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Montag, April 29, 2024
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    Patriarchale Gewalt in Israel und Palästina: nicht verharmlosen, nicht instrumentalisieren

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    Um den palästinensischen Befreiungskampf zu delegitimieren, wird in den letzten Tagen immer häufiger patriarchale Gewalt der Hamas gegenüber israelischen Frauen angebracht. Patriarchale Gewalt darf weder als Nebenprodukt des Befreiungskampfes verharmlost, noch für die pro-israelische Narrative instrumentalisiert werden. — Ein Kommentar von Elodie Fischer

    Die palästinensische Militäroffensive aus Gaza und die Vergeltungsschläge Israels haben zu einer globalen Debatte um Recht und Unrecht geführt. Von pro-israelischer Seite wird häufig patriarchale Gewalt als Argument gebracht. Zunächst muss danach gefragt werden, was im Kontext eines Befreiungskampfes unter patriarchaler Gewalt zu verstehen ist.

    Denn wenn Palästinenser:innen eine IDF-Soldatin töten, ist das erst einmal keine patriarchale Gewalt. Während der Staat Israel seine weiblichen Soldatinnen zuvor noch als girl-boss-Powerfrauen inszenierte, werden sie mit ihrem Tod zu kleinen, unschuldigen Mädchen. Mit dieser flexiblen Auslegung von “Feminismus” will sich Israel als Opfer inszenieren. Doch als Soldatinnen sind diese Frauen der ausgebildete, bewaffnete Arm des israelischen Apartheitstaats, und im Befreiungskampf Palästinas ist es legitim, sich gegen diese Soldatinnen zu wehren – das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

    Patriarchale Gewalt darf niemals verharmlost werden

    Daneben gibt es Anschuldigungen und Berichte über Ausübung patriarchaler Gewalt durch die Hamas. Diese dürfen nicht herunter gespielt und abgetan werden, etwa mit Aussagen wie etwa, dass schließlich in jedem Krieg vergewaltigt werde. Ja, das stimmt – das bedeutet aber nicht, dass diese patriarchale Gewalt hinnehmbar oder zu glorifizieren ist. Stattdessen gilt es, auch im Befreiungskampf um Palästina das Patriarchat zurückzudrängen, die fortschrittlichen Kräfte zu stärken und jegliche Instrumentalisierung patriarchaler Gewalt abzuwehren. Denn ohne die Befreiung Palästinas im jetzigen israelischen Apartheidstaat, werden weder palästinensische noch israelische Frauen jemals frei sein können.

    Die Instrumentalisierung von Gewalt an Frauen

    Es ist nicht unüblich, dass Gewalt an Frauen instrumentalisiert wird für rückschrittliche politische Haltungen. So wird beispielsweise in Deutschland jedes Mal, wenn ein Täter migrantisch ist, von rechten Kräften wie der AfD der Schutz deutscher Frauen gefordert. Die rechten Politiker:innen stellen patriarchale Gewalt fälschlicherweise als durch Migration importiert dar. So zuletzt bei der Vergewaltigung einer Frau durch migrantische Männer in Berlins Görlitzer Park.

    Über Gewalttaten von Männern ohne Migrationsgeschichte wird hingegen geschwiegen. Ähnlich verhält es sich mit dem Anprangern der Gewalt an israelischen Frauen, nachdem über die patriarchalen Gewalttaten des israelischen Staats an Palästinenserinnen jahrzehntelang geschwiegen wurde. Eben dieses Schweigen ist Zeugnis dafür, dass es hier nicht um das Wohl der Frauen geht.

    Welche Haltung ist also einzunehmen? Patriarchale Gewalt darf niemals herunter gespielt oder hingenommen werden – jedoch auch nicht für Rechtfertigungen des israelischen Staats instrumentalisiert werden. Im Kampf um die Befreiung Palästinas muss der Einfluss fortschrittlicher Kräfte gestärkt und das Patriarchat zurückgedrängt werden. Denn palästinensische und israelische Frauen werden nur mit dem Ende des Imperialismus, im Sozialismus frei sein können.

    • Perspektive-Autorin seit 2023, politisiert über Palästina-Aktivismus. Schreibt vor allem über Frauen- und Arbeiter:innen-Kämpfe. Studiert und arbeitet im Kulturbereich in Berlin, gibt gerne Buchempfehlungen.

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