Nach einem faschistischen Messer-Angriff und einer rechten Hetzjagd ist in Freiburg für Samstag, den 24.7. eine überregionale Demonstration unter dem Motto „Kein Angriff ohne Antwort“ geplant. Organisiert wird die Demonstration von einem Bündnis aus linken, antifaschistischen Organisationen und Initiativen. – Perspektive Online hat mit einem Vertreter des Bündnisses gesprochen.
Was ist der Anlass der Demonstration?
Am Samstag, den 12. Juni kam es in Freiburg zu zwei rechten Angriffen von Faschist:innen und Rassist:innen auf Linke und Passant:innen. Gegen 16 Uhr verfolgte der AfD-Fascho Robert H. zwei jugendliche Antifas, weil sie ihn als Faschisten bezeichnet hatten. Nachdem er sie festhalten wollte und eine:r der Jugendlichen mit der Hand versuchte, den Fascho vom Filmen abzuhalten, attackierte H. die beiden mehrmals mit Pfeffergel.
Zwei Passant:innen sahen das Geschehen und eilten den außer Gefecht gesetzten Jugendlichen mit einer Wasserflasche zur Hilfe. Die beiden konnten sich durch die Zivilcourage der beiden Passant:innen in Sicherheit bringen. Währenddessen griff H. auch noch eine der beiden Helfenden mit dem Gel an. Es kam zu einem Wortgefecht, woraufhin der Fascho den anderen der Helfenden mit seinem Taschenmesser im unteren Brustbereich eine Schnittverletzung zufügte.
Übergriff in Freiburg: AfD-Politiker verletzt Antifaschist:innen mit Pfefferspray und Messer
Circa zwei Stunden später kam es im Stadtteil Stühlinger zu einem weiteren Vorfall rechter Gewalt: Eine Gruppe stark alkoholisierter Männer rief einem lettischen Punk „Ausländer raus!“ hinterher. Auf die Rückfrage, wohin er denn gehen solle, antwortete der Haupttäter, der außerdem ein langjähriger Freiburger Polizeibeamter ist, dass er den Antifaschisten erschießen würde.
Darauf folgte eine, sich über eine halbe Stunde hinziehende, Hetzjagd, bei der in diesem Fall von Zivilcourage seitens Passant:innen kaum eine Spur zu sehen war, obwohl der Betroffene eine Vielzahl an Menschen persönlich angesprochen hatte. Nur eine ältere Frau griff kurzzeitig ein, suchte nach Einschüchterung durch den Mob dann aber schnell das Weite. Stattdessen schaffte es der Antifaschist, am Ende in einer Tankstelle selbstständig die Polizei zu rufen, die den Haupttäter der Gruppe daraufhin mit Umarmung begrüßte. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass mindestens zwei Polizeihauptkommissare Teil des rassistischen Mobs waren, darunter, wie erwähnt, einer der Haupttäter.
Freiburg ist bekannt als grüne, linksliberale Stadt. Überraschen euch diese Angriffe da nicht?
Jein. Freiburg war in den letzten 15 Jahren vergleichsweise wenig von offenen rechten und rassistischen Gewalttaten betroffen. Allerdings ist in den letzten paar Jahren ein gewisser Stimmungsumschwung zu verzeichnen, vor allem Faschos aus dem AfD und JA-Umfeld rund um den bekannten Ex-AfDler Dubravko M. agierten zunehmend hemmungsloser und selbstbewusster. Robert H. ist ein perfektes Beispiel dafür. Es läuft derzeit ein Gerichtsverfahren gegen ihn, weil er bereits vor zwei Jahren zusammen mit seinem politischen Ziehvater M. zwei Antifaschist:innen und einen Zivilcourage zeigenden Radfahrer attackierte, wobei H. dem Radfahrer mit einer Rohrzange auf den Kopf schlug.
Ebenfalls vor zwei Jahren störte eine Gruppe um M. und H. eine Vortragsveranstaltung an der Universität Freiburg so massiv, dass sie am Ende in eine andere Räumlichkeit verlegt werden musste. Bei dieser Störung war auch Marco N. mit vollem Körpereinsatz dabei, der nun im Herbst für die AfD hier in Freiburg zur Bundestagswahl kandidiert. Auch durch Querdenken-Aktivist:innen gab es in den letzten 15 Monaten immer wieder gewalttätige Übergriffe. Die verschwörungstheoretische Querdenken-Bewegung weist hier in Freiburg personelle Schnittmengen zu einigen rechten und faschistischen Akteur:innen auf – unter anderem auch zu Robert H..
Faschistische Angriffe in Freiburg – gedeckt durch Justiz, Polizei und Medien
Welche Rolle haben eurer Meinung nach die Polizei und die bürgerlichen Medien, allen voran die Badische Zeitung, im Nachhinein der Angriffe gespielt?
Das lokale Monopolblatt Badische Zeitung fällt häufig durch die unkritische Übernahme von Polizeimeldungen auf, so auch in den beiden Vorfällen vom 12. Juni. Sie wird damit ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht, denn die Polizei ist keine neutrale Quelle, sondern handelt oft selbst wie ein politischer Akteur.
Die Vorfälle vom 12. Juni sind ein klares Beispiel hierfür. In ihrer ersten Pressemitteilung vom 14. Juni zum gewalttätigen Angriff Hagermans übernahm die Polizei einzig die Sicht des Täters. Auf Kritik hin behauptete sie, dass ihr keine anderen Aussagen bis dahin vorgelegen hätten. Dies ist eine Lüge. So wurde beispielsweise der Ersthelfer mit der Schnittwunde noch am Tag der Tat im Krankenhaus vernommen.
Zur rassistischen Hetzjagd schwieg die Polizei zunächst komplett. Erst nachdem sechs Tage später die Autonome Antifa ein ausführliches Kommuniqué veröffentlichte, sah sich die Polizei aufgrund des öffentlichen Drucks zur Herausgabe einer Pressemitteilung gezwungen, in der die Tat relativiert wurde und sie bekannt gab, dass sie auch gegen den Betroffenen ermittle.
In einer Folgemitteilung wurde die Hetzjagd mit einem absurden Lügenkonstrukt entpolitisiert. Die von mehreren Personen lautstark gebrüllten „Ausländer raus“-Rufe seien lediglich im Zusammenhang einer Sachverhaltsschilderung über eine lange zurückliegende Begebenheit gefallen.
Weitere Informationen, zum Beispiel über die an der Hetzjagd beteiligten Polizisten, gibt die Polizei bislang nicht heraus. Der lokale Radiosender Radio Dreyeckland bereitet deswegen gerade auch eine Klage gegen die Freiburger Polizei vor, weil sie ihrer Informationspflicht gegenüber der Presse nicht nachkomme.
Die Badische Zeitung versuchte eine Weile später, ihr Image mit eigenen Recherchen zu den Vorfällen ein wenig aufzupolieren, doch ist zu befürchten, dass sie auch in Zukunft weiterhin Polizeimeldungen unkritisch übernehmen wird.
Was erhofft ihr, mit der Demonstration zu erreichen?
Ziel ist es, öffentlich ein kraftvolles Zeichen zu setzen, dass wir rassistische und faschistische Angriffe auf den Straßen Freiburgs (und darüber hinaus) nicht hinnehmen werden. Potentiellen faschistischen Gewalttäter:innen soll klar gemacht werden, dass sie mit einem breiten, organisierten und entschlossenen Widerstand zu rechnen haben. Keinen Angriff lassen wir unbeantwortet.
Diese Demonstration ist jedoch nicht die einzige Antwort auf die rechten Angriffe vom 12. Juni, es gab bereits verschiedene Aktionen und weitere sind auch schon in Planung. Der große Vorteil der Demonstration ist neben der Öffentlichkeitswirksamkeit ihr partizipativer Charakter, da sich ihr auch nicht organisierte Antifaschist:innen einfach anschließen können.