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Samstag, April 27, 2024
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    Verspekuliert: Mit Signa Holding gehen 1.000 Tochterunternehmen pleite

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    Die Mutterfirma des undurchsichtigen 1.000-Firmen-Imperiums des Österreichers René Benko ist pleite. Am Mittwoch stellte das kapitalistische Unternehmen einen Insolvenzantrag in Wien. Damit ist die Signa Holding-Gesellschaft der aktuell  prominenteste Fall eines Konzerns, der im Zuge der Zinswende aufgrund fiktiver Geldtransfers zahlungsunfähig geworden ist – mit noch nicht überschaubaren Auswirkungen auf Geschäfte im Einzelhandel, die Banken und die Arbeiter:innen.

    Die Insolvenz des Signa-Konglomerats von René Benko hatte sich über die letzten Monate angebahnt. Zuerst gingen Tochterfirmen insolvent, nun die Mutterfirma. Am Ende sollen rund 400 Millionen Euro gefehlt haben, um die Zahlungsunfähigkeit doch noch zu verhindern. Eine Summe, die am Ende kein Investor mehr tätigen wollte.

    Die Insolvenz hat sich schon länger angedeutet

    Die Signa-Gruppe wurde 1999 von René Benko selbst gegründet. Sie machte europaweit mit Immobilien und Handel Profite – und René Benko zum Milliardär. Sie ist ein komplexes Firmengeflecht von 1.000 Unterfirmen, lässt sich aber in zwei Kerngeschäfte unterteilen: die Signa Real Estate für die Immobilien und die Signa Retail für das Handelsgeschäft.

    Bei den Immobilien konnte die Signa-Gruppe sich in den letzten Jahrzehnten Top-Projekte wie z.B. den Elbtower in Hamburg oder das Goldene Quartier in Wien sichern. Auch zählten zahlreiche Luxushotels zum Portfolio des Konzerns. Im zweiten Kerngeschäft des Einzelhandels: diverse Kaufhäuser, daneben auch Luxuslinien wie das KaDeWe. Eines der Projekte in Deutschland beispielsweise war die Fusion von Karstadt und Kaufhof zu Galeria, um es zu dem größten Warenhauskonzern Europas zu formen.

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    Als Geschäftsmodell setzte die Signa-Gruppe vor allem auf das Kaufen interessanter Projekte, um diese aufzuhübschen und mit Gewinn zu verkaufen. Das dafür immer notwendige frische Geld konnte jahrelang durch die billigen Zinsen aufgebracht werden. Mit der Zinswende auf dem Kapitalmarkt wurde das allerdings zum Problem. Beispielsweise stiegen bei Baudarlehen die Zinsen von 1% im Jahr 2021 auf 4% im Jahr 2023. Neue Kredite aufzunehmen, wird zur Zeit fast täglich teurer.

    Außerdem verloren die bestehenden Immobilien durch die Immobilienkrise an Wert. Im vergangenen Jahr war der Wertverlust so hoch, dass die Signa-Holding einen Verlust von rund einer halben Milliarde Euro verzeichnen musste. Die Schulden häuften sich demnach über die letzten Monate, wodurch die Holding immer mehr in Schieflage geriet und am Ende Insolvenz beantragen musste.

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    Wer ist davon betroffen?

    Wie die genauen Auswirkungen sein werden, lässt sich nur schwer abschätzen. Das Feld, was wer wem schuldet ist überaus komplex, denn am Ende schuldeten sich auch die Tochtergesellschaften untereinander Geld.

    Zusammenfassend erstrecken sich die großen Kreditgeber der Signa-Holding über private Investoren, Fonds und Banken. Beispielsweise hatte die Schweizer Bank Julius Bär & Co. AG der Signa-Gruppe einen Kredit von 600 Millionen Schweizer Franken gewährt – eine Summe, die im Zuge der Insolvenz nur schwer zu tilgen sein dürfte. Und somit auch zum Existenzproblem der Banken werden könnte.

    Ein wiederholtes staatliches Einspringen mit Hilfe von Steuergeldern, um die Folgen der Signa-Pleite abzufedern, ist daher nicht auszuschließen. Auch bedeutet die Insolvenz für tausende Angestellte der Tochterfirmen vor allem die belastende Ungewissheit, wie es weitergeht mit dem Job. Ein Gefühl, das bei Angestellten des Warenkonzerns Galeria  nur ungute Erinnerungen an die Fusion von 2018 auslösen dürfte, bei der zeitweise bis zu 5.000 Arbeitsplätze bedroht waren.

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