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Sonntag, April 28, 2024
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    Kriegspropaganda der BILD: „In meinem Deutschland ist kein Platz für gottlose Barbaren!“

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    Deutsche Medien wie die BILD-Zeitung beteiligen sich derzeit an der pro-israelischen Kriegspropaganda und legitimieren damit sowohl den versuchten Genozid in Gaza als auch die beispiellose Repression gegen palästina-solidarische Proteste in Deutschland. Letztlich schürt diese Berichterstattung noch mehr Hass und Gewalt. – Ein Kommentar von Olga Goldman

    Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant verkündete am 9. Oktober 2023: „Wir bekämpfen menschliche Tiere.“ Mit diesem Argument verteidigte er die Entscheidung des israelischen Staates, der palästinensischen Bevölkerung Essen, Wasser, Strom und Treibstoff vorzuenthalten.

    Mittlerweile wird diese Rhetorik des Hasses und der Abscheu in den deutschen Medien teilweise reproduziert. Am letzten Sonntag, dem 15. Oktober 2023, veröffentlichte die BILD einen Kommentar von Linna Nickel unter dem Titel „In meinem Deutschland ist kein Platz für gottlose Barbaren!“. Damit sind die unzähligen Menschen gemeint, die in der letzten Woche auf die Straße gegangen sind, um ihre Solidarität mit Palästina zu zeigen.

    In dem Artikel werden die Protestierenden ebenfalls mit Tieren verglichen und als „die geistigen Erben Adolf Hitlers“ und „Menschen-Hasser“ bezeichnet, die den Mord an Zivilist:innen durch die Hamas „bejubeln“. Die Palästinaflagge wird als ein Symbol des Judenhasses eingeordnet. Das Tragen einer Kufiya – des sogenannten Palästinensertuchs, von der Autorin verächtlich als „Lätzchen“ bezeichnet – wird mit der Freude an der Erniedrigung und dem Mord von Juden gleichgesetzt.

    Alle Menschen, die für das Recht des palästinensischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung eintreten, sind dem BILD-Artikel zufolge „Barbaren“ – ein Begriff, der zu Kolonialzeiten oft synonym mit einheimischen Bevölkerungsgruppen und indigenen Völkern verwendet wurde, um diese als „unzivilisiert“ oder „minderwertig“ einzuordnen und somit ihre Unterdrückung zu rechtfertigen. Solche Worte wecken Emotionen, die von Politiker:innen genutzt werden, um Menschen zu radikalisieren.

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    Rassistische Gewalt und Morde als Resultat der Entmenschlichung

    Das Resultat solcher Hasspropaganda und Entmenschlichung ist oft Gewalt. Nicht nur in Deutschland entsteht momentan eine derartige Pogrom-Stimmung, sondern zum Beispiel auch in den USA: Am 14. Oktober 2023 wurden der sechsjährige Wadea Al-Fayoume und seine Mutter aus Plainfield, Illinois, Opfer eines rassistischen Mordes. Ihr Vermieter Joseph M. Czuba attackierte die beiden mit einem Messer, nachdem er sich Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft hatte. Wadea Al-Fayoume starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen, seine Mutter wird sich voraussichtlich von dem brutalen Angriff erholen. Aus dem Bericht des forensischen Pathologen, der die Obduktion durchführte, ergibt sich, dass Czuba sechsundzwanzig Mal auf den Jungen einstach. Währenddessen soll er „Ihr Muslime müsst sterben!“ geschrien haben. Bei beiden Opfern handelt es sich um palästinensische Amerikaner.

    Hetze, wie sie in der BILD zu finden ist, könnte auch in Deutschland zu ähnlichen Angriffen führen und hat bereits in Berlin und in anderen Städten dafür gesorgt, dass Menschen arabischer Herkunft oder solche, die eine Kufiya tragen beziehungsweise sich offen mit Palästina solidarisierten, verhaftet und zur Zielscheibe von politischer Gewalt, Repression und Rassismus wurden. Der Fokus der Berichterstattung liegt hier auf der falschen Behauptung, dass Menschen, die sich solidarisch mit dem palästinensischen Befreiungskampf zeigen, durch die Bank antisemitisch seien.

    Die bedingungslose Solidarität mit Israel wird der deutschen Bevölkerung als Widerstand gegen Judenhass verkauft. Dabei ist auch das Judentum nicht mit Israel gleichzusetzen, genau so wenig, wie die Hamas mit Palästina gleichzusetzen ist. Der Vorwurf der BILD beruht also nicht „nur“ auf anti-muslimischem Rassismus, sondern auch auf einem falschen Verständnis unserer besonderen historischen Verantwortung. Aufgrund der deutschen Geschichte wird hier vor allem mit unseren Schuldgefühlen gespielt.

    Berichterstattung als Kriegswaffe

    Sprache war schon immer ein mächtiges Werkzeug westlicher Imperialisten, und auch heute versuchen sie mittels Sprachgewalt, ihre Macht im Nahen Osten zu zementieren. Dieser Tage maßen sich Massenmedien wie die BILD an, zu definieren, wessen Leben es wert ist, betrauert zu werden, wessen Leben es wert ist, geschützt zu werden und wessen Lebensgrundlage und Kultur zerstört werden darf. Solche Art von Berichterstattung und Meinungsmache ist nicht nur eine Schande, sondern ebenfalls eine Kriegswaffe.

    Das brachte zum Beispiel der ehemalige Bundeswehroffizier Ralph Thiele in einem Interview mit ntv zum Ausdruck, als er seine Sorge äußerte, aufgrund der höheren Opferzahlen auf Seiten der Palästinenser:innen könnte die deutsche Öffentlichkeit vom Solidaritätskurs mit Israel abweichen. Auch die detaillierte Schilderung von Gewalttaten der palästinensischen Kämpfer:innen ordnet er vor diesem Hintergrund als notwendig an.

    Der palästinensischen Bevölkerung in Gaza droht derweil eine ethnische Ermordung und Vertreibung bis hin zum Genozid. Dennoch werden Solidaritätsbekundungen mit Palästina jetzt strafrechtlich verfolgt und kriminalisiert. Die Regierung sieht in ihnen eine direkte Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands. Diese Entwicklung ist nicht nur im Kontext des Krieges in Israel und Palästina bedeutsam, sondern wirkt sich auch direkt auf die deutsche Migrations- und Asylpolitik aus.

    Wenn eine BILD-Zeitung von „Barbaren“ auf deutschen Straßen schreibt, dann macht sie sich zur Wegbereiterin für eine neue Welle der Gewalt gegen Migrant:innen. Um dem zu begegnen, gilt es jetzt stattdessen für uns, alle faschistischen und fundamentalistischen Kräfte auf der Welt zu verurteilen, die ein Volk über das andere stellen –  auch hier in Deutschland.

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