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Freitag, April 26, 2024
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    Warum starb Giorgos Zantiotis in Polizeigewahrsam? – Drogen durch Gutachten ausgeschlossen

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    Neue Erkenntnisse im Fall Giorgos Zantiotis: Zweite Obduktion schließt Drogen als Todesursache aus. Die Familie des Toten kämpft weiter um Aufklärung darüber, was am 1. November im Wuppertaler Polizeigewahrsam geschehen ist.

    Am 1. November 2021 starb der 24-jährige Grieche Giorgos Zantiotis im Wuppertaler Polizeigewahrsam. Die Polizei versuchte, den Tod zunächst zu verschleiern, indem sie die Öffentlichkeit nicht informierte. Erst eine Woche nach Zantiotis’ Tod gab sie gegenüber Perspektive zu, dass es zu einem Todesfall in ihrem Gewahrsam gekommen war.

    Die Ergebnisse einer ersten Obduktion wurden schnell so gewertet, dass “äußerliche Gewalteinwirkung” (also konkret Gewalt durch Polizist:innen) als Todesursache nicht in Frage käme. Vielmehr sei Zantiotis an einem Herzinfarkt im Zusammenhang mit Drogen, die er konsumiert habe, verstorben.

    Schon damals waren schnell zahlreiche Zweifel an dieser für die Polizei äußerst bequemen Interpretation geäußert worden. Den Bemühungen der Familie Zantiotis und anderer politischer antirassistischer Initiativen ist es zu verdanken, dass die “offizielle Version” nun sogar als widerlegt gelten kann.

    So wird in einer gestern veröffentlichten Erklärung im Namen der Familie Zantiotis, der “KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen” und der “Initiative Amed Ahmad” erklärt, warum die bisherige Erklärung der Staatsmacht unglaubwürdig ist und, dass der Kampf für eine echte Aufklärung von Zantiotis’ Tod fortgesetzt werden wird.

    So hätten schon die Ergebnisse der ersten toxikologischen Untersuchung der Universität Düsseldorf lediglich einen Alkoholwert von 0,1 Promille im Blut von Giorgos Zantiotis festgestellt. Die Familie hatte parallel dazu eine zweite unabhängige Obduktion in Auftrag gegeben, die zu dem Ergebnis kam, dass Zantiotis zu seinem Todeszeitpunkt eben nicht unter Drogeneinfluss stand, wie Polizei und Staatsanwaltschaft schnell zu behaupten bereit waren.

    Vielmehr seien alle relevanten Substanzen lediglich in so geringem Maße nachgewiesen worden, dass sie unmöglich am Abend seines Todes eingenommen worden sein konnten und auch nicht als Todesursache in Frage kämen. Im Gegensatz dazu wies Zantiotis’ Körper jedoch zahlreiche Einblutungen und Verletzungen auf.

    In der Erklärung heißt es weiter: “Unser Vertrauen in die Polizei und Ordnungsbehörden wächst nicht durch voreilige Schlüsse und öffentliche Stigmatisierung und Kriminalisierung der Opfer. Wenn fortwährend Menschen in Polizeigewahrsam ihr Leben lassen und sowohl die Aufklärung als auch die Konsequenzen ausbleiben, schwindet weiterhin unser Vertrauen. Georgios Zantiotis’ Tod steht in einer Kette von unaufgeklärten Fällen. Erst kürzlich beendete der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Tode von Amed Ahmad ohne Konsequenzen seine Arbeit. ”

    Auch die im gleichen Zusammenhang veröffentlichte Stellungnahme der Familie Zantiotis schildert eindrücklich, wie der Tod ihres Familienmitglieds in Polizeigewahrsam und das darauf folgende Verhalten des Vertrauen in die staatlichen Institutionen zutiefst erschüttert hat: “Die Polizeireviere in Deutschland sind ein gefährlicher Ort, an dem man sich aufhält. Niemand wird dich hören. Sie kümmern sich nicht um deine körperliche und geistige Gesundheit. Zufällige Ereignisse sollten in Bezug auf dein Leben nicht akzeptiert werden. Sie töten, und das ist nicht hinnehmbar.”

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    Auch andere Organisationen wie das “Solidaritätsnetzwerk Wuppertal”, das sich bald nach dem Todesfall Anfang November an den Protesten beteiligt hatte, um Aufklärung zu fordern, haben sich bereits solidarisch mit dem Kampf der Familie Zantiotis um Aufklärung und Gerechtigkeit erklärt.

    In seiner Erklärung prangert das Solidaritätsnetzwerk explizit an, dass die Polizei rasch nach Zantiotis’ Tod die Falschinformation verbreitet habe, er sei an einem “Drogencocktail” verstorben, und die Presse habe diese Aussage unhinterfragt übernommen.

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