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Sonntag, April 28, 2024
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    3 Dinge, die wir aus den Studierendenprotesten in Griechenland lernen können

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    Seit Anfang des Jahres gehen Tausende Studierende in Griechenland auf die Straßen, um gegen die Einführung von privaten Hochschulen zu demonstrieren. Was wir hier in Deutschland aus ihren Kämpfen lernen können. – Drei Thesen von Julius Strupp

    Während in Deutschland die Bäuer:innen protestieren, Hunderttausende gegen die AfD auf die Straße gehen und das ganze Land über Streiks diskutiert, gibt es auch in anderen Ländern Widerstand. Eines, in dem es gerade mächtig brodelt, ist wie so oft Griechenland.

    Hier gehen nicht nur die Bäuer:innen auf die Straße, sondern auch die Studierenden setzen sich für ihre Interessen ein. Bereits seit Anfang des Jahres kämpfen sie gegen eine geplante Reform der Mitsotakis-Regierung, die an der Verfassung vorbei private Hochschulen in dem Land etablieren will. Damit droht nicht nur ein Zwei-Klassen-System in der Bildung, sondern auch die vielen Möglichkeiten, die sich griechische Studierende an ihren Universitäten geschaffen haben, stehen auf dem Spiel.

    Die Regierung hat bisher noch keine Anzeichen eines Einlenkens von sich gegeben, die Polizei hingegen gewalttätig auf die Besetzungen von Universitäten und Großdemonstrationen reagiert. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – kämpfen die Jugendlichen in Griechenland weiter. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick auf die Proteste zu werfen und uns zu fragen, was wir in Deutschland von ihnen lernen können.

    Griechenland: Studierende protestieren weiter gegen die Einführung von Privat-Universitäten

    1. Nur wenn wir kämpfen, können wir auch etwas erreichen

    Die Arbeiter:innenklasse in Griechenland musste in den letzten Jahren vieles erleiden. Mächtigere Länder, insbesondere Deutschland, haben dem Land eine rigorose Sparpolitik aufgezwungen, die natürlich nicht von den griechischen Großunternehmern ausgebadet wird.

    Auch die Reform des Bildungswesens ist ein Bestandteil dieser Politik. Aber die griechischen Arbeiter:innen und Studierenden haben diese Politik nicht hingenommen und konnten so zumindest Teile ihres Lebensstandards verteidigen.

    Die Studierenden haben etwa kostenfreie Wohnheimplätze und Mahlzeiten in den Mensen verschiedener Universitäten erkämpft – im reicheren Deutschland eigentlich undenkbar. Auch die Reform des Studiums zum Bachelor/Master-System, mit der Studierende früher auf den Arbeitsmarkt geworfen werden sollten, konnte nicht umgesetzt werden.

    Genauso vereint kämpfen die Studierenden jetzt gegen die Einführung von Privat-Universitäten. Anders als bei deutschen Gewerkschaften stehen die Chancen darauf, ihre Forderungen durchzusetzen, aber nicht bei Null. Warum? Weil Vollversammlungen der Studierendengewerkschaften, getragen von einem großen Teil der Studierendenschaft, die Besetzung von Universitäten beschließen und mit verschiedensten Formen gekämpft wird, statt vielleicht ein einziges Mal aus Pflichtgefühl auf eine Demonstration zu gehen. Damit zeigen uns die griechischen Studierenden, dass wir nicht wehrlos sind, dass wir gewinnen können, wenn wir uns konsequent für unsere Interessen einsetzen.

    2. Zusammenhalten und gemeinsam kämpfen!

    Die Studierenden stehen in Griechenland seit den Kämpfen gegen die Militärdiktatur der 70er-Jahre an der Spitze vieler sozialer Bewegungen. Außerdem arbeiten verschiedene Organisationen, die an den Unis aktiv sind, auch gleichzeitig in der Arbeiter:innenbewegung oder sind natürlicher Teil von ihr.

    In Griechenland kann man gutu sehen, welche Kraft wir entwickeln können, wenn wir uns nicht vereinzeln lassen, sondern die Widerstände aus den verschiedenen Teilen der Arbeiter:innenklasse zu einem Ganzen zusammenkommen.

    So ist an den griechischen Hochschulen selbst die Unterstützung durch Angestellte groß, was man auch an einem konkreten Beispiel sieht: Die Prüfungen, die wegen der Besetzungen derzeit nicht stattfinden können, sollten durch digitale Prüfungen ersetzt werden, um den Druck gegen die Proteste zu erhöhen. Daraufhin wurde der zentrale Prüfungsserver kurzerhand durch Studierende und Universitätsbeschäftigte lahmgelegt.

    3. Eine erfolgreiche Bewegung braucht Organisation!

    In Griechenland gib es bereits seit Jahrzehnten eine ausgeprägtere Kultur des Klassenkampfs als in Deutschland, in der die Universitäten eine wichtige Rolle spielen. Viele spätere Arbeiter:innen kommen hier mit klassenkämpferischen Ideen in Kontakt und werden aktiver Teil der Kämpfe gegen Verarmung, Privatisierungen oder auch das Säbelrasseln und die Kriegsvorbereitungen in der Region.

    Dass dieses Engagement in Griechenland sehr sichtbar die gesellschaftlichen Zustände verändern und auf sie einwirken kann, ist aber kein Zufall. Sondern es liegt daran, dass es verschiedenste klassenkämpferische Organisationen gibt, die zehntausende Menschen durch ihre politischen und kulturellen Aktivitäten ansprechen können und – mit der Perspektive einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus – entschlossen auf den Widerstand einwirken. Dass es solche Organisationen gibt, ist der eigentliche Schlüssel zum Erfolg von Klassenkämpfen in Griechenland – schaffen wir sie auch in Deutschland und rütteln dieses Land auf!

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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