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Donnerstag, Mai 2, 2024
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    Türkische Angriffe auf Kurdistan – ein Überblick

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    Seit Oktober steigen sowohl die Zahl als auch die Intensität türkischer Angriffe auf kurdische Gebiete enorm. Doch sowohl in Deutschland als auch international wird von den Medien kaum daüber berichtet.

    Seit dem 1. Oktober fliegt die türkische Luftwaffe sowohl mit Kampfjets als auch Drohnen vermehrt Angriffe gegen kurdische Gebiete. Anlass für diese Angriffe war ein Bombenanschlag von kurdischen Guerilla-Kämpfern im türkischen Regierungsviertel, das Verteidigungszentrum der Volksverteidigungskräfte („Navenda Parastina Gel”, NPG) bekannte sich zu dem Anschlag. In einem Schreiben bezeichnen sie den Anschlag als einen „Akt der legitimen Verteidigung gegen die Missachtung der Menschenrechte, die entgegen nationalen und internationalen Gesetzen mit Füßen getreten werden.“. Die Wiedereröffnung des türkischen Parlaments solle gestört und ein Gebäude, „das als Massaker- und Folterzentrum gilt“, beschädigt werden.

    Außerdem hätten die NPG-Kämpfer nach eigener Aussage „mit einer kleinen Änderung ihres Aktions-Timings zu einem ganz anderen Ergebnis hätten kommen können“, dies soll aber bewusst unterlassen worden sein. Zwei Guerilla-Kämpfer kamen bei der Aktion ums Leben, zwei türkische Polizisten wurden leicht verletzt.

    Türkische Luftangriffe auf kurdische Gebiete

    Der faschistische türkische Staat reagierte sofort und flog bereits am Abend des 1. Oktobers Luftangriffe gegen Gebiete in Südkurdistan, dem irakischen Teil Kurdistans. Im Namen der „Terrorbekämpfung“ erklärte der türkische Außenminister Hakan Fidan (AKP), dass auch zivile Ziele wie zum Beispiel die Energieversorgung in Rojava (Nordsyrien) legitime Ziele für Angriffe seien. Außerdem kam es zu einer Welle von Festnahmen und Hausdurchsuchungen in der Türkei.

    In der Nacht zum 5. Oktober begann die türkische Luftwaffe dann wie angekündigt mit massiven Luftangriffen auf Ziele in Rojava, bei denen mindestens 8 Menschen ums Leben kamen, unter ihnen auch Kinder. Teilweise wurden auch Elektrizitätswerke und Ölanlagen bombardiert. Das Attackieren ziviler Ziele ist dabei ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konvention und stellt somit ein Kriegsverbrechen dar.

    Wie eine Sprecherin des „YPJ Information Center“ in einem Interview mit Perspektive Online berichtet, nutzt die türkische Armee hierbei gezielt Double Tap-Attacken. Das bedeutet, dass Ziele nicht nur einmal angegriffen, sondern nach kurzer Zeit ein zweites Mal bombardiert werden. So wird die Hilfeleistung für die Opfer der Angriffe erschwert und der Schaden für Zivilisten wie beispielsweise für Ersthelfer maximiert.

    Kriegsverbrechen und verbotene Waffen – keine Seltenheit für den türkischen Staat

    In der Woche nach dem Anschlag griff die türkische Armee mehrfach Ziele in Südkurdistan an und versuchte, auch mit Bodentruppen vorzugehen. Dabei benutzte sie mehrfach verbotene Sprengstoffe und chemische Gase. Der Einsatz verbotener Waffen stellt für die Türkei keine Seltenheit dar, viele Angriffe konnten jedoch abgewehrt werden.

    Neben zahlreichen weiteren Angriffen auf vor allem südkurdische Gebiete setzt das türkische Militär auch die Belagerung von Dörfern in der nordkurdischen Provinz Şirnex fort. Dieses Vorgehen entzieht den dort lebenden Menschen die Lebensgrundlage und zwingt sie zur Flucht. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) plant schon seit langem, an der Grenze des syrischen Staatsgebiets eine Pufferzone zu errichten, aus der Kurd:innen vertrieben und durch syrische Flüchtlinge ersetzt werden sollen.

    Zuletzt griff die türkische Armee die südkurdische Region Bradost, sowie Ranya, eine Stadt, die ebenfalls im Süden Kurdistans liegt, mit Drohnen an. Ein Ende der Angriffe ist nicht abzusehen, vor allem, weil es fast keine Berichterstattung über das Geschehen gibt. Auch die meisten NATO-Staaten haben sich bisher nicht geäußert und lassen Erdoğans Regierung gewähren. Hinzu kommt, dass der Krieg in Gaza viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und so von der Türkei genutzt werden kann, um sich dahinter zu „verstecken“.

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