Auf der größten Insel Deutschlands fanden am vergangenen Wochenende zahlreiche Protestaktionen gegen das geplante Flüssiggas-Terminal im Hafen von Mukran statt. Der deutsche Konzern „Regas“ möchte dort noch im kommenden Frühjahr die geplante LNG-Anlage in Betrieb nehmen. – Ein Kommentar von Arthur Jorn.
Im Juli diesen Jahres wurde das „LNG- Beschleunigungsgesetz“ von der Bundesregierung verabschiedet, in dem festgelegt wurde, an 5 Standorten insgesamt 8 schwimmende und 3 feste LNG- Terminals anzulegen. Der Entwurf entfachte erneut Proteste, und es kamen von vielen Seiten wieder Zweifel über die Notwendigkeit dieser klimaschädlichen Bauvorhaben auf. Doch durch die sich zuspitzende Energiekrise schien für die Regierung der Zeitpunkt gekommen zu sein, um unökologische Lösungsansätze und Konzerninteressen ein weiteres Mal über den Natur- und Umweltschutz zu stellen.
Was ist LNG und wie gefährlich ist es für die Umwelt?
„LNG“ (Liquefied Natural Gas) ist die Bezeichnung für fossiles Flüssig-Erdgas. Im Abbauprozess wird das Erdgas auf etwa minus 160 Grad heruntergekühlt. Dadurch wird es flüssig. Das Volumen des fossilen Erdgases verringert sich durch diesen Vorgang enorm (ca. um das 600-fache), wodurch es extrem effizient in die ganze Welt exportiert werden kann.
In den sogenannten LNG-Terminals wird das flüssige Erdgas nach der Ankunft wieder in den gasförmigen Zustand zurückversetzt und von dort aus durch Pipelines zu wichtigen Knotenpunkten der Gasversorgung weitergeleitet. Im Fall des geplanten Terminals in Mukran soll dafür eine Pipeline nach Lubmin gebaut werden, wo es bereits einen solchen „Knotenpunkt“ gibt.
Zu den größten LNG- Exporteuren gehörten im Jahr 2022 Katar, Australien und die USA. Besonders die letzten beiden Staaten nutzen zur LNG-Gewinnung Fracking-Methoden, welche die Klimabilanz noch verheerender machen. Denn dabei wird das Gas durch hohen Druck aus besonders tiefen Gesteinsschichten gewonnen, wodurch eine Vielzahl von krebserregenden Stoffen in das Grundwasser gelangen kann, von geologischen Schäden noch ganz abgesehen. Dadurch ist LNG sogar noch klimaschädlicher als herkömmliches Erdgas, das durch seinen hohen Methan-Gehalt bereits enorm zur Erderwärmung beiträgt.
Von der Bundesregierung und manchen Gas-Unternehmen wird LNG häufig als sogenannte „Brückentechnologie” vermarktet. Die Gasversorgung könne so „diversifiziert“ werden, bevor man gänzlich auf erneuerbare Energien ausweichen könne. Studien, die derartige Behauptungen stützen könnten, gibt es aktuell nicht. Vielmehr würden aktiv „Anreize geschaffen, langfristig an fossilem Gas festzuhalten“, so die Naturschutz-NGO Greenpeace.
Proteste von „Ende Gelände“ gegen das geplante LNG-Terminal auf Rügen
Um diesen fragwürdigen Entwicklungen entschlossenen Protest entgegenzusetzen, organisierte „Ende Gelände“, die bereits seit Jahren im Rahmen von zivilem Ungehorsam gegen besonders klimaschädliche Konzerne mobilisieren, mehrere Aktionen auf der Ostseeinsel.
In mehreren Camps fanden über einige Tage hinweg Workshops und Plenumsveranstaltungen statt. Ein Fokus lag dabei auf der globalen Organisierung gegen den „fossilen Kapitalismus“, gegen den sich aktuell – nicht nur auf Rügen, sondern auch weltweit – massiver Widerstand regt. Abschließend fand eine Großdemonstration statt, bei der ca. 700 Aktivist:innen und Einwohner:innen gemeinsam ihre Wut auf die Straße brachten.
Im Verlauf der Demo konnten sich mehrere abzweigende “ Finger“ absetzen, um unter anderem ein Pipeline-Lager zu blockieren. Im Zuge dieser Aktionen machten die anwesenden Polizeikräfte wieder einmal deutlich, wie eifrig sie Konzerninteressen verteidigen, indem sie größere Personengruppen mit Pfefferspray und Schlagstöcken angriffen. Auch der Zugang zu Nahrungsmitteln wurde den couragierten Aktivist:innen verwehrt, die es teilweise über mehrere Stunden schafften, wichtige Teile der fossilen Infrastruktur zu blockieren.
Ist die kurzfristige Gasversorgung durch LNG-Importe notwendig?
Laut einer Studie des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ DIW sind, auch nachdem die Erdgaslieferungen aus Russland eingestellt wurden, keine Engpässe aufgetreten. Dies lag vorrangig daran, dass schnell andere Bezugsquellen gefunden wurden und die Nachfrage stark zurückgegangen war. Die jetzigen Vorhaben der Bundesregierung und der Gaskonzerne sind somit extrem überdimensioniert und klimapolitisch absolut sinnlos, gar kontraproduktiv.
Die Investitionen in fossiles Erdgas könnten für die Großkonzerne dennoch profitabel sein. Besonders die großen US-amerikanischen Gasunternehmen streichen seit dem aufkommenden LNG-Boom Rekordgewinne ein. Milliardeninvestitionen in den Erdgas-Abbau sollen diese hohen Erträge weiterhin aufrecht erhalten. Global betrachtet bedeutet der LNG-Aufstieg somit einen neuen Teufelskreis, der unter dem Vorwand einer angeblich nur zwischenzeitlichen „Brückentechnologie“ vermutlich keinen wirklichen Klimaschutz bringen wird, hingegen den Großkonzernen weiterhin Rekordgewinne verspricht.