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Mittwoch, Mai 1, 2024
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    Umweltkampf und heißer Herbst – Kämpfe gegen den Kapitalismus verbinden!

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    Am 23. September ruft „Fridays for Future“ wieder zum “globalen Klimastreik” auf. Die Klimabewegung ist mit einem Richtungskampf konfrontiert, der sich in Zeiten der Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter:innenklasse verschärfen wird. – Ein Kommentar von Phillipp Nazarenko

    Schon Anfang des Jahres ging FFF nach einer längeren coronabedingten Pause unter der Losung „#PeopleNotProfit“ auf die Straße. Zwar wurde das namensgebende Konzept, Freitags den Schulunterricht zu bestreiken, inzwischen zu Gunsten von ganz “normalen” Demos aufgegeben. Doch darf man die weiterhin bestehende Anziehungskraft der Bewegung vor allem auf Jugendliche und Schüler:innen nicht unterschätzen.

    Seit 2018 hat FFF praktisch für die Wiederbelebung und massiven Verjüngung einer Klima- und Umweltbewegung in Deutschland gesorgt. Mehrere hunderttausend Menschen nahmen über die Jahre an den sogenannten Klimastreiks und anderen Aktionen teil. Zahlreiche Jugendliche haben sich in den letzten Jahren durch diese politisiert. Das Umwelt- und Klimathema wurde wieder verstärkt ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt.

    Gleichzeitig muss man sehen, wo die Schwächen dieser Bewegung liegen. In Anbetracht der dynamischen und krisenhaften Entwicklung des globalen Kapitalismus, als auch der Lage konkret in Deutschland, wird es zunehmend wichtiger, dass die klassenkämpferische und sozialistische Strömung mehr Einfluss in der Umwelt- und Klimabewegung gewinnt.

    Massenbewegung und bürgerliche Führung

    Luisa Neubauer steht symbolisch für den Grundwiderspruch im Herzen von FFF. Sie ist nicht nur das Gesicht von Fridays for Future in Deutschland, sondern auch ein hohes Tier bei den Grünen. Eine Beziehung, wie sie gut für die eigene Karriere ist, eine revolutionäre Perspektive jedoch unmöglich macht.

    Die Grünen stehen ganz rechts außen!

    Seit dem Beginn von FFF hat sich innerhalb der Organisation eine Führungsstruktur etabliert, die über Personalunionen und Sponsoring mit bürgerlichen NGOs (Nichtregierungsorganisationen wie z.B. BUND) und den Parteien SPD, Grüne und die Linke verbunden ist. Keine dieser Parteien und Organisationen hat den Kapitalismus zum Feind. Besonders die SPD und die Grünen, die zusammen mit der FDP aktuell die Regierung bilden, sind für ihr „Greenwashing“, also grün angemalten Kapitalismus, bekannt.

    So ist es gerade die Ampelregierung, die höchst klima- und umweltschädliches LNG (Flüssiggas aus Fracking) aus den USA oder Katar kaufen will. So ist es gerade die Ampelregierung, die die Laufzeit für die Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke erhöhen will, beziehungsweise erhöht hat. So ist es gerade die Koalition von Grün und Rot, die eine „Verkehrswende“ nicht über den Ausbau von kostenlosem öffentlichen Nahverkehr, sondern über massive Produktion von E-Autos herbeiführen möchte.

    Seit dem Regierungsantritt wird die heuchlerische Wahlkampfmasche der Grünen immer klarer erkennbar. Doch zugleich muss man es hier nochmal klar sagen: keine der anderen bürgerlichen Parteien, auch nicht die rechte Opposition, ist hierbei besser. Den Grünen ist es nur besser gelungen, die Massenproteste von FFF für den eigenen Wahlkampf auszunutzen.

    Die Sache hierbei ist jedoch, dass die Umweltbewegung es in den letzten Jahren geschafft hat, viele Jugendliche auf die Straße zu bringen, die den Kapitalismus – auch in der grün angemalten Variante – kritisch sehen, zum Teil sogar ablehnen. Das ist logisch, schließlich ist Umweltschutz recht offensichtlich nicht mit endloser Profitgier und schonungslosem Raubbau an der natürlichen Umwelt vereinbar.

    Mit diesem Widerspruch müssen die Führungsriegen auf nationaler und lokaler Ebene umgehen. Sie fordern Reformen, während auf den Straßen die Parole „System Change not Climate Change“ gerufen wird. Zweifelsohne hilft auch die breite und kritische Beteiligung von revolutionären und klassenkämpferischen Kräften dabei, die Bewegung positiv zu beeinflussen. So gab es auch schon gemeinsame Aktionen von streikenden Arbeiter:innen und der FFF-Bewegung.

    Die Systemfrage, wenn auch noch recht diffus und ergebnisoffen, wird bereits seit längerer Zeit gestellt. Der Widerspruch bleibt jedoch bestehen. Zahlreiche Jugendliche gehen aus fortschrittlichen Gründen auf die Demonstrationen, an denen sich auch Revolutionär:innen und Kommunist:innen beteiligen, während die Führung der Bewegung im Wesentlichen den Regierungskurs hält oder um Brotkrumen unter den bestehenden Verhältnissen bettelt.

    Worauf es jetzt ankommt

    Das erneute Aufflammen des Kriegs in der Ukraine, wie auch die Nachwirkungen der (noch nicht ausgestandenen) Corona-Pandemie, führten zu einem Stocken und einer zeitweisen Lähmung von FFF. Die Themen Klimakrise und Umweltzerstörung schienen kurzzeitig nicht mehr interessant und mobilisierend zu wirken. Doch diese Lähmung findet langsam ein Ende. Auch aus der Umweltbewegung heraus wurden Aktionen beispielsweise für eine Weiterführung des 9-Euro-Tickets organisiert.

    Doch nicht nur FFF ist aktuell auf der Straße. Die allseitige Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems und die Abwälzung dieser Krisenlasten und der Kosten für die Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen auf die Rücken der Arbeiter:innenklasse führen aktuell zu vermehrtem Widerstand.

    Klassenkämpferische und revolutionäre Kräfte organisieren aktuell bundesweit den Kampf gegen diese Abwälzung unter der Parole „Nicht auf unserem Rücken“. Krieg, Inflation, steigende Mieten und Gasumlage sind hier zwar die dominierenden Themen, doch darf man sich nicht darüber hinweg täuschen lassen: Dieser Kampf richtet sich – genauso wie der Kampf für eine intakte Umwelt und gegen die Klimakrise – gegen das kapitalistische System und ist im Interesse der Arbeiter:innen.

    Die Kommunist:innen dürfen im heißen Herbst auf den Straßen nicht fehlen!

    Ziel beider Bewegungen muss es sein, diese Themen auf revolutionärer Grundlage zusammenzuführen. FFF, Sozialverbände und die sozialdemokratische Linkspartei versuchen dies aktuell auf systemkonformer Grundlage. Getrennt sind wir schwach, doch vereint lässt sich der Kampf gegen das ausbeuterische System der BRD auf ein neues Niveau heben. Beachtet werden muss hierbei natürlich, dass der reformistische Flügel beider Bewegungen danach streben wird, die Proteste zu entschärfen und in fürs System ungefährliche Bahnen zu lenken.

    Nur der bewusste Kampf der Arbeiter:innen und Revolutionär:innen kann dazu führen, die Potentiale beider Bewegungen zu verschmelzen und den Reformismus zurück zu drängen. Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir den Kampf um unsere dringendsten Nöte und Interessen mit dem Kampf für den Sozialismus verbinden.

    • Sächsischer Perspektiveautor seit 2022 mit slawisch-jüdischem Migrationshintergrund. Geopolitik, deutsche Geschichte und der palästinensische Befreiungskampf Schwerpunkte, der Mops das Lieblingstier.

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