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Samstag, April 27, 2024
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    Deutsches Unternehmen unterdrückt Arbeitskampf in Sri Lanka

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    Seit mehreren Jahren kämpfen Arbeiter:innen der “Lanka Leather Fashion” in Sri Lanka für ihre Rechte. Vor allem in den Freihandelszonen des Landes herrschen schlechte Arbeitsbedingungen.

    Ein kostenloses Essen am Tag – das war die Hauptforderung der Arbeiter:innen der Lanka Leather Fashion bei einem Protest im Dezember 2020. Obwohl den Arbeiter:innen diese kostenlose Mahlzeit laut Gesetz zusteht, hält sich das Unternehmen bis heute nicht an die Vorgabe. Um ihre Forderung trotzdem durchzusetzen, schlossen sie sich in der Gewerkschaft “Free Trade Zone & General Services Employees Union” (FTZ&GSE) zusammen.

    Seitdem agiert  die Unternehmensspitze von Lanka Leather Fashion mit unverhohlener Repression: Um die Gründung einer Gewerkschaftsgruppe auf Betriebsebene zu verhindern, setzte sie kurzerhand selbst einen Betriebsrat ein. Darüber hinaus wurde im März 2021 der Hauptorganisator der Gewerkschaft dazu gezwungen, seinen Rücktritt einzureichen. Auch weitere Aktivist:innen wurden ohne Vorankündigung und Disziplinarverfahren entlassen oder unter Vorwänden suspendiert.

    Gesenkte Zölle und beschnittene Arbeiter:innenrechte in den Freihandelszonen

    Lanka Leather Fashion ist ein Betrieb in deutschem Besitz. Das Unternehmen produziert unter anderem Lederhosen für den Fashion-Giganten “Hugo Boss”. Dass ausländische Modelabels in Sri Lanka produzieren lassen, ist keine Seltenheit. Der Ausbau der Textilindustrie und der Export von Textilwaren gehören seit Jahrzehnten zu den Hauptwirtschaftszweigen der ehemaligen britischen Kolonie Sri Lanka, dem früheren Ceylon.

    Als Teil dieser sogenannten Wachstumsstrategie wurden landesweit mehrere Freihandelszonen eingerichtet. Das sind Gebiete, in denen Zölle und Mengenbeschränkungen stark reduziert oder ganz aufgehoben sind und Kapitalinvestitionen aus dem Ausland ohne große Hindernisse möglich gemacht werden sollen. So befindet sich auch Lanka Leather Fashion in einer derartigen Zone namens “Katunayake Free Trade Zone” nahe der Hauptstadt Colombo.

    In den Freihandelszonen arbeiten oft Migrant:innen aus anderen Teilen des Landes. Sie wohnen in Kasernen in unmittelbarer Nähe der Betriebe, oft teilen sich 2 bis 5 Arbeiter:innen ein Zimmer. Die Mehrheit der Arbeiter:innen in den Freihandelszonen sind junge Frauen, die aus ländlichen Regionen kommen und auf eine gute Bezahlung hoffen. Tatsächlich sind die Löhne jedoch niedrig und Arbeiter:innenrechte werden systematisch ausgehöhlt.

    Der sri-lankische Staat steht dabei fest an der Seite der ausländischen Investor:innen. Die Behörden haben in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie die Interessen der ausländischen Konzerne über die Interessen der eigenen Bevölkerung stellen – Arbeiter:innenproteste in den Free Trade Zones wurden zum Teil gewaltvoll niedergeschlagen.

    Im Mai 2011 legte beispielsweise die gesamte Belegschaft der Freihandelszone Katunayake inmitten einer Debatte über die Renten spontan die Arbeit nieder. Die Polizei griff die Streikenden an und schoss mit scharfer Munition auf unbewaffnete Arbeiter:innen. Dabei wurde ein Arbeiter getötet. Im Jahr 2022 wurde während der Protestwellen in Sri Lanka gar Militär in den Freihandelszonen stationiert.

    Lösen die Gewerkschaften die Probleme?

    Die Arbeiter:innen der Lanka Leather Fashion erhoffen sich Unterstützung durch die Gewerkschaft. Tatsächlich stehen jedoch sowohl die FTZ&GSE als auch andere Gewerkschaften in der Kritik, mit den Unternehmen und dem Staat zusammenzuarbeiten und Arbeiter:innenproteste zu entschärfen.

    Im Sommer mobilisierten zwar einige große Gewerkschaften, darunter auch die FTZ&GSE, zu Demonstrationen in der Hauptstadt Colombo gegen geplante Änderungen des Arbeitsrechts. Doch während bei den großen Protesten im Jahr 2022 noch im ganzen Land die Arbeiter:innen für einen politischen Umsturz auf die Straße gingen, scheinen die jetzigen Forderungen der Gewerkschaften bei bloßen Reformen stehen zu bleiben.

    Tatsächlich erklären sri-lankische Gewerkschafter:innen in Sri Lanka immer wieder das deutsche Modell mit Betriebsräten, in denen Gewerkschaftsfunktionäre mit Vertreter:innen der Konzerne zusammenarbeiten, als Vorzeigemodell. Anton Marcus, der Co-Sekretär der FTZ&GSE, forderte beispielsweise, dass die Gewerkschaften als Arbeiter:innenvertretung in die Neuausarbeitung der Gesetze einbezogen werden müssten.

    Dass dieses Modell jedoch nicht zur Durchsetzung der Interessen der Arbeiter:innen führt, kann tagtäglich in Deutschland beobachtet werden.

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