Zum 8. März gibt es in fast keiner Stadt so viele Demonstrationen wie in Berlin. Und dennoch tritt seit zwei Jahren ein neues Bündnis in Berlin auf, das eine neue Dimension in die Protestlandschaft zu Frauenkampftagen bringt. Perspektive Online sprach mit Anouk vom „Revolutionären Frauenbündnis”.
Das Revolutionäre Frauenbündnis Berlin besteht aus den Gruppen Zora, Frauenkollektiv, Solidaritätsnetzwerk, Pride Rebellion, Internationale Jugend, Studierendenkollektiv, Young Struggle, Betriebskampf und Kommunistische Frauen.
Wie hat sich das Revolutionäre Frauenbündnis gegründet?
2022 war ein Jahr voller Krisen in Deutschland: Nach den strapazierenden Corona-Jahren brach im Februar der Krieg in der Ukraine aus, und die sich dadurch verschärfende Wirtschaftskrise verschlimmerte die ohnehin schon kritische Situation für Frauen in Deutschland. Wenn wir uns Sorgen darüber machen müssen, wie wir das Geld für Miete und Heizung aufbringen, wird es für uns umso schwieriger, den Teufelskreis von finanzieller Abhängigkeit und Gewalt zu durchbrechen.
Für uns Frauen aus verschiedenen klassenkämpferischen Gruppen in Berlin war klar: Wir müssen uns zusammenschließen und gemeinsam auf die Straße gehen. Die erste Demonstration, die wir als Bündnis organisierten, war zum 25.11.2022, dem Tag gegen Gewalt an Frauen. Wir setzten uns das Ziel, eine klassenkämpferische Position in die Frauenkampftage hineinzutragen, die wir da oft vermissten. Wir denken Patriarchat und Kapitalismus zusammen. Denn Kapitalistinnen und ihre Beraterinnen sind nicht unsere Verbündeten. Sie profitieren ebenfalls von der Ausbeutung weiblicher Arbeiterinnen.
Wie kam es dazu, dass sich das Bündnis nach dem 25. November 2022 entschied, weiterzumachen?
Die Krisen und Kriege auf der Welt haben sich nur weiter verschärft, ob in Gaza, Kurdistan oder hier in Deutschland – und damit wächst auch die Notwendigkeit, uns als arbeitende Frauen zusammenzuschließen. Unser Ziel ist langfristiger als nur für eine Demo: Frauen klassenkämpferischer Organisationen in Berlin für den gemeinsamen Kampf gegen das Patriarchat zu verbünden, um mit vereinter Kraft auf der Straße zu stehen. Der 25. November und der 8. März sind für uns dabei zentrale Tage, aber nicht der einzige Fokus unserer Bündnisarbeit. Der Kampf gegen das Patriarchat ist jeden Tag zu führen, und es gilt als Frauen jeden Tag miteinander Solidarität zu leben.
Wir wollen eine kollektive Einheit schaffen und unsere gemeinsame Kraft im Frauenkampf bündeln. Dabei grenzen wir uns bewusst von Versuchen ab, Frauenkampftage bürgerlich zu vereinnahmen und zu verwässern. In Berlin ist der 8. März ein offizieller Feiertag, aber für uns gibt es keinen Grund zu feiern – wir sind hier, um unsere Freiheit zu erkämpfen. Wir wollen die kämpferische Tradition des 8. März wieder zum Leben erwecken!
Frauenkampftag ist Streiktag! Gegen Krieg, Krise und Patriarchat!
Der 8. März steht vor der Tür. Was habt ihr dieses Jahr geplant?
Dieses Jahr bestreiten wir den 8. März unter dem Motto „Faschismus und Kapitalismus Hand in Hand – Frauen leisten Widerstand”. Die aktuelle Politik zeigt das rassistische und frauenfeindliche Gesicht des deutschen Staats: Bundeskanzler Olaf Scholz spricht offen davon, Migrant:innen „im großen Stil” abzuschieben. Das Geheimtreffen in Potsdam deckt sich inhaltlich erschreckend mit dem von der Ampel-Koalition beschlossenen „Rückführungsverbesserungsgesetz”.
Ein Staat, der das neue EU-Gesetz zum verbesserten Schutz für Frauen ablehnt und häusliche Gewalt als Fluchtgrund nicht vollwertig anerkennt, beweist, dass wir uns nicht auf ihn verlassen können. Wir wollen ein Zeichen setzen gegen die rassistische Instrumentalisierung patriarchaler Gewalt, die migrantische Männer zum Sündenbock erklärt. Patriarchale Gewalt kennt keine Herkunft.
Deshalb findet unsere revolutionäre 8. März-Demonstration dieses Mal am Görlitzer Park statt – einem Ort, der im letzten Jahr zum Sinnbild für sexualisierte Gewalt in Berlin, aber auch für deren rassistische Instrumentalisierung wurde. Dabei wollen wir zeigen: Wir können uns solidarisch auf die Seite der Frauen stellen und gegen das Patriarchat kämpfen, ohne uns rassistischer Narrative zu bedienen.
Was sind eure Forderungen?
Wir fordern ein Ende der Unterfinanzierung von Frauenhäusern, der Kriminalisierung von Abtreibungen und der untragbaren Lebensumstände in Geflüchtetenunterkünften. Aber es reicht nicht, Appelle an die Regierung zu stellen. Wir sehen, dass dieser Staat nicht im Sinne von uns arbeitenden Frauen handelt, und deshalb nehmen wir den Kampf für unsere Befreiung selbst in die Hand. Wir kämpfen für den Sozialismus.
Denn für die Befreiung der Frau braucht es kollektive, staatlich organisierte Haus- und Sorgearbeit, von Kantinen bis hin zu Kinderbetreuung, damit diese Arbeit nicht mehr von uns Frauen im Privaten kostenlos übernommen werden muss. Als durch Kapitalismus und Patriarchat doppelt Unterdrückte haben wir eine Welt zu gewinnen und so die größte Kraft für den revolutionären Kampf.
Die Revolutionäre 8. März-Demo in Berlin startet um 17 Uhr am Spreewaldplatz! (Keine Männer erwünscht)
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