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Sonntag, April 28, 2024
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    Handelsunternehmen wollen Beschäftigte mit faulem Kompromiss abspeisen!

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    Seit mehreren Monaten streiten die Beschäftigten im Handel mit den Unternehmen des Einzel- und Großhandels um höhere Löhne. Jetzt sollen sie mit 5,3 Prozent Lohnerhöhung ruhiggestellt werden. – Ein Kommentar von Alex Lehmann

    Seit bereits mehreren Monaten und schon 50 Verhandlungsrunden dauert nun die Tarifrunde im Handel an. Die Gewerkschaft ver.di fordert unter anderem 2,50 Euro mehr Lohn pro Stunde, 250 Euro mehr Ausbildungsvergütung, die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge und eine Laufzeit von 12 Monaten.

    Am Wochenende hat der “Handelsverband Deutschland” (HDE) nun die Empfehlung herausgegeben, eine „freiwillig anrechenbare Vorweganhebung“ der Löhne und Gehälter in Höhe von 5,3% vorzunehmen. Bis jetzt ist dieser Empfehlung nur die “REWE Group” gefolgt, zu der unter anderem die Unternehmen REWE, Penny und toom Baumarkt gehören.

    Was der HDE, der größte deutsche Lobbyverband für Einzelhandelsunternehmen, damit erreichen will, liegt auf der Hand: Die Arbeiter:innen sollen sich mit den 5,3% zufrieden geben und wieder an die Arbeit gehen. Zuvor hatten Teile des HDE erfolglos versucht, den Streik als rechtswidrig zu deklarieren und so den Willen der Arbeiter:innen zu brechen.

    Aber auch die einzelnen Unternehmen ergreifen Maßnahmen, um ihre Beschäftigten vom Streikbruch zu überzeugen. In verschiedenen IKEA-Filialen gibt es beispielsweise kostenloses Essen und Getränke für diejenigen Kolleg:innen, die den Streik brechen.

    Reallohnverlust an jeder Ecke

    Ver.di sieht das freiwillige Einlenken des HDE als Beweis der eigenen Stärke. 5,3 Prozent „mehr“ würden faktisch aber einen Reallohnverlust bedeuten. Das heißt: Die Zahl in der Lohnabrechnung wird zwar größer, aber wegen Inflation, Preiserhöhungen, steigenden Mieten und höheren Steuern kann man sich dennoch weniger von dem Geld kaufen.

    Natürlich haben die Gewerkschaftsfunktionäre recht, wenn sie bei diesem „Angebot“ von Reallohnverlust sprechen. Aber ihre eigenen Forderungen sind kaum besser! Auch mit ihren geforderten 2,50 Euro mehr pro Stunde lassen sich die explodierenden Preise für Strom, Gas und Lebensmittel nicht ausgleichen.

    Wilder Streik in Gräfenhausen geht weiter – LKW-Fahrer:innen im Hungerstreik

    Und selbst die Durchsetzung des Reallohnverlusts scheint die Gewerkschaft nicht sehr zu interessieren. Sie führt den Streik regional, es gibt also keine miteinander abgesprochenen bundesweiten Streiks, sondern immer wieder einzelne regional begrenzte Aktionen. An einem Wochenende streiken die Arbeiter:innen in NRW, am nächsten die in Berlin-Brandenburg, dann die in Hessen und so weiter.

    Anstatt die Arbeiter:innen aus den verschiedenen Unternehmen vereint und gleichzeitig zum Schlag gegen die Bosse und gegen den Reallohnverlust zu führen, lenkt ver.di die Wut lieber in viele kleine und regionale Streiks. Diese verlaufen langsam im Sande, die wenigsten bekommen etwas davon mit, und die Forderungen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Vorgehen, das man bei ver.di und dem DGB häufig beobachten kann.

    Gegen den Trend

    Es gibt aber auch Entwicklungen, die diesem Trend entgegenstehen. In Gräfenhausen bei Frankfurt zum Beispiel streiken dutzende LKW-Fahrer, weil ihnen seit Monaten kein Lohn gezahlt wird. Einige von ihnen sind sogar in den Hungerstreik getreten. Diese Kollegen werden von keiner Gewerkschaft vertreten und lassen sich vom engen deutschen Streikrecht nicht einengen.

    In den letzten Jahren haben sich auch Organisationen gegründet, die den trägen Gewerkschaften eine kämpferische Perspektive entgegenstellen. Zu dieser positiven Entwicklung kann man zum Beispiel die Organisation “Betriebskampf” zählen.

    An Kämpfen wie denen der Kolleg:innen in Gräfenhausen müssen wir uns ein Beispiel nehmen und konsequent für unsere Interessen kämpfen – ohne faule Kompromisse.

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