Die AfD scheint laut Umfragewerten relevanter denn je. Laut einer neuen Studie des „Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“ (DIW) liegt das allerdings nicht daran, dass die Partei die Interessen ihrer Wähler:innen vertritt. Stattdessen scheint das genaue Gegenteil der Fall. – Ein Kommentar von Herbert Scholle.
Nachdem sich die AfD Mitte des letzten Jahres in einem Umfrage-Tief befand und teilweise nicht einmal mehr 10% der Befragten von sich überzeugen konnte, hat sie sich inzwischen mehr als nur erholt. Bereits seit Herbst 2022 steigen die Werte der rechten Partei recht konstant an. Doch nun wurde ein neuer Höhepunkt erreicht: In den aktuellsten Umfragen erreicht die AfD teils Werte von über 20%.
Doch woher kommt dieser Aufschwung? Eines ist inzwischen klar: Es liegt nicht etwa daran, dass die AfD die Interessen ihrer Wähler:innen am konsequentesten vertreten würde. Das zeigt auch eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Wer wählt denn überhaupt die AfD?
Zunächst befasst sich die Studie mit der AfD-Wählerschaft selbst. Hier wird eines ganz deutlich herausgestellt: „Die AfD schneidet also besser in Wahlkreisen ab, in denen die Perspektivlosigkeit groß ist, die Chancen für junge Menschen gering sind und durch deren Abwanderung wichtige Infrastrukturen für Familien und Kinder […] schlechter werden oder verschwinden“. In anderen Worten: Die AfD wird vor allem von Menschen gewählt, die besonders hart von den vielen Krisen der kapitalistischen Gesellschaft betroffen sind.
Passt die Politik der AfD zu ihren Wähler:innen?
Um die Positionen der AfD mit der Zusammensetzung ihrer Wähler:innen zu vergleichen, schaute sich das DIW die Antworten der Partei auf den sog. „Wahl-O-Maten“ zur Bundestagswahl 2021 an. Die „Bundeszentrale für politische Bildung“ (bpb) veröffentlicht zu jeder Wahl eine Sammlung von Aussagen aus verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Zusammenlebens. Sowohl die einzelnen Parteien, als auch ihre Wähler:innen können den Aussagen zustimmen, ihnen widersprechen oder sich neutral positionieren. Am Ende werden die Antworten verglichen, und den Wähler:innen wird angezeigt, mit welchen Parteiaussagen bzw. -programmen man am meisten übereinstimmt.
Das DIW hat diese Fragen in verschiedene Kategorien eingeteilt und für jede eine Hauptfrage herausgearbeitet. In der Kategorie „Sozialpolitik“ beispielsweise wurde jede Bundestagspartei anhand ihrer Antworten von „Kleinerer Sozialstaat“ nach „Größerer Sozialstaat“ angeordnet.
Dabei wurde eines schnell klar: Die Positionen der AfD richten sich eindeutig gegen die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft und in vielen Fällen würden sie die Situation der Betroffenen gar weitaus verschlimmern.
Was bedeuten die Positionen der AfD für ihre Wähler:innen wirklich?
Das macht sich besonders in der beschriebenen Sozialpolitik der neurechten Partei bemerkbar: Obwohl es gerade die eigenen Wähler:innen sind, die besonders unter wirtschaftlich abgehängten Regionen, Jobverlusten und der daraus resultierenden Perspektivlosigkeit leiden, möchte die AfD die Sozialleistungen des deutschen Staates stärker kürzen als jede andere Partei.
Doch auch in allen anderen Gebieten setzt sich dieser Trend fort: Die AfD steht nämlich im Großen und Ganzen vor allem für Steuersenkungen für Großverdiener, die Stärkung des „Freien Marktes“, die Unterdrückung von Frauen, LGBTI+, Migrant:innen und anderen Minderheiten, sowie Einschränkungen der Freiheitsrechte. Um es anders auszudrücken: Die AfD vertritt offener als jede andere Bundestagspartei die Interessen des Kapitals.