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Sonntag, April 28, 2024
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    Franz Beckenbauer – Kaiser der Fußball-Korruption?!

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    Seitdem der „Kaiser“, Franz Beckenbauer am Sonntag im Alter von 78 Jahren starb, regnet es förmlich Lobeshymnen für den zweifachen Fußball-Weltmeister. Was in all diesen Berichten praktischerweise unter den Teppich gekehrt wird und warum man Beckenbauer nicht unkritisch in den Himmel loben sollte – ein Kommentar von Herbert Scholle.

    Ob als Spieler, Trainer oder Funktionär – kaum jemand hat den deutschen Fußball so nachhaltig geprägt wie „Kaiser“ Franz Beckenbauer. Als Spieler und Trainer gewann er zahlreiche Turniere, darunter zwei WM-Titel und zwei Ballon d’Or-Auszeichnungen.

    Im Folgenden soll es aber hauptsächlich um Beckenbauers Werdegang nach dem Ende seiner aktiven Trainerkarriere im Jahr 1990 gehen. Es wäre nämlich nicht abwegig zu behaupten, dass er in seiner Rolle als Funktionär und Sportpolitiker mehr Einfluss auf den deutschen und internationalen Fußball genommen hat, als er es als Spieler oder Trainer je hätte tun können.

    WM 2006 – Beckenbauers Korruptionsmärchen

    Beckenbauer ist nicht nur bekannt für seine Rolle als Präsident des FC Bayern München von 1994 bis 2009, in der er unter anderem den Grundstein für die heutige Hegemonie des Vereins in der Bundesliga legte. Er dürfte wohl vor allem auch für seine Machenschaften rund um die WM 2006 berühmt-berüchtigt sein.

    Dass diese Weltmeisterschaft nicht ganz mit rechten Dingen an Deutschland vergeben wurde, weiß heute eigentlich jedes Kind. Was jedoch, ganz besonders jetzt nach Beckenbauers Tod, gerne unter den Tisch fällt, ist, welche Rolle der „Kaiser“ und sein enger verbündeter Fedor Radmann in den Machenschaften des DFB und der FIFA gespielt haben.

    Beckenbauer war nicht nur Präsident des Organisationskomitees (OK) für die WM 2006, sondern auch der Vorsitzende der deutschen Bewerbung bei der FIFA. Radmann fungierte bis 2003 als Vizepräsident des OK. Das OK war in eine Vielzahl von dubiosen Geschäften verwickelt, doch besonders bezeichnend waren die 10,3 Millionen Schweizer Franken, die es vom damaligen Chef des ADIDAS-Konzerns, Robert Louis-Dreyfus, geliehen bekam – mutmaßlich, um vier Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, das die Entscheidung über den WM-Austragungsort traf, zu bestechen.

    Nicht nur kannten sich Beckenbauer und Dreyfus durch die Geschäfte zwischen dem FC Bayern München und Adidas bereits sehr gut, Beckenbauer soll sogar selbst den Schuldschein unterschrieben haben. Zwar gibt es bis heute keine konkreten Beweise, dass das Geld tatsächlich für Bestechung genutzt wurde, jedoch existieren mehr als genug Indizien, um eine andere Schlussfolgerung zu ziehen.

    Günter Netzer soll, auch wenn er das heute abstreitet, beispielsweise in einem Gespräch mit einem DFB-Funktionär offen zugegeben haben, dass man das Geld für Bestechung genutzt habe. Genauso verräterisch ist eine E-Mail von Mohamed bin Hammam, damals Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees, in der er Beckenbauer um Unterstützung bat, die WM 2022 nach Katar zu holen und ihn dabei erinnerte, dass er „geholfen habe, die asiatischen Stimmen für Deutschland” zu sichern.

    Der Fall Franz Beckenbauer: Und die Großen lässt man laufen…

    Beckenbauer als Vertreter des deutschen Kapitals

    Man muss aber auch erwähnen, dass Beckenbauer hierbei nicht der alleinige Verantwortliche war, vielmehr fungierte er als Vertreter des deutschen Kapitals. Das zeigen nicht nur die enge Zusammenarbeit mit Riesenkonzernen wie Adidas, sondern auch viele weitere Verstrickungen.

    Kurz vor der Wahl erlaubte der Bundessicherheitsrat beispielsweise die Lieferung von 1.200 Panzerfäusten an Saudi-Arabien, was Abdullah al-Dabal, Mitglied sowohl des FIFA-Exekutivkomitees, als auch der saudischen Königsfamilie, vermutlich gefallen hat. Auch DaimlerChrysler, über die Marke Mercedes damals der Hauptsponsor des DFB, stieg im Jahr 2000 für über 800 Millionen Mark bei Hyundai ein. Ob das etwas damit zu tun hatte, das Chung Moon Joon, Teil der Hyundai-Dynastie, ebenfalls im FIFA-Exekutivkomitee saß, bleibt unklar, aber geschadet hat es sicherlich nicht.

    Die Kirsche auf der Sahne war dann, als 2016 bekannt wurde, dass Beckenbauer nicht – wie vom DFB behauptet – ehrenamtlich gearbeitet hat, sondern über einen Werbevertrag ein Honorar von 5,5 Millionen Euro erhielt, die der DFB zu allem Überfluss wohl auch noch versuchte, vor dem Finanzamt zu verstecken. Als sei die Korruption nicht schon genug, leistete der „Kaiser“ mit der WM 2006 auch einen erheblichen Beitrag zum Aufleben nationalistischer Gefühle. Schließlich war es während und auch nach der WM endlich wieder akzeptabel, stolz die Deutschlandfahne zu schwingen.

    Beckenbauer kann auch für die FIFA korrupt sein

    Nach der WM 2006 wechselte Beckenbauer schließlich auf die andere Seite und wurde von 2007 bis 2011 ebenfalls Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees. Hier war er unter anderem mit verantwortlich für die Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland (2018) und Katar (2022), die im Jahr 2010 getroffen wurde. Besonders nachdenklich macht hierbei, dass Beckenbauer ab 2013 mit dem Verband russischer Gasproduzenten zusammenarbeitete, um Sport-Events in Russland zu bewerben. Wie dieses Engagement honoriert wurde, ist unbekannt.

    Ebenfalls bemerkenswert ist, dass Beckenbauer sich zusammen mit Fedor Radmannn im Oktober 2009 also nicht allzu lange vor der Vergabe-Entscheidung mit Mohamed bin Hammam in Katar traf. Beckenbauer soll zwar selbst überrascht gewesen sein, dass Katar die WM 2022 austragen durfte und stimmte wohl ursprünglich für die USA oder Australien. Das wäre auch nicht verwunderlich, schließlich hatten die Australier dem PR-Unternehmer und engen Freund Beckenbauers, Andreas Abold, 10 Millionen US-Dollar gezahlt, um die Bewerbungsunterlagen für die WM 2022 zu schreiben.

    Doch trotzdem fand Beckenbauer genügend Wege, Katar auch nach der Vergabe zu unterstützen. Über das katarische Emirat sagte er beispielsweise „Also, ich hab noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei rum“.

    Da ist es nur folgerichtig, dass der ehemalige Bundestrainer Berti Vogt nun fordert, den DFB-Pokal nach Franz Beckenbauer umzubenennen, dieser hatte schließlich 1978 über die faschistische argentinische Militärdiktatur gesagt, es sei ein „Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen“.

    All dies kratzt kaum an der Black Box von Beckenbauers Verwicklungen, doch es zeigt deutlich genug, dass es vollkommen falsch wäre, Beckenbauer nun unkritisch zum deutschen Fußball-Messias zu glorifizieren. Dass aber genau dies jetzt im überwiegenden Teil der kapitalistischen Medien passiert, ist wenig überraschend – schließlich hat er jahrzehntelang die Interessen des deutschen Kapitals im internationalen Fußball vertreten.

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