Nach monatelangen Fanprotesten gegen einen möglichen Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) ist der Verband eingeknickt. Die Verhandlungen mit dem Finanzunternehmen CVC sind vorerst auf Eis gelegt. Der Protest hat gezeigt, dass friedliche Bitten nicht ausreichen, um die eigenen Interessen durchzusetzen. – Ein Kommentar von Rudolf Routhier.
Im Dezember 2023 stimmten 24 der 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga für den Einstieg eines Investors. Die notwendige Zweidrittel-Mehrheit konnte so zwar nur knapp erreicht werden, dennoch versuchte die DFL den seit über einem Jahr angestrebten Prozess mit aller Kraft durchzusetzen. Ein vorheriger Versuch des Investor:inneneinstiegs war in der Vergangenheit bereits gescheitert.
Die Entscheidung traf jedoch auf massiven Widerstand von Seiten vieler Fußballanhänger:innen. Fanverbände in ganz Deutschland riefen zum Protest auf. In vielen Stadien wurde er besonders durch kreative Formen der Spielunterbrechung umgesetzt: So warfen die Protestierenden z.B. Tennisbälle aufs Spielfeld oder störten den Spielablauf durch ferngesteuerte Autos und Flugzeuge. Besonders kritisiert wurde von den Protestierenden der intransparente und undemokratische Ablauf der Abstimmung im Dezember. Martin Kind von Hannover 96 stimmte dort sogar explizit gegen die Weisung des eigenen Vereins, den Investor:inneneinstieg abzulehnen.
Die Proteste erzielten schon nach kurzer Zeit die ersten Erfolge: So zog sich ein potentieller Investor, der US amerikanische Konzern Blackstone, aus den Verhandlungen zurück. Auch die Verhandlungen mit dem letzten verbleibenden Investor, dem luxemburgischen Finanzunternehmen CVC, wurden jetzt angesichts der Proteste abgebrochen. Bei einer „Krisensitzung“ stimmte das Präsidium der DFL nun einstimmig für das vorzeitige Ende der Investitionspläne. Diese sahen unter anderem die Beteiligung der Investor:innen an einer Mediengesellschaft vor, die in Zukunft große Teile der Vermarktung und Streaming-Rechte von DFL-Spielen kontrolliert hätte.
Veränderung kommt nicht durch nette Worte
Der Protest der Fußballfans zeigt deutlich, dass die eigenen Interessen nur dann durchgesetzt werden können, wenn man den „Feind“ – in diesem Fall die DFL – dort trifft, wo es ihm weh tut. Während man oft versucht hatte, beispielsweise „Flitzer“, die mit politischen Botschaften über das Spielfeld laufen, aus den Fernsehübertragungen herauszuhalten, waren die Proteste diesmal so sichtbar und zahlreich, dass auch eine mediale Berichterstattung über die Anliegen der Fans nicht unterdrückt werden konnte.
Die Spielunterbrechungen haben letztendlich dafür gesorgt, dass die Investor:innen wohl Angst davor hatten, selbst zum Ziel politischer Aktionen in den Stadien zu werden und das eigene Image zu sehr leiden könnte. Zudem könnte ein Faktor gewesen sein, dass die DFL nicht imstande war, die Proteste zu unterbinden. Die wirtschaftlichen Einbußen, die die Proteste erzielten, haben jedenfalls einen Druck aufgebaut, der groß genug war, um den Kampf gegen die DFL vorerst zu gewinnen.
Auch in anderen politischen Kämpfen zeigt sich immer wieder, dass Forderungen nur dann durchgesetzt werden, wenn die Unternehmen Angst vor wirtschaftlichen Schäden haben. Solange der Protest versucht, mit nur verbindlichen Mitteln und netten Worten Veränderungen zu erzielen, bleibt er meist wirkungslos.