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Montag, April 29, 2024
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    Sexualstrafrecht: Deutschland blockiert “Ja heißt Ja“-Regelung in der EU

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    Abgeordnete des EU-Parlaments streiten um eine Richtlinie zum Gewaltschutz für Frauen: Es liegt ein Entwurf für eine bundesweite „Ja heißt Ja“-Regelung statt. In der geplant letzten Verhandlungssitzung ist das Vorhaben gescheitert. Unter anderem der deutsche Justizminister blockiert die Reform.

    Die Rechte von Betroffenen sexualisierter Gewalt sind in den EU-Staaten mitunter sehr unterschiedlich geregelt. Staaten wie Spanien sind Vorreiter, dort gilt seit Kurzem die „Nur Ja heißt Ja“-Regelung: Sexuelle Handlungen ohne freiwilliges, eindeutiges Einverständnis sind Übergriffe. In Deutschland ist es gerade einmal sieben Jahre her, dass die „Nein heißt Nein“-Reform durchgesetzt wurde. Erst seitdem haben Betroffene von Vergewaltigungen vor Gericht auch dann eine Chance, wenn sie sich nicht körperlich zur Wehr gesetzt haben.

    Fürsprecher:innen der EU-weiten Richtlinie betonen, dass die Sicherheit von Frauen innerhalb der EU nicht von ihrem Wohnort abhängen dürfe. Dass Betroffene beispielsweise in Rumänien viel weniger rechtliche Handlungsmöglichkeiten haben als in Spanien, stelle eine untragbare Ungleichbehandlung dar.

    “Eine der größten Herausforderungen besteht darin, der Mehrheit der Mitgliedstaaten klar zu machen, dass wir einen zustimmungsbasierten Vergewaltigungsparagraphen brauchen”, sagte die schwedische Europaabgeordnete Evin Incir von der “S&D” (Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten & Demokraten im Europäischen Parlament) in einem Pressegespräch im Oktober. “Nicht nur ein Vergewaltigungsparagraph, sondern ein zustimmungsbasierter Vergewaltigungsparagraph, bei dem nur ein Ja ein Ja ist”, betonte sie.

    Ohne deutsche Zustimmung scheitert die Reform

    Doch die Richtlinie hat entschiedene Gegner, allen voran die französischen Parlamentarier:innen und der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP). Er beruft sich darauf, dass juristische Gutachten des Ministerrats dem der EU-Kommission widersprächen. Es geht um die Frage, ob die EU im Bereich des Sexualstrafrechts überhaupt Kompetenzen für eine derartige Reform habe. Denn die EU kann die nationale Gesetzgebung zum Strafrecht zu schwerwiegenden Verbrechen und Euro-Delikten beeinflussen, Vergewaltigung gehört bisher nicht dazu.

    Sollte die Klausel zur Vergewaltigung jedoch nicht noch in die Richtlinie aufgenommen werden, drohen viele Parlamentarier:innen, der Richtlinie als Ganzes nicht zuzustimmen. Das bedeutet, dass die EU dann keine Richtlinie zum Schutz von Frauen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt verabschiedet. Eine Richtlinie, die nicht konsensbasiert ist, sei ineffektiv, um Frauen vor Gewalt zu schützen, begründen sie ihre Entscheidung.

    Scheinheiligkeit und mangelnder politischer Wille

    “Beide Regierungen in Deutschland und Frankreich haben angeblich die Angelegenheit der Frauenrechte und der Gleichstellung der Geschlechter ganz oben auf ihre politische Agenda gesetzt. Sie müssen aufhören so scheinheilig zu sein”, sagte Irene Rosales, Policy Officer bei der “Europäischen Frauenlobby” (EFL), gegenüber Euractiv.

    Mehr als 70 Rechtsexpert:innen, Anwält:innen und Jurist:innen aus der ganzen EU haben den offenen Brief der Europäischen Frauenlobby unterzeichnet, der die rechtlichen Argumente enthält, die die Position der Mitgliedstaaten widerlegen.

    “Rechtliche Argumente werden als Vorwand benutzt, um ihren Mangel an politischem Willen zu verbergen”, sagte Rosales.

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