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Sonntag, April 28, 2024
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    Abbaggern von Gletschern für die Profite

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    Nach einem außergewöhnlich warmen Monat startete Ende Oktober der Alpine Skiweltcup in Österreich. Der frühe Saisonauftakt sorgt in Zeiten der Klimakrise für viele Probleme. So mussten auch dieses Jahr wieder Gletscher mit Baggern präpariert werden. Was steht also im Vordergrund: Der Sport oder das schnelle Geld? – Ein Kommentar von Gustav Acker

    Der vergangene Oktober hat neue Rekordtemperaturen aufgestellt – seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gab es in Österreich noch nie so warme Oktobertage wie dieses Jahr. Die Auswirkungen dessen machen sich über die Jahre hinweg immer bemerkbarer: So schmelzen die Gletscher derzeit schneller denn je, dem “Österreichischem Alpenverein” zufolge würden die österreichischen Alpen bis spätestens 2075 komplett eisfrei sein.

    Trotzdem konnte der Alpine Skiweltcup am 28. Oktober wie gewohnt starten. Zur Vorbereitung der Skipisten wurde am Rettenbach-Gletscher im Tiroler Ötztal (Österreich) bereits seit April Eis abgebaggert. Auch der Theodul-Gletscher in der Nähe Zermatts (Schweiz) wurde für das Event „präpariert“. Die Umweltorganisation “Greenpeace” stellte darüber hinaus den Verdacht auf unerlaubte Sprengungen in den Raum. In Zermatt wurde zudem außerhalb der bewilligten Zonen gebaggert.

    Der Skiweltcup startete in der langen Historie des Wettkampfes immer wieder auf dem Rettenbach-Gletscher, was mittlerweile quasi Tradition ist. Die Piste in Zermatt hingegen sollte das neue „Spektakel“ des Weltcups werden. Doch in dieser Zeit des unumkehrbaren Klimawandels stehen beide Gletscher und der Wettkampf an sich sinnbildlich für die Zerstörung der Umwelt durch Profitgier.

    Kritik auch aus Reihen der Profisportler:innen

    Selbst Skisportler:innen kritisierten diese Umgangsweise mit der Natur stark. Die mit bisher 88 Weltcup-Siegen erfolgreichste Ski-Sportlerin der Welt Mikaela Shiffrin sagte dazu: “Bis zu welchem Grad sollen wir unsere Umwelt an einen Zeitplan anpassen, den wir haben wollen? Oder sollten wir unsere Zeitpläne an die Umwelt anpassen?”. Für viele fühle es sich an, als würde der Skiweltverband (FIS) die Belange der Natur und die Kritiken der Sportler:innen ignorieren. Dazu auch der Parallel-Riesenslalom-Weltmeister Alexander Schmid: “Das ist einfach schwierig. Wir sind nahezu Marionetten”.

    Den Menschen, die den Sport eigentlich ausführen, wird also nicht wirklich zugehört. Viel mehr drängt sich bei solchen großen Events der Gedanke auf, dass der eigentliche Sport in den Hintergrund gerät. Für die Sportverbände ist lediglich die Erwirtschaftung größtmöglicher Profite ausschlaggebend – egal, dass dafür jetzt die Umwelt zu Schaden kommt.

    Der Sport rückt in den Hintergrund

    Der Vergleich zu Katar liegt nahe, wo ebenso die Umwelt und ihre Ressourcen massivst für ein globales Sportevent ausgebeutet wurden. Natürlich waren die Umstände zur Fußball-WM 2022 in Katar noch einmal um einiges krasser und perverser, vor allem wenn es um die tödlichen Arbeitsbedingungen vor Ort und deren Vertuschung geht. Im Wesentlichen kann man in beiden Fällen erkennen: Die Profitgier dominiert den Sport.

    Doch der trotzige Boykott eines derartigen Events hilft uns erst einmal auch nicht weiter – er löst auch nicht die generelle Tendenz zur Profitmaximierung im Profisport. Auch die grundsätzliche Frage nach der Ausbeutung der Arbeiter:innen in diesem Bereich bleibt unberührt. Eine Verweigerung würde die Verantwortung weg von den Konzernen auf das einzelne Individuum verschieben, das die Probleme gar nicht verursacht hat. Sie lenkte viel eher von den eigentlichen Problemen ab und würde den Verantwortlichen dabei helfen, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

    Doch umgekehrt bedeutet das auch nicht, nun undifferenziert den Wintersport an sich anzugreifen – auch wenn an dieser Stelle angemerkt werden muss, dass durch die Klimakrise mehr und mehr Menschen ein erschwinglicher Zugang zum Wintersport verwehrt ist. Doch egal ob im Fußball oder beim alpinen Skilauf: das eigentliche Problem bleiben die Sportverbände und ihre Sponsoren – die, wenn nötig, auch das letzte Fleckchen Erde zerstören würden.

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