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Sonntag, April 28, 2024
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    Kriegsschiffe gegen Geflüchtete: Wenn auf Worte Taten folgen

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    Nach der EU-Asylrechtsreform sollen jetzt weitere Schritte ergriffen werden, um möglichst viele Menschen an der Flucht nach Europa zu hindern. Getarnt als „Vorgehen gegen Schlepper“ sollen jetzt auch Drohnen, Flugzeuge und Kriegsschiffe gegen Geflüchtete zum Einsatz kommen. – Ein Kommentar von Alex Lehmann

    Josep Borell, der Außenbeauftragte der EU, erklärte Freitag in einem Interview, dass er darüber nachdenke, mit einem EU-Militäreinsatz gegen „Menschenhandel und Menschenschmuggel“ die Flüchtlingsströme im Mittelmeer einzudämmen. Vor der tunesischen Küste könnten Kriegsschiffe, Aufklärungsflugzeuge und Drohnen dafür sorgen, dass weit weniger Menschen auf diesem Weg nach Europa kommen.

    Um das zu ermöglichen, könnten unter anderem die Kapazitäten der EU-Mission „Irini“ genutzt oder die Operation selbst ausgeweitet werden. Ins Leben gerufen wurde „Irini“ 2020, um das von der UN verhängte Waffenembargo gegen das im Bürgerkrieg befindliche Libyen durchzusetzen und zu kontrollieren. Der Grund für das Embargo war der andauernde Bürgerkrieg im Land.

    Eingesetzt werden in der Mission bis jetzt Kriegsschiffe, Flugzeuge, Drohnen und natürlich Soldat:innen. Aktuell sammelt sie vor allem Informationen von Frachtschiffen, die die Region passieren und führt gelegentlich Bordkontrollen durch. Deutschland beteiligt sich mit einem See-Fernaufklärerflugzeug vom Typ „P-3C Orion“ und 15 Soldat:innen.

    Zusammenarbeit steht auf wackeligen Füßen

    Eine Mission gegen die Flüchtlingsströme müsste in tunesischen Gewässern operieren, um effektiv zu sein. Dazu braucht es offiziell das Einverständnis der tunesischen Regierung. Diese ist gerade aber schlecht auf die EU zu sprechen, denn im Rahmen der „vertieften Zusammenarbeit“ fließe zu wenig Geld nach Tunesien. Über eine Milliarde Euro an EU-Geldern sollten in den letzten Jahren eigentlich in das Land fließen. Im Gegenzug hatte die tunesische Regierung zugesichert, härter gegen Menschenhandel vorzugehen.

    Auch innerhalb in der EU könnte der Vorschlag abgelehnt werden. Schon 2019 hatte es eine Marinemission der EU gegen Menschenhandel gegeben. Auf Initiative der italienischen Regierung wurde sie aber wieder eingestellt, weil Gerettete ausschließlich nach Italien gebracht wurden.

    Es geht der EU nicht um Moral

    Dass es der EU nicht aufrichtig um die Bekämpfung von Menschenhandel oder die „gute“ Moral geht, sieht man am Beispiel Libyen. Das Land gilt als Haupttransitland für Menschen, die auf dem Weg nach Europa das Mittelmeer überqueren müssen. Dort angekommen, erwarten sie Verschleppung, Folter, sexualisierte Gewalt, jahrelange Inhaftierung ohne Prozess, Mord und andere Qualen. Mit dabei: die libysche Küstenwache.

    Die Gruppe, die „libysche Küstenwache“ genannt wird, ist in Wirklichkeit kaum mehr als eine Ansammlung mordender Söldnertruppen. Sie schießen auf die Boote der Flüchtenden, schleppen sie zurück in die Folterkammern des libyschen Staates oder verkaufen sie wieder an Menschenhändler. Auch Zwangsarbeit und Vergewaltigungen sind keine Seltenheit. Die EU unterstützt und finanziert sie seit Jahren.

    In Tunesien ist die Situation zwar etwas besser, aber auch hier gibt es Hass und Gewalt gegen Geflüchtete. Diese endet oft auch tödlich. Regelmäßig gibt es Massenabschiebungen mit Todesopfern an der tunesischen Grenze, Hetzjagden auf schwarze Menschen und willkürliche Verhaftungen.

    Das wahre Gesicht ihrer Demokratie

    Dass jetzt weitere Maßnahmen gegen Geflüchtete aufgefahren werden, passt in das Bild Deutschlands und der EU der letzten Monaten. Lindner, Merz, die Grünen, die AfD, Söder, selbst der pensionierte Bundespräsident Joachim Gauck hetzen gegen Geflüchtete, die angeblich nur fliehen würden, weil sie einen Zahnarzttermin bräuchten.

    Am Rande dieses rassistischen Getoses und in der Öffentlichkeit kaum wahrnehmbar, wird dann das eh schon ausgehöhlte Asylrecht noch weiter angegriffen und nach Wegen gesucht, mehr Menschen abzuschieben oder gleich an der Grenze abzuweisen. Zu diesen Angriffen zählt unter anderem die EU-Asylrechtsreform.

    Bisher regt sich noch wenig Widerstand gegen den steigenden Druck der EU und Deutschlands auf Geflüchtete. Zu den Wenigen zählen einige klassenkämpferische Organisationen wie die Internationale Jugend, die das Thema aufgreifen und Demonstrationen und Kundgebungen organisieren. Daran müssen wir anknüpfen, denn die Angriffe auf Geflüchtete sind Angriffe auf unsere demokratischen Rechte in Ganzheit.

    • Perspektive Autor seit 2023. Jugendlicher Arbeiter im Einzelhandel aus Norddeutschland, schreibt gerne Artikel um den deutschen Imperialismus und seine Lügen zu enttarnen. Motto: "Wir sind die Jugend des Hochverrats!"

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