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Montag, April 29, 2024
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    Wirtschaftskrise: Geschenke an Unternehmen, die Arbeiter:innen sollen zahlen

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    Der deutsche Kapitalismus befindet sich in der nächsten Wirtschaftskrise und als Großmacht in einer Umwandlungsphase. Die Bundesregierung beschließt Milliardengeschenke an Unternehmen und Kürzungen im Sozialbereich. Gegen die Umverteilung von unten nach oben müssen wir Arbeiter:innen uns wehren – mit einer klaren gesellschaftlichen Perspektive. – Unsere Meinung

    Rezession, Stagnation, Pessimismus – in den letzten Monaten waren in den Erklärungen des Wirtschaftsministeriums und Medienberichten verschiedene Wasserstandsmeldungen über den Zustand der deutschen Wirtschaft zu hören. Tatsächlich kämpft der deutsche Kapitalismus gerade mit einer neuen Wirtschaftskrise: Bis auf die Elektroindustrie verzeichnen alle deutschen Kernindustrien derzeit entweder einen Rückgang oder eine Stagnation ihrer Produktion. Und dies, während die Folgen der letzten großen Krise von 2018/19 sowie der Corona-Pandemie noch nicht bewältigt sind: Die deutsche Industrieproduktion liegt bis heute unter ihrem Vorkrisenniveau von November 2017.

    Mit „Deutschlandtempo“ raus aus der Krise?

    Im Vergleich zu internationalen Konkurrenten wie den USA oder Frankreich, die besser durch die Krise gekommen sind, steht der deutsche Imperialismus gerade scheinbar geschwächt da. Zum Beispiel sinkt die Inflation hierzulande im Vergleich zu anderen Staaten nur sehr langsam, was auch die Unternehmen belastet. Vor allem aber haben der Überfall Russlands auf die Ukraine und die Zuspitzung weiterer Konflikte – wie etwa um Taiwan – Deutschland wirtschaftlich vor größere Herausforderungen gestellt als andere Länder:

    Die BRD versucht derzeit im Eiltempo eine Unabhängigkeit von russischen Energieimporten zu erreichen, die Kriegsindustrie auszuweiten und muss ihre globale Wirtschaftsstrategie anpassen, die bisher darin bestand, durch Handel mit allen „geräuschlos“ zur Großmacht zu wachsen. Und das, während die Umstellung der Industrie auf eine neue („grüne“) Technologiebasis noch mitten im Gang ist.

    Alle diese Maßnahmen dienen jedoch langfristig gerade dazu, das deutsche Kapital international zu stärken und Deutschland auf eine neue Stufe als imperialistische Macht zu heben. Dies rückt die momentanen Klagen von Unternehmer:innen und Politiker:innen, Deutschland sei ein Sanierungsfall, in ein anderes Licht. Und sie zeigt die treibende Rolle der Ampel-Koalition bei der Transformation Deutschlands zur Großmacht: Die Regierung hat zuletzt verstärkt größere Infrastrukturprojekte und Modernisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Und das durchaus mit hoher Geschwindigkeit: Im letzten Jahr ließ sie nach Kriegsbeginn in der Ukraine innerhalb von nur 10 Monaten ein Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven errichten und Arbeiten an vier weiteren Standorten beginnen, um Alternativen zum russischem Gas zu schaffen. Bundeskanzler Scholz sprach bei der Eröffnung des LNG-Standortes vom neuen „Deutschlandtempo“.

    In diesem Tempo sollen nun auch neue Windparks, Stromnetze, Zugstrecken und Industrieanlagen entstehen. Behördliche Prüfungen und Verfahren sollen zu diesem Zweck vereinfacht und beschleunigt werden. Die Regierung erweckt den Eindruck, als hätten am Ende alle Menschen in Deutschland etwas davon.


    Geschenke und Subventionen für die Kapitalist:innen

    Der Ausbau Deutschlands zur Groß- und Kriegsmacht liegt aber sicher nicht im Interesse der Arbeiter:innenklasse – ebensowenig wie die Schritte, die dorthin führen sollen: Wie etwa weniger Datenschutz- und Umweltkontrollen. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die den kapitalistischen Unternehmen mehr Freiräume verschaffen, auch auf Kosten von Mensch und Umwelt zu expandieren – und welche die Kapitalverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nicht umsonst schon seit langem fordern.

    Deregulierung ist jedoch nicht das einzige Geschenk, das der Staat den Konzernchefs gerade macht. Seit einigen Monaten bereitet die Regierung Ausgleichszahlungen für hohe Energiekosten etwa der Chemie- und Metallindustrie vor. Dabei sollen entweder Steuern für Unternehmen gesenkt werden oder Subventionen aus Steuergeld direkt in ihre Taschen fließen.

    Hinzu kommen großzügige Ansiedlungsprämien, mit denen die BRD Unternehmen für den Aufbau von Standorten in Deutschland belohnt. Jüngst hat die Regierung zum Beispiel allein 10 Milliarden Euro Subventionen für den Bau eines Intel-Werks in Magdeburg versprochen. Immerhin mit 5 Milliarden Euro unterstützt der Staat den taiwanischen Konzern TSMC beim Aufbau eines Werkes in Dresden. Auch diese beiden Projekte sind strategisch: Deutschland will eine Industrie für Computerchips im eigenen Land, auch weil der Taiwan-Konflikt die weltweiten Lieferketten für Chips bedroht.

    Von den Spannungen zwischen den imperialistischen Mächten profitieren nicht nur Chip-Produzenten. Auch die Rüstungsindustrie reibt sich die Hände, schließlich gibt es seit der von Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ und der Bereitstellung eines 100 Milliarden Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr einen regelrechten Auftragsboom. Der Rüstungskonzern Rheinmetall verzeichnete im Jahr 2022 gar einen Rekordgewinn.

    Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse

    Die Krisenpolitik der Regierung ist also nicht von der Politik für die Transformation des deutschen Imperialismus zu trennen. Bezahlt werden soll alles aus den Taschen der Arbeiter:innenklasse, vor allem über Steuergelder und die anhaltenden Teuerungen: Im Jahr 2022 gab es für die deutschen Arbeiter:innen mit durchschnittlich 4% den deutlichsten Rückgang der Reallöhne seit 2008. Das heißt, dass wir uns mit unserem Lohn, auch wenn wir vielleicht gewisse Erhöhungen und Inflationsausgleichszahlungen bekommen haben, trotzdem immer weniger leisten können.

    Diese Tendenz können wir auch aktuell weiterhin beobachten. Die Abschlüsse in den Tarifverhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft im August oder der Ausgang in den Verhandlungen mit ver.di für den öffentlichen Dienst – immer wieder werden nominal zwar Lohnerhöhungen ausgehandelt. Die tatsächliche Inflation können diese Löhne aber nicht ausgleichen. In Wahrheit organisieren die Gewerkschaften durch solche Abschlüsse die Reallohnsenkungen und die Umverteilung von unten nach oben selbst mit – und helfen damit  Kapital und Staat bei der Krisen- und Transformationspolitik. Die größte Mogelpackung sind dabei die steuerfreien Einmal-Zahlungen, statt über die aktuellen Tarifabschlüsse anhaltende prozentuale Lohnerhöhungen zu erkämpfen. Die Folgen dieser miserablen Tarifpolitik wird die Arbeiter:innenklasse noch über viele Jahre spüren.

    Zwar hat die Bundesregierung im letzten Jahr auch allerlei Hilfspakete für die Bevölkerung präsentiert. Für uns Arbeiter:innen gab es aber bei weitem nicht so viele Hilfen wie für die Industriekonzerne – womit wir am Ende eben doch draufzahlen. Die Kosten für Krisenpakete, die z.B. in Form von Subventionen ans Kapital gehen, werden uns jetzt außerdem nachträglich wieder abgepresst, etwa durch Kürzungen der Gelder für Soziales im Bundeshaushalt 2024. Damit verabschiedet sich der Staat auch von kosmetischen Hilfsmaßnahmen für die Arbeiter:innen. Das „Deutschlandtempo“ soll jetzt auch bei der Verarmung Einzug erhalten.

    Kampf für den Sozialismus auf der Straße und in den Betrieben

    Die Industrie wird finanziell unterstützt und die Transformation Deutschlands zur Kriegsmacht vorangetrieben, während wir Arbeiter:innen die Kosten tragen sollen. Dabei tischen uns die Kapitalist:innen immer wieder ihre Märchen auf:  „Wirtschaft sind wir alle“.

    Es ist richtig, dass wir Arbeiter:innen die tragende Rolle in der Wirtschaft spielen. Wir sind es, die den Reichtum und Wohlstand dieser Gesellschaft erarbeiten. Doch wir bekommen von diesem Reichtum stets nur das für uns Allernötigste ab, während der Großteil in die Taschen der Kapitalist:innen wandert. Wenn uns erzählt wird, dass es allen gut geht, wenn die Konzerne groß gemacht werden, verschleiert durch dieses Gerede das Klassen- und Ausbeutungsverhältnis im Kapitalismus.

    Die Lasten der im Kapitalismus regelmäßig auftretenden Krisen und der imperialistischen Konkurrenz werden immer auf uns Arbeiter:innen abgewälzt: In Krisenzeiten steigt die Arbeitslosigkeit, wir bekommen weniger Lohn, wir haben weniger Rechte.

    Was folgt daraus? Es ist nur möglich, eine Verbesserung unserer Lage zu erkämpfen, wenn wir uns konsequent gegen die kapitalistische Produktionsweise und diejenigen wenden, die sie verteidigen.

    Momentan können wir in ganz Deutschland an verschiedenen Orten sehen, dass Unzufriedenheit und auch Protest gären. Um die allgemeine Streik- und Kampfbereitschaft zu untergraben und die Interessen der Kapitalist:innen zu verteidigen, müssen der Staat und seine Handlanger, wie etwa die gelben Gewerkschaften, immer größere Anstrengungen unternehmen. Für uns Arbeiter:innen heißt es deshalb: Auf die Angebote des Staates nicht eingehen, auf seine Tricks nicht hereinfallen!

    Es ist darüber hinaus an uns, selbstbewusst eine Lösung in unserem Interesse einzufordern und zu erstreiten: Eine sozialistische Gesellschaft. Denn nur im Sozialismus basiert das Wirtschaftssystem auf dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln. Das heißt, Maschinen, Büros und Rohstoffe gehören nicht einzelnen Kapitalist:innen, sondern der ganzen Arbeiter:innenklasse. Diese verwaltet die Produktion in einem gemeinschaftlichen Prozess und errichtet eine Planwirtschaft, welche die Aufgabe hat, die Bedürfnisse unserer Klasse maximal zu befriedigen. Dafür müssen die Unternehmen enteignet und in gesellschaftliches Eigentum überführt werden. Es gäbe dann keine Kapitalist:innen mehr, die uns Arbeiter:innen ausbeuten und in ihre eigenen Taschen wirtschaften.

    Mit dieser gesellschaftlichen Perspektive müssen wir in die Kämpfe gegen die Umverteilung gehen.

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