Am Mittwoch den 26.07. ist die bekannte irische Sängerin Sinéad O’Connor gestorben. Wenn Prominente sterben, wird ihnen und ihrem Privatleben viel Platz in der Presse eingeräumt. Politische Dimensionen werden dabei oft ausgeblendet und tauchen, wenn überhaupt, nur als Randbemerkungen auf. Im Gedenken an eine Stimme des irischen Freiheitsstrebens. Ein Kommentar von Ali Najjar.
Die heutige Republik Irland ist aus einem langanhaltenden antikolonialen Kampf gegen das Vereinigte Königreich entstanden. Irland wird oft treffend als Großbritanniens erste Kolonie bezeichnet; schon seit dem 16 Jh. wurden hier siedlerkoloniale Bestrebungen umgesetzt, bei denen insbesondere protestantische Siedler zur Verdrängung der mehrheitlich katholischen Ir:innen eingesetzt wurden.
Noch heute betrachten viele revolutionäre Republikaner:innen den nationalen Befreiungskampf als nicht abgeschlossen, da die sechs Provinzen („Counties“) im Norden der Insel noch immer als „Nordirland“ Teil des Vereinigten Königreichs sind. Der aktuelle Status Quo ist das Produkt verschiedener Abkommen zur Befriedung des Konflikts um Nordirland, im Zuge derer weite Teile der republikanischen Bewegung von ihrer Forderung nach einem befreiten und vereinigten Irland abrückten.
25 Jahre Karfreitagsabkommen – Wie steht es um den irischen Befreiungskampf?
Sinéad O’Connor gehörte zu einer der wenigen kommerziell erfolgreichen Künstler:innen in Irland, die auch noch in Hochphasen der Kämpfe in den 1980ern die Forderung nach der Befreiung des besetzten Nordens erhob. Dies machten sie zum Beispiel deutlich, als sie 1989 bei einer Demonstration in Dublin vor der britischen Botschaft auftrat.
https://www.instagram.com/p/CvMrxxWorHN/?igshid=MzRlODBiNWFlZA==
Sinéad hat bei zahlreichen Gelegenheiten auch patriarchale Gewalt und sexuellen Missbrauch angeprangert. Dabei sprach sie diese Probleme auch da offen an, wo sie in Institutionen wie der katholischen Kirche oder Teilen der irisch-republikanischen Bewegung grasierten. Damit machte sich die Sängerin auch durchaus unbeliebt bei den irischen Eliten. Besonders aufsehenerregend war ein Auftritt in einer Talkshow 1992, bei dem sie ein Porträt des damaligen Papstes als Zeichen des Protests gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche zerriss.
In späteren Interviews aus den letzten Jahren sprach Sinéad O’Connor darüber, dass sie sich mehr als Protestsängerin statt als Popstar verstanden hat. Nach diesem Prinzip hat sie zu Lebzeiten mehrmals gehandelt.