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Sonntag, April 28, 2024
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    Lindner und Ampel-Regierung auf rechtem Migrationskurs

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    Bundesfinanzminister Lindner und die Ampel-Koaltion wollen  das Migrationsrecht massiv einschränken: Keine Überweisungen von Geflüchteten ins Ausland, Sach- statt Geldleistungen, Arbeitsverbote und Einstufung der Maghrebstaaten als „sichere Herkunftsländer“. Damit bricht die Regierung ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag und verschiebt die Stimmung im Land weiter nach rechts – ein Kommentar von Alexandra Baer.

    Bundesfinanzminister Lindner möchte künftig die Möglichkeit haben, Überweisungen staatlicher Geldzahlungen von Geflüchteten ins Ausland zu verhindern. Er befürchtet, dass solche Gelder auch eine „Finanzierungsquelle der Schlepperkriminalität“ sein könnten.

    Damit vereinfacht Lindner die komplexen Gründe für die Wahl des Zufluchtsorts. Tatsächlich hat eine Untersuchung der Fluchtgründe und Motive für die „Zielwahl“ Deutschland gezeigt, dass vor allen Dingen der Aufenthaltsort von Freund:innen und der Familie, die Community, Sprache und Chancen auf dem Arbeitsmarkt entscheidend sind, während asyl- und sozialpolitische Regelungen meistens keine so entscheidende Rolle spielen.

    Einen Überweisungsstopp zu fordern, bedeutet somit nicht nur eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse vieler Menschen in den neokolonial ausgebeuteten Ländern, sondern stellt auch keine wirksame Maßnahme dar. Sowieso dürfte davon auszugehen sein, dass von dem bisschen Geld am Ende des Monats kaum etwas übrigbleiben wird – die Leistungen für Geflüchtete liegen ja jetzt schon unter dem Niveau, das als Existenzminimum für deutsche Bürger:innen angesehen wird.

    30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz –30 Jahre Leben unter dem Existenzminimum

    Lindner möchte künftig Sach- statt Geldleistungen

    Lindner spricht sich zudem dafür aus, Sozialleistungen für Geflüchtete künftig in Sachleistungen auszuzahlen. Das bedeutet, dass Geflüchtete statt Geld nun Essen, Hygieneprodukte etc. direkt als Produkte erhalten und sich nicht aussuchen können, was sie mit ihrem Geld machen.

    Eine Studie der taz vom August hat unterdessen gezeigt, dass der zusätzliche Personal- und Verwaltungsaufwand am Ende mehr kostet, als wenn einfach Bargeld ausgezahlt werden würde. Zudem werden die individuellen Verhältnisse wie Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder bestimmte medizinische Bedürfnisse nicht berücksichtigt und unnötig Produkte verteilt, mit denen die Menschen gar nichts anfangen können.

    Im Hygienepaket landet dann möglicherweise ein Rasierer für einen Jugendlichen ohne Bartwuchs, aber keine benötigte Neurodermitis-Creme. Auch eine „Bezahlkarte“, wie von Lindner vorgeschlagen, hilft da nicht weiter: Am Ende werden die Menschen dann mit der Bezahlkarte an der Kasse stehen und genau das Produkt, das sie sich ausgesucht haben, nicht damit bezahlen können, während alle anderen um sie herum sich aussuchen können, was sie einkaufen. Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Bezahlkarte erst einmal in allen Bundesländern installiert werden müsste und damit wieder ein hoher Verwaltungsaufwand einhergehen würde.

    Die Ampel widerspricht sich selber

    Bundeskanzler Scholz hat sich dafür ausgesprochen, dass Geflüchtet schneller arbeiten können und dafür Arbeitsverbote aufgehoben werden könnten. Gegenüber dem Sender SWR sagte er kürzlich: „Wenn da Arbeit ist, die getan werden muss, und da ist jemand, der sie tun könnte, dann soll er das auch machen“.

    Schon im Koalitionsvertrag der Ampel ist festgeschrieben, dass Arbeitsverbote für „bereits in Deutschland Lebende“ abgeschafft werden sollen. Arbeitsverbote für Geflüchtete aufzuheben ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, denn für viele Betroffene bedeuten sie eine erhebliche psychische Belastung. Das Problem ist dabei nur, dass das, was die Ampel im Koalitionsvertrag festgehalten hat, in der Realität oft nicht umgesetzt oder erheblich aufgeweicht wird.

    Außerdem widerspricht sich die Ampel bei dem Thema Arbeitsverbot für Geflüchtete selbst: Auf der einen Seite fordert die FDP schon seit längerem, u.a. die Maghreb-Staaten, also Algerien, Marokko und Tunesien, als sogenannte sichere Herkunftsländer einzustufen, um leichter in diese Länder abschieben zu können. Menschen aus solchen Ländern unterliegen jedoch einem grundsätzlichen Arbeitsverbot, das bislang auch nicht befristet ist oder juristisch aufgehoben werden kann. Davon, diesen Widerspruch aufzuheben, ist jedoch nicht die Rede.

    Die Migrationspolitik der Ampel passt sich rechten Diskussionen an

    Am Ende bleibt, was auch schon beim Bundeshaushaltsplanentwurf für 2024 deutlich wurde: Die Ampel hält ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht ein. Was das Thema Migration angeht, so führt die Ampel eine Verschärfung nach der anderen ein, anstatt den angekündigten Paradigmenwechsel im Migrationsrecht tatsächlich anzugehen. So treibt sie den Rechtsruck in der Migrationsfrage weiter voran.

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    • Autorin Seit 2023. Angehende Juristin, interessiert sich besonders für Migration und Arbeitskämpfe. Alexandra ist leidenschaftliche Fußballspielerin und vermisst die kalte norddeutsche Art in BaWü.

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