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Sonntag, April 28, 2024
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    Türkei: Über 100 Demonstrant:innen bei Pride-Demonstration verhaftet

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    Mehr als 100 Demonstrant:innen wurden am 25.06. in Istanbul und Izmir verhaftet. Die faschistische Regierung um Erdoğan setzt auf offene Anti-LGBTI+-Hetze, um sich ihre Wählerschaft zu sichern.

    Am 25.06. fanden in der Türkei Pride-Demonstrationen statt, die größten in den Großstädten Istanbul und Izmir. Die Regierung hatte zuvor mehrfach versucht, LGBTI+-Aktionen zu verhindern und sogar ein Verbot für die Pride-Demonstration in Istanbul verhängt. Behörden hatten zudem weite Teile der Stadt abgeriegelt und den eigentlichen Anfangsort der Demo, den berühmten Taksim-Platz – Schauplatz der 2013 Aufstände – völlig blockiert.

    Trotz dieser Verbote demonstrierten hunderte Teilnehmer:innen durch das gehobene Nişantaşı-Viertel und machten sich und ihre Wut für alle Welt sichtbar. Anders als in letzten Jahren gibt es sogar Berichte von Zustimmung und Applaus von Passant:innen. Die Demonstrant:innen wurden jedoch bald eingekesselt und im Verlauf des Tages kam es zu mehreren Verhaftungen (113 in Istanbul, mindestens 52 in Izmir). Es wird zudem von Polizeigewalt und Gewalt gegen Journalist:innen berichtet.

    Erdogan macht LGBTI+-Menschen zum Sündenbock

    Gewalt und Hetze gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans und Inter Menschen (LGBTI+) ist in der Türkei jedoch nichts Neues. Während seiner Wahlkampagne zu den türkischen Wahlen im Mai 2023 hatte der faschistische AKP Präsident Erdogan mehrfach Drohungen gegen LGBTI+-Personen geäußert und sie als Terrorist:innen und Perverse bezeichnet: „Wir werden aktiv gegen perverse Tendenzen wie LGBT vorgehen, die unsere Familienstruktur bedrohen“. Auch Davut Gül, Gouverneur der Provinz Istanbul, hatte zuvor gedroht, alle Veranstaltungen, welche „die Familie bedrohen“, zu verhindern.

    Immer wieder beharren Erdoğan und seine religiös-fundamentalistische AKP-Partei darauf, die „traditionellen gesellschaftlichen Werte“ wahren zu wollen. 2021 trat die Türkei aus der Istanbul-Konvention ausgetreten, 2022 organisierte Erdogan einen „Hassmarsch“ gegen LGBTI+  und erst Anfang 2023 schlug die türkische Regierung vor, per Gesetz die Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau zu definieren.

    LGBTI+-Hetze weltweit auf dem Vormarsch

    Doch nicht nur in der Türkei kommt es immer häufiger zur Kriminalisierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Sexualität. Überall auf der Welt sehen sich LGBTI+-Personen mit dem Verlust ihrer Rechte, ihrer Lebensgrundlagen und im schlimmsten Fall, ihres Lebens konfrontiert. Mit der Zuspitzung von Kriegen und Krisen ist die herrschende Klasse immer mehr gezwungen, die gesellschaftliche Wut gegen die Folgen des Kapitalismus auf Feindbilder abzulenken und damit ihre Herrschaft zu stabilisieren. Ins Visier dieser autoritären Hetzkampagnen geraten vor allem diejenigen, die eh schon an den Rand der Gesellschaft gedrückt sind: Migrant:innen und deren Familien, LGBTI+, Obdachlose oder Frauen der Arbeiter:innenklasse.

    Allein in den USA wurden auf Bundes- und Landesebene in den letzten Jahren über 650 Gesetzesentwürfe eingebracht und in vielen Fällen angenommen, welche die Rechte von LGBTI+, darunter vor allem trans und inter Personen massiv einschränken oder komplett streichen. In Uganda, in dem Homosexualität schon seit der britischen Kolonialzeit verboten ist, droht ein neues Anti-Homosexualitäts-Gesetz unter anderem mit lebenslanger Haft und sogar der Todestrafe für „die Straftat der schweren Homosexualität“. Erneut lautet hierfür die Ausrede: „um die Kapazitäten des Landes zu stärken, inneren und äußeren Bedrohungen der traditionellen, heterosexuellen Familie zu begegnen“.

    Doch auch in Deutschland wettern die konservativen und faschistischen Parteien des Parlaments gegen den angeblichen Zerfall der traditionellen Werte und Familie – am lautesten unter ihnen die AfD, die immer wieder durch LGBTI+-feindliche Aussagen und Aktivitäten auffällt. Als „Gegengewicht zur LGBTI+-Bewegung“ soll zum Beispiel der AfD-Abgeordnete Waldemar Herdt unter dem Deckmantel des „Kampfes für die Menschenrechte“ ein Netzwerk aus evangelikalen und anderen fundamentalistischen Christ:innen aufgebaut haben.

    AfD-Abgeordneter baut weltweites evangelikales Netzwerk gegen LGBTI+ auf

     

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