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Donnerstag, Mai 2, 2024
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    Gescheiterte Offensive der Ukraine – Kommt jetzt der Stellungskrieg?

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    Während die Weltöffentlichkeit ihren Fokus auf Palästina gerichtet hat, bleibt der Kriegsverlauf in der Ukraine dynamisch. Nach einer im Sommer angelaufenen ukrainischen Offensive folgte nun der umfangreichste russische Angriff in diesem Jahr. Die militärische Führung der Ukraine fürchtet einen Stillstand auf dem Schlachtfeld und fordert mehr Hilfe aus dem Westen. 

    Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, äußerte Bedenken, dass das Szenario, das die Ukraine nach Möglichkeit abwenden wollte, demnächst eintreten könnte: ein festgefahrener Stellungskrieg. Die groß angekündigte ukrainische Gegenoffensive, die im Sommer diesen Jahres begann, geriet schon nach den ersten Wochen ins Stocken.

    Nun hat Russland auch noch den größten Angriff in diesem Jahr gestartet mit schwerem Artilleriebeschuss auf zivile Ziele. Die Hoffnung auf einen Durchbruch wurde dennnoch lange in den Reihen des ukrainischen Establishments hochgehalten – zumindest öffentlich. Erstmals äußerte nun auch ein hoher General skeptische Töne und forderte mehr Militärhilfe aus dem NATO-Lager. Doch diese Hilfe erscheint immer unsicherer.

    Höhe der Militärhilfe an die Ukraine ungewiss

    Das US-Repräsentantenhaus unter dem neuen Sprecher Mike Johnson beantragte jüngst eine getrennte Besprechung der geplanten 106 Milliarden Dollar für die militärische Unterstützung Israels und der Ukraine. Für Israel stünden sofort 14 Milliarden Euro bereit, doch in Bezug auf die Ukraine stehe die Frage im Raum, „was das Ziel dort ist“.

    Die EU, allen voran Deutschland, sagt der Ukraine währenddessen weiterhin ihre Hilfe zu. Im Dezember beginnen die Diskussionen um die Verabschiedung eines 50-Milliarden-Euro-Pakets für das Land. Die bisherige Hilfe der EU an die Ukraine umfasst insgesamt ca. 83 Milliarden Euro. Es herrsche allerdings „wenig Einigkeit” darüber, woher die EU das Geld nehmen wolle, so der irische Premierminister Leo Varadkar vergangene Woche.

    Die neue Regierung der Slowakei beispielsweise stoppte kurz nach ihrem Amtsantritt die Waffenlieferungen an die Ukraine. Das slowakische Außenministerium möchte wieder freundschaftliche Beziehungen zu Russland aufbauen und sich unabhängig von der EU aufstellen.

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    Ukraine verlangt einen „Technologiesprung”

    Russland könne sich zwar auf eine personelle Übermacht gegenüber der Ukraine stützen, dafür verfügten die ukrainischen Streitkräfte aber über präziseres und moderneres Arsenal, so Saluschnyj. Das zeige sich am Beispiel der russischen Lufthoheit: Die Ukraine verfüge über zu wenige Kampfjets und könne die zahlenmäßige Überlegenheit der russischen Luftwaffe mehr schlecht als recht mit Drohnen in Schach halten. Die fehlende Deckung aus der Luft gilt als ein Grund, warum die Bodenoffensive der Ukrainer in diesem Sommer kaum vorangekommen ist. Der Schlüssel zu einem Erfolg im Drohnenkrieg sei deshalb besseres elektronisches Kampfgerät, um russische Fluggeräte zu stören und abzufangen. Besonders warte man auf die F-16 Kampfjets, die jedoch erst nächstes Jahr eintreffen sollen.

    General Saluschnyj kritisiert, dass sich westliche Waffenlieferungen als unzureichend erwiesen haben. Auch beim Räumen von Minenfeldern und in der Abwehr russischer Artillerie sei die ukrainische Armee schlecht ausgerüstet. Diese Faktoren sorgten aktuell dafür, dass es keine nennenswerten Geländegewinne gebe. Nur ein „Technologiesprung” und die Lieferung modernerer Waffen könne den Stellungskrieg noch abwenden.

    Neben Kriegsgerät braucht es auch Menschenmaterial

    Ein weiteres Problem, das in diesem Krieg besonders die ukrainische Seite betrifft, ist die Rekrutierung. Es mangelt an ausreichend ausgebildetem Personal. Hierzu stellt der Oberbefehlshaber Saluschnyj in Aussicht, dass der Kreis der Wehrpflichtigen ausgeweitet werden könnte. Schon vor einigen Monaten kam die Debatte darüber auf, auch geflüchtete Ukrainer für das Militär einzuziehen. Russland hat das Problem der Rekrutierung in einem geringeren Maße. Allerdings schreckt die russische Führung aus innenpolitischen Gründen noch vor einer Generalmobilmachung zurück.

    Besonders in abgehängten Regionen der russischen Föderation und in Gebieten mit nationalen Minderheiten hat es bereits Proteste gegen die Einberufung gegeben. Aktuell geht der Trend in beiden Lagern zur Einberufung von Soldatinnen.

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    Ein Stellungskrieg und eine festgefahrene Front könnten laut Saluschnyj einen Vorteil für Russland bedeuten, da das russische Militär eher als die Ukraine in der Lage sei, seine Reihen mit neuen Soldat:innen aufzufüllen.

     

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