ein Kopftrauma und lag kurze Zeit darauf im Krankenhaus im Koma, ist nun aber außer Lebensgefahr.

    Sein Kollege, Lilian, begleitete ihn in dieser Nacht. Nachdem auch er von der Eingreiftruppe mit Schlagstöcken schwer verletzt worden war, gelang es ihm, rennend davonzukommen.

    Reaktionäre halten zusammen

    Polizeibeamt:innen organisierten aus Protest gegen die Ermittlungen am Donnerstagabend eine Kundgebung zur Unterstützung ihrer Kollegen. Einige Beamt:innen taten ihren Unmut kund, indem sie sich für das Wochenende vom 21.07 – 23.07 krankschreiben ließen. Laut france24 soll es in Marseille hunderte solcher Krankmeldungen gegeben haben.

    Andere reduzierten ihre Dienstpflicht auf eine Form des Mindestdienstes: So forderte die Gewerkschaft Unité SGP Police am Freitag, 21. Juli, in einer Pressemitteilung „alle Polizeibeamten im Staatsgebiet auf, sich jetzt in 562 zu begeben“. Dieser Code beschreibt diese Form des Mindestdienstes. Denn in Frankreich sind Polizist:innen nicht streikberechtigt, weswegen sie ihren Protest durch einen solchen Mindestdienst zum Ausdruck bringen wollen. Dabei geben sie an, nur noch auf schwere Kriminalität zu reagieren und nur zur Hilfe zu kommen, wenn es körperliche Angriffe oder ähnliches gibt. Die Gewerkschaft möchte diesen Protest „auf unbestimmte Zeit“ aufrechterhalten .

    Dieser Unmut der Polizeibeamt:innen entlädt sich, nachdem sie bisher ungezügelt gegen die protestierenden jungen Erwachsenen und Migrant:innen, aber auch gegen die Gelbwesten-Bewegung vorgehen konnten. Der Chef der französischen Nationalpolizei, Frédéric Veaux, begründete die Reaktion am Montag in einem Interview: „Generell bin ich der Meinung, dass ein Polizist vor einem möglichen Prozess nicht im Gefängnis sein sollte, auch wenn er bei seiner Arbeit schwerwiegende Fehler begangen hat“.

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