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Sonntag, April 28, 2024
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    Türkei: Repression gegen europäische Jugenddelegation beim YSP-Kongress

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    Auf der Reise zur Konferenz der Grünen Linkspartei (YSP) wurden 15 Jugendliche einer europäischen Delegation festgenommen. Nach gewaltsamen Festnahmen, Misshandlungen und Abschiebegewahrsam verwies die Türkei die jungen Internationalist:innen des Landes.

    Fünfzehn Jugendliche aus Deutschland, Frankreich und Italien waren als internationalistische Jugenddelegation zur Konferenz der türkischen “Grünen Linken Partei” (YSP) angereist. Mittlerweile hat sich die YSP auf ihrem Kongress zu „HEDEP – Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie“ umbenannt. Die YSP trat in diesem Frühjahr zum ersten Mal zur Wahl in der Türkei an, da die Oppositionspartei HDP von einem Verbot bedroht ist. Die Jugendlichen aus dem Ausland wurden ebenso wie vier Mitglieder des YSP-Jugendrats festgenommen, letztere wurden nach kurzer Zeit freigelassen.

    Nach teils gewaltsamer Festnahme wurde die gesamte Jugenddelegation auf ein Polizeirevier gebracht, wo sie mehrere Stunden – mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt – verbringen musste. Laut Berichten der Mezopotamya Ajansi (MA) sollen die Festgenommenen auch geschlagen worden sein, nachdem sie auf der Wache Parolen gerufen haben. Der Kontakt zu Anwält:innen wurde in dieser Zeit eingeschränkt und die Handys der Gefangenen wurden konfisziert. Letztlich wurden die Jugendlichen in ein Abschiebungszentrum nach Kırıklareli in die Westtürkei verlegt.

    Die offizielle Begründung der Festnahmen war dabei das Verbot einer Pressekonferenz zu den Angriffen auf Rojava. Ausländern sei die Teilnahme an Pressekonferenzen untersagt.

    Gewalt gegen Gefangene

    Die YSP-Abgeordnete Dilan Kunt Ayan beschreibt die Festnahme: „Unter schweren Misshandlungen und mit Händen auf den Rücken gefesselt wurden sie festgenommen. Die Polizei drückte die Jugendlichen auf den Boden und machte sie bewegungsunfähig. Danach wurden sie in Polizeifahrzeuge gebracht und weiteren Schlägen unterzogen. Insbesondere die jungen Frauen aus Deutschland wurden besonders stark misshandelt. Anschließend wurden sie ins Krankenhaus gebracht und dort behandelt, hinterher wurden sie wieder in die Polizeifahrzeuge verfrachtet. Die Jugendlichen mussten insgesamt drei bis vier Stunden mit Handschellen auf dem Rücken in den Fahrzeugen aushalten. Danach wurden sie zur Polizeistation gebracht und dort bis zum nächsten Morgen verhört, bis sie dann ins Abschiebezentrum (Geri Gonderme Merkezi) verlegt wurden.“

    Gökay Akbulut, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, stellte dazu eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung: „Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Festnahme der neun deutschen jungen Menschen in der Türkei vor, die auf Einladung des Jugendrates der Grünen Linkspartei (YSP) am Parteikongress der YSP teilnehmen wollten, und welche Maßnahmen hat das Auswärtige Amt für die Freilassung der betroffenen deutschen Staatsangehörigen ergriffen?“ Die Antwort der Bundesregierung steht noch aus.

    Alle Jugendlichen inzwischen in Herkunftsländern gelandet

    Die Ausweisung der jungen Internationalist:innen sollte unmittelbar stattfinden. Nach drei Tagen in türkischem Gewahrsam sind alle Delegationsmitglieder nun wieder in Deutschland, Frankreich und Italien gelandet. Bei Ankunft der deutschen Delegierten wurden diese noch am Flughafen durch die Bundespolizei vernommen.

    Das erneute Verhör durch die Bundespolizei, unmittelbar nach 3 Tagen in Gewahrsam und einer strapaziösen Verlegung in ein über 1.500 km entferntes Gefängnis, hat bei allen Beteiligten zu großem Unverständnis geführt. Die einstündige Befragung kam für die Betroffenen einer Wiederholung der Verhöre auf der türkischen Seite nahe und führte zu einer Retraumatisierung. Den jungen Leuten wurde nach ihrem Verhör ein Protokoll ausgehändigt, das jedoch den Verlauf des Verhörs nur sehr spärlich wiedergibt. Sie berichten davon, dass vor allem die Fragen über den politischen Hintergrund der Beteiligten sowie über die politischen Parteien in der Türkei lediglich ‘informell’ gestellt wurden und im Protokoll nicht wieder auftauchen. Auch scheinen Teile des Protokolls vor der Aushändigung mit einer Schere entfernt worden zu sein.

    Alle Delegierten wurden bei ihrer Ankunft von Unterstützer:innen mit Bannern und Parolen im Empfang genommen. Sie berichten von psychischer Gewalt und Schikane, sind aber auch durch die Spuren der physischen Gewalt gezeichnet, die sie durch die türkischen Sicherheitsbehörden erlebt haben.

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