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Freitag, Mai 3, 2024
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    Lindner gegen Kohleausstieg 2030: Das schwarze Schaf in der Regierung?

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    Finanzminister Christian Lindner hat sich gegen einen Kohleausstieg 2030 ausgesprochen. Die schlecht laufende Politik der „Fortschrittsregierung” wird immer wieder einzig und allein auf die FDP zurückgeführt. Aber sind die Ampelparteien so unterschiedlich? Über das Zustandekommen politischer Kompromisse in Zeiten der Militarisierung – ein Kommentar von Fridolin Tschernig

    Vor wenigen Tagen sprach sich Bundesfinanzminister Christian Lindner gegen den Kohleausstieg 2030 aus. Begründung: Der Strompreis müsse eben billig bleiben, und das funktioniere mit einem Kohleausstieg 2030 nicht. Dabei setzt er hier schon ganz normale kapitalistische Marktgesetze voraus: nämlich, dass es bei der Höhe der Preise einzig und allein um das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ginge. Aber das entspricht eben nicht der Realität.

    Die Politik der FDP

    Lindner sorgt sich dabei z.B. nicht um die Strompreise für uns Studierende und normalen Arbeiter:innen und Angestellten. Es geht ihm lediglich um die Strompreise für die Großindustrie, damit diese Profite erwirtschaften können und es Lindners Klasse, der deutschen Kapitalist:innenklasse, weiterhin gut geht. Mit Angebot und Nachfrage haben die Profite der Strom- und Gasmonopole also erst mal nur bedingt zu tun.

    Im gleichen Atemzug behauptet Lindner, dass es unbedingt eine höhere Gasstromproduktion und Gasförderung in Deutschland geben müsse. Klimatechnisch sei es ja sowieso egal, was die deutschen Monopole machten, so der Bundesfinanzminister.

    Wenn dann die FDP-Vertreterin der Rüstungslobby, die „Verteidigungsexpertin” Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immer mehr Aufrüstung fordert, wird klar: die FDP interessiert sich einen Dreck für uns Arbeiter:innen.

    FDP: anders als Grüne, SPD, CDU, Linke?

    Aber wem erzähle ich hier was Neues. Dass die FDP sich nicht für die „Geringverdiener“ interessiert, ist ja praktisch Allgemeinbildung. Aber was ist mit den anderen Parteien? Ist die FDP das einzige schwarze Schaf in der Regierung?

    Ganz direkt beantwortet: nein. Alle bürgerlichen Parteien haben viel mehr gemeinsam, als sie trennt. Um das festzustellen, muss man sich nur anschauen, was die Parteien denn tatsächlich für eine Politik machen. Die Ampel hat seit der Übernahme der Regierung nicht den gepredigten „Fortschritt“ gebracht, sondern Gesetze durchgedrückt, die uns das Leben teurer machen.

    Ampel-“Einigung”: Ein Koalitionspapier für die Monopole

    Zum anderen kann man auch einfach in die Wahlprogramme schauen, wo sehr klare Gemeinsamkeiten auszumachen sind. Die Grünen haben darin damals schon zum Beispiel konsequentere Abschiebungen gefordert.

    Mehr oder viel mehr Abschiebungen und Aufrüstung?

    Und da sind wir schon bei einer der vielen Gemeinsamkeiten, dem Abschiebeterror: Ausnahmslos alle Parteien fordern brutalere, schnellere Abschiebungen. Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD hat das in seinem SPIEGEL-Interview vor wenigen Wochen noch einmal unterstrichen. Sogar die Linkspartei stimmt in die rassistische Hetze ein.

    Auch bei anderen Themen sieht man die Ähnlichkeiten. Wir haben scheinbar nur noch die Wahl zwischen mehr, noch mehr oder noch viel mehr Aufrüstung, wenn wir uns zwischen Linkspartei, Ampelregierung oder AfD entscheiden sollen.

    In diesen Zeiten der erhöhten Militärausgaben, des Rechtsrucks in der gesamten Gesellschaft, der Kriegshetze, dem verschärften Abschiebeterror haben wir als Arbeiter:innen scheinbar nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen schlimm und weniger schlimm. Das ist zumindest das, was man uns weis machen will.

    Politik für uns?

    Wenn die Grünen und die SPD sich über den Koalitionspartner FDP aufregen und alle Schuld auf sie lenken, oder wenn die Linkspartei sich über die Regierungsjahre der CDU aufregt, dann diskutiert hier das Kapital mit sich selbst. Die vermeintlich „linkeren” Teile – die liberale Bourgeoisie – machen jetzt gerade prächtige Profite und wollen den Ist-Zustand der heutigen Ausbeutung beibehalten.

    Die rechteren Teile des Kapitals sehen sich hingegen im Zugzwang. Denn mit Blick auf die anstehenden Kriege kann sich das deutsche Großkapital nicht allein auf die liberale Bourgeoisie verlassen. Vielmehr braucht es da einen harten Kurs, um im internationalen Konkurrenzkampf zu bestehen. Daher setzen die radikaleren deutschen Kapitalist:innen den wirtschaftlichen und militärischen Kampf um neue Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Arbeitskräfte schon heute viel vehementer auf die Tagesordnung.

    In diesem Hin und Her befindet sich die deutsche Politik gerade. Wenn die FDP also gegen einen Kohleausstieg 2030 protestiert und die Grünen sich darauf beleidigt für eine Aussetzung der Schuldenbremse aussprechen, dann ist das ein Kampf zwischen den unterschiedlichen Teilen des Kapitals. Die Tendenz zeigt aber: auch die vermeintlich „umweltfreundlicheren” Teile des Kapitals wollen Krieg und Aufrüstung. Das zeigt die deutsche Zeitenwende. Nur der Weg dahin scheint noch umstritten.

    „Wir“ sollen kriegstüchtig werden? – Nicht mit uns!

     

    • Seit 2022 Autor bei Perspektive. Schreibt als Studierender aus Sachsen insbesondere internationalistisch über die Jugend, Antimilitarismus und das tagespolitische Geschehen. Vorliebe für Gesellschaftsspiele aller Art.

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