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Dienstag, April 30, 2024
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    Warum Die Linke bei Tesla in Grünheide einsteigen will

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    Elon Musk, Multimilliardär und Eigentümer des E-Autoherstellers Tesla, hat einen globalen Stellenabbau von ca. 10% angekündigt. Auch die „Gigafactory Berlin-Brandenburg” in Grünheide soll betroffen sein. Derweilen fordert ein Linkspolitiker die Teilverstaatlichung des Konzerns als vermeintliche Antwort auf die krisenhafte Entwicklung des Kapitalismus. – Ein Kommentar von Phillipp Nazarenko.

    In einer firmeninternen Email kündigte Musk den massiven globalen Stellenabbau an. Er begründet dies mit dem Einbrechen der Verkaufszahlen im umkämpften E-Automarkt. Schnell ist klar, dass die „Rationalisierungsmaßnahme”, wie sie bei solchen internationalen Monopolkonzernen wie Tesla üblich sind, auch das europäische Werk des Autobauers betreffen wird.

    In Grünheide befindet sich das brandenburgische Prestigeprojekt, mit rund 12.500 Arbeiter:innen der größte „Arbeitgeber” der Region und von der Lokal- und Landespolitik hofiert. Die zu Beginn verbreitete Zahl von 3.000 abzubauenden Stellen werden von der Betriebsleitung und der Landesregierung dementiert. Eine genaue Zahl wolle man aber noch nicht nennen.

    Interessanterweise sind auf der Website des Unternehmens weiterhin offene Stellen zu finden. Bisher sprachen Kapitalist Elon Musk und die deutschen Politiker:innen davon, das Werk in Grünheide zu erweitern. Die Rede war hier von einem Ausbau der Produktion von 500.000 auf 1.000.000 E-Autos pro Jahr.

    Protest-Camp bleibt, Aktionstage kommen

    In diesem Zusammenhang kommt es auch schon seit geraumer Zeit zu Kritik an – und Widerstand gegen – den Tesla-Konzern. Umweltschützer:innen und Einwohner:innen führen dabei die krassen ökologischen Schäden als auch die Einschränkung der Lebensqualität der örtlichen Gemeinden gegen den Kapitalisten Musk und seine politischen Unterstützer:innen ins Feld.

    Die anhaltende Waldbesetzung beim Tesla-Werk soll erst einmal anhalten. Währenddessen hätte es laut den Aktivist:innen bereits mehrere Versuche der Polizei gegeben, das Camp und seine Bewohner:innen zur Räumung zu bewegen – ohne Erfolg. Auch rechtliche Räumungsversuche scheiterten bisher.

    Wie die Aktivist:innen auf die Nachrichten vom Stellenabbau reagieren werden, bleibt abzuwarten. Der geplante Ausbau war ja der ursprüngliche Grund für die Besetzung. Die Arbeiter:innen, vor allem die entlassenen, hätten damit einen weiteren Grund, sich gegen das Unternehmen zu positionieren, nachdem bereits über schlechte Arbeitsbedingungen und die offensichtlichen Umweltschäden berichtet wurde.

    „Tesla stoppen!“ – Widerstand gegen Ausbeutung von Natur und Menschen

    Vom 8. bis zum 15. Mai finden die Aktionstage statt, auf denen nochmal einiges passieren dürfte – eine Gelegenheit, Arbeits- und Klimakampf zu verbinden.

    Linkspartei spricht sich für Kapitalismus mit staatlicher Beteiligung aus

    Derweil bringt der brandenburgische Linksfraktionschef Sebastian Walter eine Teilverstaatlichung des Werks ins Spiel. Er spricht von einer „hohen dreistelligen Millionensumme”, die der Staat, natürlich aus Steuergeldern finanziert, an den Konzern für eine Beteiligung zahlen solle. Als Paradebeispiel dient ihm die Verstrickung des Bundeslandes Niedersachsen mit dem Automobil-Weltmonopol VW (das Land Niedersachsen hält 20% Aktienanteile am kapitalistischen Unternehmen). Man könne sich „nicht davon abhängig machen, ob Elon Musk gerade gute oder schlechte Laune“ habe, so Walter.

    Dass der massive Stellenabbau jedoch nicht einfach auf krude Launen von Elon Musk zurückgeht, sondern im Kapitalismus selbst begründet liegt und dies daran rein gar nichts ändert, scheint dem Fraktionschef der Linken kein Widerspruch zu sein. Ironischerweise kommt sogar aus der neoliberalen Ecke Kritik. Laut dem CDU-Fraktionschef im Landtag in Potsdam, Jan Redmann, ändere eine staatliche Beteiligung an den wettbewerbsbedingten ökonomischen Schwierigkeiten Teslas und der deutschen E-Autobranche, speziell im Hinblick auf China, nichts.

    Warum wir eine echte Arbeiter:innenpartei brauchen

    Der Linkspolitiker Walter machte in seinem staatskapitalistischem Plädoyer einen weiteren typischen Argumentationspunkt auf: So betont Walter ausdrücklich den Wunsch, die deutsche Wirtschaft weniger abhängig von amerikanischen Monopolen wie Tesla zu machen. Man habe nicht genug Kontrolle über sie.

    Damit stimmt sich auch die Linkspartei zunehmend mehr und mehr auf den imperialistischen Kurs des deutschen Staates ein. Die politischen Vertreter:nnen des deutschen Kapitals hatten mit Bundeskanzler Olaf Scholz’ „Zeitenwende“ aufgrund der zunehmenden zwischen-imperialistischen Konkurrenz eine stärkere deutsche Eigenständigkeit ausgerufen. Das deutsche Kapital gilt es sich selbst und den oberen Zehntausend demnach mit allen Mitteln zu sichern.

    Die Eigenständigkeit liegt dabei in der Hochrüstung der Bundeswehr, der Ausbeutung von Arbeiter:innen und in der Zerstörung der natürlichen Umwelt aus Profitgründen. Überraschen sollte es niemanden mehr, dass die Linkspartei diesen staatstragenden Kurs nun konsequent weiterfährt.

    Dass dies der pseudo-sozialistischen Partei gegen das Abgleiten in die politische Bedeutungslosigkeit helfen könnte, ist absurd. Denn dieses Abgleiten liegt gerade in dem schon lange andauernden Rechtsruck der Linkspartei begründet. Sie vertritt schon lange nicht mehr die Interessen der Arbeiter:innen. Der Raum und auch die Zeit für eine echte Partei der Arbeiter:innenklasse ist damit immer mehr gegeben. Wer kann diesen Raum heute füllen?

    100 Jahre Kommunistische Partei Deutschlands – eine Chronik

    • Sächsischer Perspektiveautor seit 2022 mit slawisch-jüdischem Migrationshintergrund. Geopolitik, deutsche Geschichte und der palästinensische Befreiungskampf Schwerpunkte, der Mops das Lieblingstier.

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